Donald Trumps politische Laufbahn zeigt eindrücklich, dass sich die Ablehnung durch Eliten und Medien nicht mit der Stimmung in weiten Teilen der Bevölkerung deckt. Hinter seiner oft als chaotisch kritisierten Politik steckt durchaus eine strategische Logik: Innen- wie außenpolitisch verfolgt Trump das Ziel, „Amerika wieder groß zu machen“.
Die Sorge ist weniger, dass seine Politik keinen Plan hätte, sondern dass die Umsetzung durch Inkompetenz oder dilettantische Fehler gefährdet ist – wie etwa durch die Nutzung ungesicherter Chatgruppen für sensible Informationen.
Sein politisches Projekt umfasst drei zentrale Säulen:
- Innenpolitisch will er Netto-Null-Vorgaben, DEI-Vorschriften (Diversität, Gleichstellung, Inklusion) und Gender-Selbstidentifikation abschaffen – allesamt Regelwerke, die seiner Meinung nach Wirtschaft und Gesellschaft lähmen und zugleich identitätspolitische Spaltung fördern.
- Außenpolitisch strebt er an, sich aus endlosen Kriegen zurückzuziehen, die Verteidigungslasten gerechter auf Verbündete zu verteilen und den Rückzug aus einem Globalismus zu vollziehen, der Amerikas industrielle Basis ausgehöhlt habe.
- Grenzüberschreitend sieht er in der Masseneinwanderung eine Bedrohung, die Innen- und Außenpolitik verbindet.
Trump ist überzeugt: Diese Agenda soll den Nationalstolz wiederherstellen, Amerika vor Ausbeutung schützen und die USA wieder zur führenden Industrie- und Militärmacht machen.
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Die Zölle: Trump bricht mit dem Globalismus
Hier setzt Trumps Zollpolitik als zentrales Werkzeug an. Historisch betrachtet galt Freihandel in der Wirtschaftstheorie als Win-Win-Situation – doch in der Praxis hat er Gewinner und Verlierer hervorgebracht. Die Globalisierung hat laut Trump die „überall-Eliten“ belohnt, während Arbeiter und Binnenregionen („die Nirgendwo-Menschen“) verloren haben.
Zölle sollen genau das korrigieren. Sie bestrafen Produktionsverlagerung ins Ausland, fördern die Rückverlagerung der Industrie in die USA und sollen den sozialen Zusammenhalt wieder stärken. Trumps Nationalismus folgt dem Prinzip: Menschen sind Bürger von Nationen, nicht bloß Einheiten einer Weltwirtschaft.
Eine Handelspolitik, die Chinas Wirtschaft stärkt, aber Amerikas Produktion schwächt, widerspricht diesem Grundsatz. Der Gesellschaftsvertrag zwischen Regierung und Bürger sei nur haltbar, wenn die Interessen des Volkes Vorrang vor den Regeln globaler Märkte haben.
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Handelsordnung neu verhandeln – oder brechen?
Trumps These: Die Welthandelsordnung – etwa durch die WTO – sei unfähig, faire Regeln gegen Akteure wie China oder den EU-Merkantilismus durchzusetzen. Seine Strafzölle sind daher Verhandlungsmittel oder gar Druckinstrumente, um andere Länder zu besseren Bedingungen zu zwingen.
Gleichzeitig geht er das Risiko ein, dass betroffene Länder versuchen, sich strategisch von den USA abzuwenden – doch Trump setzt darauf, dass keine Nation langfristig lieber China als Partner wählt. Beispiele wie Simbabwe, das US-Zölle aussetzte, oder Großbritannien, das trotz Kürzungen bei Gesundheit und Entwicklungshilfe mehr für Verteidigung ausgibt, zeigen für ihn erste Erfolge.
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Ziel: ein neues globales Gleichgewicht
Laut dem Wirtschaftswissenschaftler Michael Pettis wurde der Welthandel zunehmend dysfunktional: Binnenwirtschaftliche Ungleichgewichte wurden durch Zölle, Subventionen und Handelshemmnisse in globale Schieflagen übersetzt. Trumps Ansatz will dieses System neu kalibrieren: weg von einer Weltordnung, die nationale Interessen der Systemlogik unterordnet.
Das soll langfristig:
- mehr Lohnwachstum,
- eine faire Handelsparität
- und eine robustere Industrieproduktion ermöglichen.
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Strategischer Fokus: China eindämmen
Für Trump ist China die größte strategische Bedrohung – wirtschaftlich wie militärisch. Seine Idee eines Ukraine-Friedens ist daher auch Teil einer übergeordneten Strategie: Russland von China zu entkoppeln, ähnlich wie einst Nixon China von der Sowjetunion löste.
Auch die offizielle Anerkennung eines möglichen Wuhan-Laborlecks durch das Weiße Haus könnte Teil dieser Isolationsstrategie gegenüber China sein. Der Historiker Victor Davis Hanson bringt es auf den Punkt: Der rote Faden von Trumps Politik – von Panama bis zur Ukraine, von DEI bis Energiepolitik – sei die Sorge, dass China eine neue ostasiatische Hegemonialsphäre errichtet, wie sie Japan in den 1940er Jahren anstrebte.
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Zölle als Mittel zum Schutz der Souveränität
Für Trump ist Handelsparität entscheidend: China steigt auf, die USA stagnieren. Doch noch liegen die USA bei vielen Schlüsselfaktoren vorn. Um das zu verteidigen, braucht es laut Trump:
- Disziplinierte Haushalte
- Sichere Grenzen
- Leistungsorientierte Bildung
- Energieunabhängigkeit
- und eine strategische Neuausrichtung der globalen Handelsbeziehungen.
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Fazit: Risiko Kalter Krieg, aber Absicherung durch Autarkie
Die Gefahr besteht darin, dass sich durch gegenseitige Zollspiralen ein neuer Kalter Krieg entwickelt. Doch die Lehren aus der COVID-Krise sind klar: Lieferketten aus China sind verwundbar – politisch wie logistisch.
Trumps Antwort: Stärkung der heimischen Industrie, auch im Rüstungsbereich. Autarkie sei ein Preis, den es für Souveränität und Freiheit zu zahlen gelte.
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Ramesh Thakur, ein Senior Scholar des Brownstone Institute, ist ehemaliger stellvertretender Generalsekretär der Vereinten Nationen und emeritierter Professor an der Crawford School of Public Policy der Australian National University.
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