Eine neue Studie zeigt auf, dass die erratische Winterbahn des Polar-Jetstreams kein Symptom des Klimawandels ist, sondern ein natürlicher Teil eines uralten Wetterballetts. Was steckt wirklich hinter all den Kältewellen, Hitzesommern und milden Wintern? Ein kleiner Tipp: Es ist nicht das ständig verteufelte CO2.
Der Himmel über unseren Köpfen ist ein Ort der Bewegung – und diese Bewegung hat einen Taktgeber: den Jetstream. Diese hochgelegene Windstraße in der Atmosphäre entscheidet, ob wir einen eisigen Winter erleben, ob sich Hitzewellen über Wochen festbeißen oder ob der Sommer ins Wasser fällt. Seit Jahren galt die These, dass der Klimawandel diesen Jetstream immer “wilder” machen würde – mit dramatischen Folgen für Wetterextreme. Doch eine neue Studie aus den USA rüttelt nun an diesem Bild.
Forscher der Dartmouth University haben das Verhalten des Jetstreams bis ins Jahr 1901 zurückverfolgt – mithilfe künstlicher Intelligenz und bislang ungenutzter Klimadaten. Das Ergebnis: Der Jetstream ist offensichtlich ganz von Natur aus wankelmütig. Seine sogenannten “wavy phases”, bei denen sich das Band aus Höhenwinden in mächtigen Bögen über den Globus windet, traten immer wieder auf – teils sogar extremer als heute. Die Ergebnisse ihrer Forschungen haben die Wissenschaftler unter dem Titel “A Wavier Polar Jet Stream Contributed to the Mid-20th Century Winter Warming Hole in the United States” im Journal AGU Advances von “Advancing Earth and Space Sciences” veröffentlicht.
Rossby-Wellen: Die unsichtbaren Riesen der Atmosphäre
Die Bewegungen des Jetstreams folgen den sogenannten Rossby-Wellen. Diese entstehen, wenn kalte und warme Luftmassen aufeinandertreffen – was in unseren Breiten ständig geschieht. Man kann sich die Rossby-Welle wie ein riesiges atmosphärisches Band vorstellen, das mäandert: Wo die Welle nach Norden ausschlägt, entsteht ein Hochdruckgebiet, wo sie nach Süden sackt, bildet sich ein Tief. Ein solches Tiefdruckgebiet kann eiskalte Arktisluft hinunter bis nach Florida schaufeln – oder aber auch brütende Sahara-Hitze bis nach Berlin.
Dieses Wellenmuster ist nicht neu. Schon in den 1960er Jahren kam es zu besonders ausgeprägten Ausschlägen. Damals verursachte der Jetstream das sogenannte “Warming Hole” – ein merkwürdiges Phänomen, bei dem die Winter in den Südstaaten der USA über Jahrzehnte kälter als erwartet ausfielen. Und das, während nach offiziellen Daten die “globale Durchschnittstemperatur” (ein eigentlich etwas unpassender Begriff – stecken Sie einmal eine Metallstange unten in flüssigen Stickstoff, während Sie sie oben mit einem Bunsenbrenner glühend heiß machen – welche “Durchschnittstemperatur” hat die Stange dann?) bereits zu steigen begann.
125 Jahre Jetstream – ein Wechsel aus Kälte, Hitze, Regen
Die neue Studie verdeutlicht dabei, dass die stark mäandrierenden Phasen des Jetstreams immer wieder auftraten. Eine besonders intensive Phase von den 1960er bis in die 1980er war sogar ausgeprägter als das, was wir heute sehen. In dieser Zeit prägten eisige Winter Mitteleuropa – Zeitzeugen erinnern sich sicher noch an schneereiche Schulwege und eingefrorene Wasserleitungen. Auch die verregneten Sommer der 1980er – Stichwort “ZDF-Regenfilme” – korrespondierten mit einem Jetstream, der tief hängende Tiefdruckgebiete nach Mitteleuropa lenkte.
Solche Muster wiederholen sich – das zeigt die Langzeitbetrachtung deutlich. Mal gewinnt das atlantische Feuchtehoch, mal das kontinentale Frosttief, dann wieder der heiße Wüstenpuls aus Afrika. Deutschland liegt dabei an einem geopolitisch-klimatischen Kreuzungspunkt: westlich der Golfstrom, östlich das kontinentale Russland, südlich die Sahara – und dazwischen wir. Und je nach Jetstream-Großwetterlage ist einer dieser Einflüsse besonders stark ausgeprägt und sorgt eben für besondere temporäre Bedingungen, die schon einmal Jahrzehnte anhalten können.
Natürliches Klimachaos, nicht Klimakatastrophe
Seit den 2000er Jahren sind es vor allem sogenannte Omega-Hochs, die unser Wetter prägen. Dabei handelt es sich um stabile Hochdrucksysteme, die sich wie ein Zahnrad zwischen zwei Tiefdruckgebieten einhaken. Diese blockierenden Muster lassen Wetterlagen wochenlang verharren. Und wenn diese Hochs beispielsweise in Kombination mit einem Tief über den Azoren stehen, wird heiße Saharaluft geradezu nach Mitteleuropa gepumpt. Die Folgen spüren wir: 2003, 2015, 2018, 2019 – allesamt Jahre mit extremen Hitzesommern.
Der wohl interessanteste Befund der Studie ist jedoch, dass der aktuelle Jetstream nicht ungewöhnlich “wavy” ist. Vielmehr ist es so, dass unsere Satellitenbeobachtungen erst 1979 begannen – just in dem Moment, als eine besonders turbulente Phase zu Ende ging. Dadurch erschien alles, was danach kam, besonders auffällig. Doch in Wahrheit waren diese Wellen schon vorher da – nur wurden sie nicht systematisch erfasst.
Wissenschaft gegen Klimaalarmismus
Diese Erkenntnisse könnten auch politischen Debatten neuen Zündstoff geben. Denn wenn Extreme wie Hitzesommer oder Kältewellen nicht – wie von den Klimaalarmisten immer wieder behauptet wird – vom CO2-Anstieg herrühren, sondern Teil eines natürlichen Rhythmus sind, wird es schwieriger, sie als unmittelbaren Beweis für eine angeblich bevorstehende Klimakatastrophe zu missbrauchen. Man könnte es auch als ein “Ringen der Luftmassen” bezeichnen, wo aus europäischer Perspektive mal die Sahara, mal das Sibirische Hoch und mal der Atlantik mit seinem Golfstrom die Oberhand gewinnt.
Diese neuen Forschungsergebnisse bringen (im wahrsten Sinne des Wortes) frischen Wind in die Debatten um die klimatischen Veränderungen, denen sich die Erde seit Urzeiten ausgesetzt sieht. Es ist ein natürliches, aber auch ein komplexes und chaotisches Muster, welches sich über Jahrzehnte hinweg entfaltet. Anstatt ständig von “Kipppunkten” und “Klimakatastrophen” zu schwadronieren, ist es wichtiger, auch solche langjährigen und vom Jetstream beeinflussten Wettermuster zu berücksichtigen. Wenn Sie selbst einen Blick darauf werfen wollen – die Seite windy.com (gehen Sie dafür im Wind-Menü auf etwa 10-12 Kilometer Höhe) bietet Ihnen einen Einblick in die aktuelle Lage.
Wenn der Jetstream tanzt: Warum “Extremwetter” ganz normal ist