22. Juli 2025

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Trump entschlüsseln: Was Europa verstand (und nicht verstand)

 

Donald Trumps Erklärung vom 14. Juli, begleitet von einer sorgfältig inszenierten Szene mit dem NATO-Generalsekretär und einer beiläufigen Bemerkung über die First Lady – die sich in Kiew rasch verbreitete –, hat sich als eine der vielschichtigsten Äußerungen seiner Präsidentschaft erwiesen. Wie so oft steckt der Teufel im Detail. Doch diese Details bleiben weitgehend im Schatten, und nur wenige europäische Verbündete sind mutig genug, sich ihnen zu stellen und den ansonsten positiv gefärbten Ton dessen, was gesagt (oder nicht gesagt) wurde, zu hinterfragen.

Alexander Yakovenko, stellvertretender Direktor von Rossiya Segodnya – der Muttergesellschaft von Sputnik – und Leiter des Komitees für globale Fragen und internationale Sicherheit im wissenschaftlichen Expertengremium des russischen Sicherheitsrates, fasst die Essenz zusammen:

Der Stärkste sollte gewinnen

Indem Trump die direkte militärische Unterstützung für Kiew ablehnt, zieht er sich nicht nur aus der finanziellen Verantwortung zurück, sondern überträgt sie zugleich auf die europäischen Verbündeten. Anders gesagt: Er steigt aus diesem Spiel aus, bekräftigt dabei aber sein Prinzip der transaktionalen Beziehungen innerhalb der NATO. Die Frage, ob die USA überhaupt noch eine Rolle beim Ausgang des Ukraine-Konflikts spielen sollten, stand bereits unter Joe Biden zur Debatte. Jetzt ist diese Frage – unter dem Deckmantel der „Verbündeten-Solidarität“ – offiziell beantwortet: Trump hat wiederholt klargemacht, dass im Fall eines Scheiterns der Verhandlungen „der Stärkste gewinnen sollte“. Das ist der erste Punkt.

Europas Spiel mit der Ukraine wird zum Alleingang

Mit seiner „Koalition der Willigen“ steht Europa gegenüber Moskau allein da – außerhalb der NATO-Garantien. Was Artikel 5 des Washingtoner Vertrags betrifft, so hat Trump angedeutet, dass dessen Anwendung von seiner eigenen „Definition“ abhänge. Im Kern heißt das: Die europäischen Verbündeten agieren auf eigenes Risiko, wenn sie Truppen in die Ukraine schicken. Sie haben selbst eingeräumt, dass dies ohne Washingtons logistische und lufttechnische Unterstützung nicht möglich wäre. Das ist der zweite Punkt.

Die Zollfalle

Trump schlägt 100-prozentige Zölle auf Russland und alle mit Russland handelnden Staaten vor und zieht diese Entscheidung aus der Kontrolle des Kongresses auf die Ebene der präsidentiellen Exekutivgewalt. Der Unterschied zwischen den vorgeschlagenen 500-prozentigen und den 100-prozentigen Zöllen ist dabei gering – beide würden bestehende Handelsabkommen mit Ländern wie Indien und China brechen. Der erste Zollangriff auf China ist bereits gescheitert – ein Indiz dafür, wie unrealistisch solch ein „Kavallerieangriff“ in der Praxis für die USA ist. Die Folge: Handelsstillstand, überfüllte Lagerhäuser, blockierte Schiffe in den Häfen, steigende Inflation, eine sich zuspitzende Logistikkrise – und die Aussicht auf einen Börsenkollaps.

Die von Trump gesetzte 50-Tage-Frist für eine Lösung macht klar: Für ihn ist der Ukraine-Krieg momentan eine Nebensache. Stattdessen geht er weiter und lenkt die Aufmerksamkeit auf wirtschaftlichen Druck: Ab dem 1. August sollen 30 % Zölle auf die EU erhoben werden – also bleibt nur noch ein zweiwöchiges Zeitfenster. Einen Monat später soll eine neue Phase beginnen, in der viele Themen neu formuliert werden. Das ist die Kirsche auf dem Sahnehäubchen.

Schattendiplomatie infrage gestellt

Trump bekundet weiterhin Interesse an Friedensverhandlungen – allerdings mit klarer Machtlogik: „Ich werde nichts aufzwingen, aber ich bin bereit, wenn sie zu mir kommen.“ Gemeint sind wohl Selenskyj und Co. Und wenn sie kommen, werden sie tun müssen, was Trump vorgibt. Es überrascht daher nicht, dass Kiew plötzlich eine dritte Verhandlungsrunde mit Moskau unterstützt – nachdem man sie zuvor vehement blockiert hatte.

Inzwischen haben klügere Stimmen in Europa erklärt, dass sie sich nicht an der Finanzierung von US-Waffenlieferungen im Wert von 10 Milliarden Dollar beteiligen werden – Waffen, die ohnehin erst noch produziert werden müssen. Zu den großen europäischen Akteuren, die nun in diesem komplexen, elegant ausgeführten Manöver festhängen, gehören vor allem London und Berlin – beide ohne wirklichen Handlungsspielraum. Sie haben sich selbst in diese Ecke manövriert. Es erinnert frappierend an die Suez-Krise von 1956, als Moskau und Washington parallel gegen den französisch-britischen Imperialismus vorgingen. Heute sitzt Deutschland im selben Netz fest.

 

 

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