Trumps 100 %ige Pharma-Zölle mögen seine politische Basis stärken, doch sie bergen das Risiko globaler Krankheiten, gesundheitlicher Ungleichheit und gebremster Medikamenten-Innovation.
von Phar Kim Beng
Als US-Präsident Donald Trump am 1. Oktober 2025 einen 100 %igen Zoll auf importierte Marken-Pharmazeutika ankündigte, zitterten die Märkte in ganz Asien.
Aktien führender Pharmaunternehmen in Indien, Japan und Australien verloren innerhalb weniger Stunden Milliarden an Wert. Doch während die Investoren den ersten Schlag spürten, werden die wahren Kosten von Trumps Zoll-Wutanfall die Patienten tragen – genau jene Menschen, die auf einen rechtzeitigen und erschwinglichen Zugang zu Medikamenten angewiesen sind.
Das Weiße Haus verteidigte den Schritt als Mittel zur Rückverlagerung der Produktion und verwies auf nationale Sicherheitsinteressen und „America First“-Imperative. Unternehmen, die bereits begonnen haben, Werke in den Vereinigten Staaten zu bauen, könnten ausgenommen werden.
Doch die praktische Realität ist ernüchternd: Medikamente sind keine Schrauben. Die Verlagerung oder der Neubau pharmazeutischer Produktionskapazitäten kann fünf bis zehn Jahre dauern, nicht Monate. In der Zwischenzeit sind Engpässe und explodierende Preise unvermeidlich.
In Tokio verlor Sumitomo Pharma mehr als 4 % seines Marktwerts, während CSL in Australien auf ein Sechs-Jahres-Tief abstürzte. Indische Giganten wie Sun Pharma und Wockhardt verzeichneten ebenfalls starke Verluste – Ausdruck der Angst vor einer Schrumpfung des US-Marktes. Doch diese finanziellen Erschütterungen sind nur die Spitze des Eisbergs.
Für Patienten – insbesondere jene, die spezialisierte Behandlungen gegen Krebs, Autoimmunerkrankungen oder seltene Störungen benötigen – bedeutet ein 100 %iger Zoll, dass lebenswichtige Medikamente unerschwinglich teuer werden.
Krankenversicherer mögen in reichen Ländern einen Teil des Schocks abfedern, aber in Entwicklungsländern oder unter marginalisierten Gemeinschaften bedeuten Preiserhöhungen direkt unbehandelte Krankheiten und vorzeitige Todesfälle.
Menschliche Kosten jenseits der Bilanzen
Der Pharmasektor ist nicht wie Textilien oder Möbel. Jedes Medikament ist das Ergebnis jahrelanger Forschung und Entwicklung, regulatorischer Zulassungen und präziser Kalibrierung. Wenn Exporteure sich aus dem US-Markt zurückziehen oder Lieferketten zerbrechen, sind die globalen Auswirkungen unweigerlich. Eine kleine Unterbrechung in einem Land kann zu Engpässen in mehreren Regionen führen.
Die Weltgesundheitsorganisation warnt seit Langem, dass der Zugang zu Medikamenten nicht nur eine wirtschaftliche Frage, sondern ein grundlegendes Menschenrecht ist. Trumps Schritt droht die globalen gesundheitlichen Ungleichheiten zu verschärfen, insbesondere da einkommensschwache Bevölkerungen die schwerste Last tragen werden.
Darüber hinaus ist jeder Dollar, den Unternehmen von der Forschung in Strategien zur Umgehung von Zöllen umlenken, ein Dollar weniger für die Entdeckung der nächsten Generation von Heilmitteln. Langfristig könnten die Zölle die medizinische Innovation verlangsamen – mit Folgen, die weit über die heutigen Schlagzeilen hinausgehen.
Der Zeitpunkt ist zudem brisant. Trump hat gleichzeitig neue Zölle auf Lastwagen und Möbel verhängt und damit die Angst vor einem weiteren Handelskrieg geschürt.
China, Indien und die EU könnten mit Vergeltungsmaßnahmen reagieren. Im Pharmasektor, in dem die Lieferketten globalisiert sind – von Wirkstoffproduktion (APIs) in China über klinische Studien in Indien bis hin zu Forschungszentren in Europa – werden tit-for-tat-Zölle kein Land unberührt lassen.
Für Südostasien stehen hohe Einsätze auf dem Spiel. Malaysia, Thailand und Singapur fungieren allesamt als zentrale Knotenpunkte für Verpackung, Vertrieb und Logistik von Medikamenten. Jede Störung könnte nicht nur Exporte, sondern auch die nationale Gesundheitssicherheit untergraben.
Zu einem Zeitpunkt, da ASEAN versucht, nach der Pandemie seine Resilienz wieder aufzubauen, fügt Trumps Zoll-Kreuzzug eine weitere Unsicherheit hinzu.
Manche Analysten glauben, die 100 % seien ein Bluff – ein maximalistisches Eröffnungsangebot, um Zugeständnisse herauszuschlagen. Vielleicht. Aber selbst wenn die Zölle später abgeschwächt werden, entsteht bereits jetzt Schaden. Märkte sind erschüttert, Investitionsentscheidungen eingefroren, und Pharma-Vorstände kalibrieren ihre Lieferstrategien neu.
Das gefährlichere Risiko ist, dass Handel zur Geisel des Wahlkampftheaters wird – mit echten Menschenleben als Kollateralschaden. Im Eiltempo, um Stimmen im amerikanischen Mittleren Westen zu sichern, könnte Trump eine globale Arzneimittel-Hungersnot schaffen, die die verletzlichsten Bevölkerungen der Welt trifft.
Appell an verantwortungsvolle Führung
Die Lehre aus dieser Krise ist einfach: Medikamente dürfen nicht als bloße Verhandlungsmasse in Handelskriegen behandelt werden. Sie sind öffentliche Güter, unverzichtbar für die Würde und das Überleben von Millionen. Zölle in diesem Sektor sind keine abstrakten Hebel der Wirtschaftspolitik – sie sind stumpfe Waffen, die in das Fleisch der Menschheit schneiden.
ASEAN, das sich auf seinen Ostasien-Gipfel in Kuala Lumpur vorbereitet, muss diesen Moment nutzen, um für die Ausnahme lebenswichtiger Arzneimittel von allen Handelskonflikten einzutreten. Malaysia hat als Vorsitz den moralischen Auftrag, darauf zu bestehen, dass Gesundheitssicherheit neben Energie- und Ernährungssicherheit als globales Gemeingut anerkannt wird.
Trumps Zölle mögen seine politische Basis stärken, doch die langfristigen Kosten werden sich in unbehandelten Krankheiten, wachsender Ungleichheit und einer Verlangsamung der pharmazeutischen Innovation messen. Die Welt kann es sich nicht leisten, dass Zollanfälle die menschliche Gesundheit übertrumpfen.
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Phar Kim Beng (PhD) ist Professor für ASEAN-Studien an der International Islamic University of Malaysia und Direktor des Institute of International and ASEAN Studies (IINTAS).