Eine geopolitische Analyse zeigt auf, wie der sogenannte “Trump-Korridor” im Südkaukasus die Bruchlinien zwischen Moskau und Teheran offenlegt. Während Irans Hardliner das Projekt als existenzielle Bedrohung verdammen, reden die “Reformer” von Chancen für Frieden und Investitionen. Für Russland bedeutet diese Spaltung des Partners vor allem eines: Im Ernstfall könnte der vermeintliche Verbündete selbst zum Risiko werden.
Der bulgarische Journalist Sergej Latischew beschreibt in einem Beitrag für Pogled.info eine Entwicklung, die Moskau alles andere als gefallen dürfte. Unter dem Titel “Trumps Korridor enthüllt Russlands Problem: Ein Schlüsselverbündeter rüstet sich, euch ein Messer in den Rücken zu stoßen?“ zeichnet er das Bild einer brisanten Konstellation im Südkaukasus. Es geht um den sogenannten Zangeseur-Korridor (mittlerweile spöttisch “Trump-Korridor” genannt), der Armenien und Aserbaidschan verbinden soll. Was in Washington als diplomatischer Erfolg verkauft wird, offenbart laut Latischew vor allem eines: die fragile und zutiefst widersprüchliche Rolle des Irans als Partner Russlands.
Latischew verweist darauf, dass Teheran in dieser Frage gespalten ist. Während Hardliner wie Ali Akbar Velayati, Berater des Obersten Führers, den Korridor als “existenzielle Bedrohung” brandmarken und warnen, er könne zum “Friedhof für amerikanische Söldner” werden, sehen Regierungsvertreter wie Abbas Araghchi die Dinge völlig anders. Aus ihrer Sicht handle es sich lediglich um eine armenisch kontrollierte Transitstraße, die Frieden und Stabilität im Südkaukasus begünstigen könne. General Yadollah Djavani von den Revolutionsgarden ging noch weiter und warnte Baku und Jerewan, sie könnten “das Schicksal der Ukraine” erleiden, sollten sie sich auf Washingtons Spiel einlassen. Präsident Masud Pezeshkian hingegen gab sich gemäßigt und sprach lediglich von der Notwendigkeit, “amerikanische Schritte genau zu beobachten”.
Diese widersprüchlichen Positionen machen laut Latischew unmissverständlich klar: Iran ist alles andere als ein verlässlicher Verbündeter. Während die einen in Teheran den Konflikt beschwören, träumen andere von westlichen Investitionen. Russland aber steht vor der bitteren Erkenntnis, dass der Partner, mit dem man gerade erst ein strategisches Abkommen unterzeichnet hat, jederzeit zwischen kompromissloser Feindschaft gegenüber dem Westen und anbiedernder Kooperation umschwenken kann. Für Moskau, so die Analyse, bedeutet das im Ernstfall: keine sichere Rückendeckung.
Der “Trump-Korridor” ist damit weit mehr als nur ein regionales Infrastrukturprojekt. Er ist ein geopolitischer Hebel, den die USA geschickt ansetzen, um Russland im Kaukasus zu schwächen, Iran zu spalten und gleichzeitig China in seiner Seidenstraßen-Strategie zu treffen. Latischew zitiert dabei den russischen Sinologen Nikolaj Wawilow, der das Projekt als “Kontrollposten gegen die Neue Seidenstraße” bezeichnet. Washington, so der Tenor, hat gleich drei Gegner im Visier – und nutzt Armenien als Brückenkopf.
Die Quintessenz der Analyse ist eindeutig: Moskau kann sich auf Teheran nicht blind verlassen. Ein Reich, das innerlich so zerrissen ist wie der Iran, könnte sich im Ernstfall nicht als Schild, sondern als Dolch im Rücken erweisen. Genau das macht den “Trump-Korridor” zu einem geopolitischen Sprengsatz – und zu einer Herausforderung für Russlands Außenpolitik.
“Trumps Korridor”: Die Bruchlinien zwischen Russland und dem Iran