11. August 2025

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Wird genetisch bedingte Blindheit heilbar? Ein Hoffnungsschimmer aus Südkorea

 

Rund eineinhalb Millionen Menschen weltweit leiden an Retinitis pigmentosa, einer erblich bedingten Netzhauterkrankung. Diese Krankheit führt unweigerlich zur Erblindung. Doch eine Gruppe von südkoreanischen Forschern erzielte nun beeindruckende Erfolge. Wieder einmal hilft es, einen Blick in die Natur zu werfen.

Menschen, die an Retinitis pigmentosa erkranken, wissen, dass sie früher oder später komplett erblinden. Schuld daran ist ein Protein namens PROX1. Dieses verbietet den sogenannten Müller-Gliazellen quasi den “Reparaturauftrag” für die lichtempfindlichen Zellen auf der Netzhaut. Für ein Forscherteam aus Südkorea war dies ein Grund , sich in der Natur umzusehen. Gibt es ein Tier, welches über die Fähigkeit zur Reparatur der Netzhaut verfügt? Und sie wurden fündig – beim Zebrafisch. Wird ihre Netzhaut beschädigt, können sie diese einfach wieder regenerieren. Mithilfe dieser Helferzellen, die sich bei Bedarf einfach wieder in neue Nervenzellen verwandeln.

Und genau diese Zellen haben auch Menschen. Nur: Bei uns tun sie … nichts. Sie sitzen da, stumm und untätig. Der Grund? Eben dieses PROX1-Protein. Das südkoreanische Forschungsteam am renommierten Korea Advanced Institute of Science and Technology (KAIST) fragte sich: Was passiert, wenn man dieses Verbot einfach aufhebt? Die Antwort: Sie entwickelten einen Antikörper, der PROX1 neutralisiert. Dadurch wurden die Müller-Zellen wieder aktiv und konnten – wie beim tierischen Vorbild – ihre Arbeit verrichten. Und tatsächlich: Nachdem sie genetisch blinden Mäusen diesen Antikörper ins Auge injiziert hatten, begannen die Gliazellen zu arbeiten. Sie verwandelten sich in funktionierende Nervenzellen, darunter auch in lichtempfindliche Fotorezeptoren. Die Folge: Die Tiere konnten wieder sehen – und das sogar noch nach über einem halben Jahr.

Die Studie mit dem Titel “Restoration of retinal regenerative potential of Müller glia by disrupting intercellular Prox1 transfer“, veröffentlicht im renommierten Journal PLOS Biology, dient nun als unternehmerische Grundlage für ein neues Start-up mit dem Namen Cellia Inc., in dem das KAIST-Team diese neue Therapie vom Labor in die reale Anwendung bei Menschen bringen will. Der PROX1-Antikörper soll bis spätestens 2028 in klinischen Studien am Menschen getestet werden. Ziel ist ein regeneratives Medikament, das nicht nur Retinitis pigmentosa, sondern langfristig auch andere Netzhautdegenerationen behandeln könnte – ganz ohne Gentherapie, Implantate oder Stammzelltransplantationen.

Zwar wird es sicher noch einige Jahre dauern, bis diese Behandlungsmethode eine Marktzulassung erhält und auch in der Humanmedizin angewendet werden kann, dennoch gibt es nun für die Betroffenen einen großen Hoffnungsschimmer. Mehr noch verdeutlicht diese wissenschaftliche Arbeit, dass man manchmal nur einen Blick in die Natur werfen muss, um medizinische Lösungen zu finden. Ganz ohne Genmanipulationen. Noch ist der Weg lang, doch wenn die klinischen Versuche an Menschen ebenso erfolgreich sind, könnte dies eine neue Ära in der regenerativen Augenmedizin sein.

 

Wird genetisch bedingte Blindheit heilbar? Ein Hoffnungsschimmer aus Südkorea