Gerade erst sorgte der „Boomer-Soli“ für berechtigten Zorn. Nun folgt der nächste Schlag gegen die Generation, die unser Land aufgebaut, Wohlstand ermöglicht und jahrzehntelang den Laden am Laufen gehalten hat: Der Jugendforscher Klaus Hurrelmann fordert, Rentner in die Pflicht zu nehmen – für “sozialen” Dienst bis hin zur Landesverteidigung.
Ein Kommentar von Vanessa Renner
Hurrelmanns Idee ist so simpel wie zynisch: Die Alten, die ihren Teil längst geleistet haben, sollen weiterleisten, weil es für die Jungen sonst ungerecht wäre. Rente sei kein Rückzug ins Privatleben, sondern ein weiterer Abschnitt staatlich verwertbarer Produktivität. Seine Worte: “Mit 65 – oder oft genug schon mit 63 – sind die Leute plötzlich nur noch Privat- und Urlaubsmenschen. Was ist denn das für ein Konzept?”
Man fragt sich: Was denn sonst? Wer 40, 45 oder mehr Jahre eingezahlt, geschuftet, Kinder großgezogen und Steuern abgeführt hat, hat sich diesen Ruhestand redlich verdient. Doch in der bunten Republik, wo nicht wie versprochen die Zuwanderer die Renten finanzieren, sondern die Rentner die Zuwanderer finanzieren sollen, scheint Altersruhe kein legitimes Ziel mehr zu sein, sondern ein „Problem“, das durch staatliche Zwangsmaßnahmen gelöst werden kann. Hurrelmann will einen sozialen Pflichtdienst; generell solle auch über 65 hinaus gearbeitet werden – alternativ sollten “gesellschaftliche Aufgaben” übernommen werden.
Die Rentenkassen sind leer, die Kassen der Kranken- und Pflegekassen sowieso, die Schuldenberge wachsen, der soziale Frieden bröckelt. Alles eine eindeutige Konsequenz fehlgeleiteter Politik. Ausbaden sollen das aber nicht die Verantwortlichen, sondern “die Alten”. Statt strukturelle Reformen anzugehen, zündet man Nebelkerzen und schiebt die Verantwortung auf die Generation, die dieses Land überhaupt erst dorthin gebracht hat, wo es heute steht.
Hurrelmanns Vorschlag, Senioren zur „Verteidigungsfähigkeit“ des Landes beitragen zu lassen, ist dabei besonders absurd. “Von den Jungen zu erwarten, dass sie im Ernstfall allein das Land verteidigen, ist nicht gerecht”, so Hurrelmann. Sollen 70-Jährige bald Erste Hilfe im Katastrophenschutz leisten, Altenpflege im Doppelschichtsystem übernehmen oder den Wehrdienst im Rollatorformat absolvieren? Wie will man das denn durchsetzen? Mit Strafen? Rentenkürzungen? Pfandflaschensammelverbot?
Regierende müssen endlich ihren Job erledigen
Es ist natürlich ungemein bequem, den Blick auf die Rentner zu lenken – die haben bei der Generation “Work-Life-Balance” und “Meine Oma ist ne alte Umweltsau” sowieso keine Lobby. Einigen Alten kann man vielleicht Untugenden wie Obrigkeitshörigkeit, ein falsches Vertrauen in Medien und Staat und in der Folge höchst schädliche Wahlentscheidungen vorwerfen, doch dass davor die Jugend ebenso wenig gefeit ist, zeigt der Zulauf zur Mauermörderpartei in Teilen jener jungen Generation, die sich irrigerweise so gern als geschichtsbewusst darstellt.
Es sind sicher nicht die Alten, denen man mangelnden Fleiß vorwerfen kann. Wer Ignoranz und Faulheit vorlebt, sind allerdings die Regierenden, die jede notwendige Maßnahme zur Rettung des Haushalts als rechtsextrem brandmarken und gegen den Willen der Mehrheit ihr jeweiliges Land weiter vor die Wand fahren. Da könnte man ansetzen, und nicht bei jenen Generationen, die noch mit eigener Hände Arbeit etwas aufgebaut haben, statt lediglich alles Gute niederzureißen.
Rentner sind keine Reservearmee des Sozialstaats. Sie sind Menschen, die ihr Soll erfüllt haben. Politiker täten gut daran, endlich ihr Soll zu erfüllen und Reformen zu erwirken, statt sich mit Unterstützung von “Jugendforschern” und ihren kruden Theorien vor der Arbeit zu drücken.
Sozialer Dienst bis Wehrpflicht: Rentner als Reservearmee des Staates?