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Im Interview mit Tucker Carlson sprach Telegram-Gründer Pawel Durow erstmals über die Umstände und Konsequenzen seiner Verhaftung im August letzten Jahres. Dabei thematisierte er auch den Vorwurf, Telegram sei nach seiner Verhaftung eingeknickt und habe plötzlich kooperiert. Scharfe Warnungen sprach er bezüglich technologischer “Hintertüren” wie der in der EU geplanten Chatkontrolle aus, mit der Staaten die Privatsphäre der User aushebeln und zu Grabe tragen könnten.
Multipolar Magazin / Dieser Artikel wurde zunächst auf Multipolar veröffentlicht:
Paris.(multipolar) Pawel Durow, Gründer und Chef des Internetdienstes „Telegram“, hat das staatliche Umgehen der Verschlüsselung bei Chatnachrichten in einem Interview als „riesige Bedrohung für die gesamte Bevölkerung“ bezeichnet. Durow redete in dem Gespräch mit dem ehemaligen Fox-News-Moderator Tucker Carlson außerdem erstmals ausführlich über die Umstände und Folgen seiner Verhaftung in Paris am 24. August 2024, die mit dem Verdacht auf Beihilfe zu einer Reihe schwerer Straftaten begründet worden war. Nach seiner Verhaftung am Pariser Flughafen sei er vier Tage in einer Sieben-Quadratmeter-Zelle ohne Fenster, mit „dauerhaft flackerndem Licht“ und ohne Kontakt zur Außenwelt eingesperrt gewesen, erläuterte Durow. Man könne dies als „Isolationshaft“ bezeichnen – es habe sich jedoch nicht um Gefängnishaft, sondern um Polizeigewahrsam gehandelt.
Wie Durow erklärte, sei es ihm derzeit aufgrund einer richterlichen Verfügung nicht erlaubt, Frankreich zu verlassen. Allerdings durfte der gebürtige Russe, der unter anderen die französische Staatsbürgerschaft besitzt, zeitweise seine Familie in Dubai besuchen. Durow betonte, dass keine Anklage gegen ihn vorliege. Er sei stattdessen Teil einer Untersuchung, „die dazu dient, herauszufinden, ob genügend Beweise vorliegen“. Im Rahmen dieser Ermittlungen müsse Durow „alle vier oder fünf Monate einige Fragen in Bezug auf Telegram beantworten.“ Sein Handy sei konfisziert geblieben, wobei Durow bekannte, „kein Handynutzer“ zu sein und das Gerät nur zu geschäftlichen Zwecken und ohne Sim-Karte zu nutzen.
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Durow betont: Private Nachrichten sind geschützt – und müssen es bleiben
Der 40-jährige Software-Entwickler bezeichnete das Vorgehen gegen ihn als „beispiellos“ und „alarmierend“. Eine mediale Darstellung, wonach Telegram in Folge seiner Verhaftung „plötzlich kooperiert“ habe, wies er zurück. Er widersprach zudem den zentralen Vorwürfen Frankreichs, wonach Telegram auf gerichtliche Anfragen des Landes nicht reagiert habe. Man habe „nie eine einzige rechtlich bindende juristische Anfrage erhalten“, sagte Durow und betonte weiter, seine Plattform habe nie gegen europäische Gesetze verstoßen. Diesen Gesetzen folgend gebe Telegram durchaus IP-Adressen und Handynummern heraus, sofern gegen die betreffenden Nutzer strafrechtlich ermittelt werde und Telegram von einem Richter unterzeichnete Gerichtsbeschlüsse erhalte. Allerdings habe die Herausgabe dieser Identifikationsmerkmale „nichts zu tun mit privaten Nachrichten“, die geschützt blieben. Der geforderte Zugriff auf solche Daten sei der Grund gewesen, warum er Russland verlassen hat.
Die Geschichte zeige laut Durow „viele Beispiele für den graduellen Verfall freier Gesellschaften hin zu Gesellschaften ohne Freiheiten“. Er begrüßte daher ausdrücklich die Ablehnung des „Gesetzes gegen Drogenhandel“ durch die Französische Nationalversammlung im Frühling, welches Ermittlungsbehörden Zugänge zu privaten Nachrichten durch technologische „Hintertüren“ sichern sollte. Solche Hintertüren seien „eine riesige Gefahr für die gesamte Bevölkerung“ und „das Ende der Privatsphäre“. Durow machte deutlich, dass neben Staaten auch Hacker oder ausländische Akteure auf die Daten zugreifen könnten. Es gebe keine „exklusive Hintertür“.
Warnung vor Chatkontrolle in der EU
Durow wies darauf hin, dass die US-Regierung Mitarbeiter in Technologie-Unternehmen dazu zwingen könne, solche „Hintertüren“ einzubauen und die Mitarbeiter zugleich zur Verschwiegenheit verpflichtet werden könnten. Gleichzeitig warnte er vor der von der EU-Kommission geplanten Chatkontrolle, die vorsieht, Verschlüsselungen mittels technologischer „Hintertüren“ auszuhebeln.
Das Gespräch mit Carlson wurde offenbar bereits im April aufgezeichnet, aber erst am 9. Juni auf YouTube veröffentlicht. Die von Durow im Vorfeld der rumänischen Präsidentschaftswahl kritisierte „Einmischung“ des französischen Geheimdienstes in Telegrams Inhaltsmoderation wurde deshalb nicht thematisiert.
Bei diesem Artikel handelt es sich um eine Übernahme von Multipolar. Der Titel, die Einleitung sowie Hervorhebungen und Zwischentitel wurden durch die Report24-Redaktion ergänzt.
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Telegram-Gründer: Chatkontrolle „riesige Bedrohung für die gesamte Bevölkerung“