Arnaud Bertrand
Das ist eine außerordentlich dumme Entscheidung Europas:
Die niederländische Regierung stiehlt buchstäblich ein führendes chinesisches Halbleiterunternehmen – zumindest dessen internationale Geschäftsbereiche.
Wahrscheinlich geschieht das in Koordination mit Washington, denn dieser Schritt fiel zeitlich zusammen mit Trumps neuer „50 %-Regel“, die alle Tochterunternehmen von Firmen auf die US-„Entity List“ setzte – darunter auch Wingtech Technology, die chinesische Muttergesellschaft von Nexperia.
Und ich übertreibe nicht, wenn ich von „Diebstahl“ spreche:
Sie haben den chinesischen CEO seines Amtes enthoben, einen nicht-chinesischen Direktor mit entscheidender Stimmgewalt in den Vorstand berufen und die Unternehmensanteile enteignet, indem sie sie unter die Verwaltung eines Treuhänders stellten.
All das geschieht auf Grundlage eines Gesetzes namens „Goods Availability Act“
(offizielle Mitteilung der niederländischen Regierung) –
ein Notstandsgesetz aus Kriegszeiten, das eigentlich für Fälle wie die Beschlagnahmung von Brot oder Treibstoff während einer ausländischen Invasion gedacht ist.
Das ergibt hier überhaupt keinen Sinn:
Soweit ich weiß, wird die Niederlande derzeit nicht angegriffen, und Nexperia arbeitet ganz normal weiter – Chips werden wie gewohnt an europäische Kunden geliefert.
Das ist in so vieler Hinsicht einfach dumm.
Erstens zerstört es ganz offensichtlich das Investitionsklima in Europa:
Versuch jetzt mal, ein nichtwestliches Land davon zu überzeugen, in Europa zu investieren, wenn bekannt ist, dass Investitionen von einem Tag auf den anderen auf der dünnsten Grundlage beschlagnahmt werden können.
Zweitens provoziert das Vergeltungsmaßnahmen aus China, und das fast mit Sicherheit.
Ich möchte im Moment kein niederländisches Unternehmen mit chinesischen Aktivitäten sein …
Drittens untergräbt es Europas eigene Halbleiterstrategie.
Nexperia ist eines der wenigen erfolgreichen europäischen Halbleiterunternehmen,
mit Hauptsitz in den Niederlanden und 14 000 Beschäftigten weltweit.
Ein solches Unternehmen zu destabilisieren, ist alles andere als klug.
Und nicht zuletzt sendet dieser Schritt erneut die Botschaft, dass die EU keinerlei strategische Autonomie besitzt – denn, wie zuvor besprochen, das Ganze geschah zeitgleich mit neuen US-Regeln, die Nexperia betrafen.
Trumps neue „50 %-Regel“ hätte tatsächlich eine Gelegenheit für die EU sein können, ihre strategische Eigenständigkeit zu demonstrieren – etwa mit einer Stellungnahme wie dieser:
„Nexperia ist ein europäisches Unternehmen und unterliegt europäischem Recht.
Es operiert unter niederländischer Gerichtsbarkeit, beschäftigt weltweit 14 000 Menschen – die meisten davon in Europa – und beliefert zentrale europäische Industrien.
Die Vereinigten Staaten können nicht einseitig bestimmen, was ein niederländisches Unternehmen tun darf, nur weil ihnen die Nationalität der Anteilseigner missfällt.
Wir fordern Wingtech zu verbindlichen Zusagen auf:
Die Investitionen in Forschung und Entwicklung werden fortgeführt, europäische Arbeitsplätze gesichert, und alle Tätigkeiten entsprechen dem EU-Recht.
Im Gegenzug werden wir Nexperia vor extraterritorialen US-Sanktionen schützen, die unsere Souveränität verletzen.“
Bäm.
Hätte Europa das getan, wäre es als wirklich unabhängiger Akteur aufgetreten,
hätte gezeigt, dass europäisches Eigentumsrecht ernst genommen wird
und dass Europa ausländische Vermögenswerte schützt – sogar gegenüber den USA.
Aber nein – die Botschaft, die Europa stattdessen gesendet hat, lautet:
„Sorry, Leute – wenn Washington eure Nationalität nicht mag,
beschlagnahmen wir eben euer Eigentum.“
Niederlande enteignen chinesischen Chip-Giganten Nexperia – unter Kriegsrecht!