21. August 2025

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Peter Thiel und der technokratische Schattenstaat – Mythos oder stille Machtübernahme in Washington?

 

Der Tech-Milliardär Peter Thiel steht im Verdacht, über Netzwerke, Technologie und ideologische Vordenker eine stille Neuausrichtung der US-Regierung mitzugestalten. Ein kritischer Blick auf Behauptungen, Strukturen und die feine Grenze zwischen Einfluss und Kontrolle.

Washington D.C. – Während die Öffentlichkeit mit Blick auf den nächsten diplomatischen Gipfel oder die Inflation ringt, wird in Technologiekreisen ein anderer Name immer lauter: Peter Thiel. Der Mitgründer von PayPal, frühe Facebook-Investor, Gründer von Palantir – und politischer Ziehvater des aktuellen US-Vizepräsidenten J.D. Vance.

Der Essayist und Technokratiekritiker Patrick Wood erhebt in einem viel diskutierten Artikel auf technocracy.news einen weitreichenden Vorwurf: Thiel sei der „Master-Architekt“ einer technokratischen Machtübernahme in Washington. Doch was ist dran an dieser These?

Ideologie trifft Infrastruktur

Bereits 2009 ließ Thiel mit seinem Essay „The Education of a Libertarian“ aufhorchen. Darin erklärte er die klassische Demokratie für überholt – zu langsam, zu populistisch, zu ineffizient. Stattdessen setzte er auf eine von Eliten geführte Zukunft – technokratisch, datengestützt, kapitalnah.

Die Parallelen zu heutigen Machtstrukturen sind auffällig: Thiels Firma Palantir ist tief in die Infrastruktur amerikanischer Sicherheits- und Gesundheitsbehörden eingebettet. Ob bei der Terrorabwehr oder Pandemiedaten: Palantir liefert Software, Datenanalyse – und damit Entscheidungsgrundlagen.

Der Aufstieg des J.D. Vance

Thiel investierte 2021 zehn Millionen Dollar in den Senatswahlkampf von J.D. Vance, der heute Vizepräsident der USA ist. Vance vertritt, wie Thiel, eine technokratisch inspirierte Post-Demokratie-Position: effizient, national, digital. Kein Wunder, dass Kritiker von einem „Deep Tech“-Einfluss sprechen, der nicht gewählt, aber mächtig sei.

Laut Wood sei dies kein Zufall: Thiel habe bewusst Figuren wie Vance, Blake Masters oder Curtis Yarvin („Dark Enlightenment“) gefördert, um eine ideologische Parallelstruktur zur traditionellen Parteienlandschaft zu errichten. Eine Schattenregierung – allerdings ohne Kabinettssitz, sondern mit Serverfarmen.

Der Mythos vom DOGE-Ministerium

Woods Artikel fokussiert sich besonders auf eine angebliche Institution: das Department of Government Efficiency (DOGE). Diese Einrichtung sei laut Wood personell mit Thiel-nahen Figuren besetzt und ein Vehikel zur Umgestaltung staatlicher Prozesse in technokratischem Geist.

Doch der kritische Blick zeigt: DOGE existiert in dieser Form nicht offiziell. Es handelt sich um eine journalistische Verdichtung, ein Symbol für die technokratische Durchdringung staatlicher Abläufe – nicht um eine klar benannte Regierungsbehörde.

Macht ohne Mandat?

Thiels Einfluss ist real. Doch ist er illegal, antidemokratisch oder gar totalitär? Das hängt vom Standpunkt ab. In einer Zeit, in der Technologie als Infrastruktur und Waffe zugleich dient, verschwimmen die Grenzen zwischen gewählter Macht und algorithmischer Autorität.

Fakt ist: Thiel platziert strategisch – in Thinktanks, Medien, Politik und Start-ups. Er denkt in Jahrzehnten, nicht in Wahlzyklen. Er ist kein Strippenzieher im klassischen Sinn, sondern ein architektonischer Visionär, der demokratische Prozesse eher als Hindernis denn als Garantie für Fortschritt begreift.

Fazit: Systemkritik statt Verschwörung

Woods Artikel liefert keine handfesten Beweise für einen Staatsstreich im Silicon-Valley-Stil – wohl aber ein wichtiges Signal: Die Grenzen zwischen Demokratie, Technologie und Privatmacht verwischen. Peter Thiel steht dabei exemplarisch für einen Wandel, in dem nicht mehr Politiker, sondern Datenanalysten die Richtung vorgeben.

Der entscheidende Unterschied: Die Öffentlichkeit merkt es kaum – und das ist vielleicht das Beunruhigendste daran.

 

 

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