27. August 2025

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Nach Streit in der Koalition Kabinett beschließt Gesetz für neuen Wehrdienst

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Die Bundesregierung setzt beim Wehrdienst zunächst auf Freiwilligkeit. Das Kabinett hat einen entsprechenden Gesetzentwurf gebilligt.

Das Bundeskabinett hat das Gesetz zur Einführung eines neuen Wehrdienstes auf den Weg gebracht. Die Ministerrunde billigte auf einer Sitzung im Verteidigungsministerium den Rechtsrahmen, der eine Wehrerfassung junger Männer einführt, aber zunächst auf Freiwilligkeit und einen attraktiveren Dienst setzt.

Eine Rückkehr zur Wehrpflicht schon in Friedenszeiten, wie sie vor allem Unionspolitiker wiederholt gefordert hatten, wurde nicht vereinbart. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) formuliert aber Grundvoraussetzungen für eine Aktivierung. Wenn die verteidigungspolitische Lage oder ein Mangel an Freiwilligen eine Wehrpflicht erforderlich macht, muss der Bundestag erst zustimmen. Auch über das jetzt im Kabinett beschlossene Gesetz entscheidet der Bundestag.

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Wehrdienst: Mehr Geld soll Bundeswehr attraktiver machen

Die Bundeswehr benötigt etwa 80.000 zusätzliche, aktive Soldaten. Denn die Nato hält für Deutschland eine Größenordnung von 260.000 Männern und Frauen in der stehenden Truppe für erforderlich, um einem etwaigen Angriff Russlands standzuhalten.

Dabei soll der Wehrdienst vor allem die Grundlage für eine größere Reserve schaffen. Geplant ist, mit 15.000 neuen Wehrdienstleistenden zu beginnen und eine verpflichtende Musterung ab 2027 einzuführen. Zur Wehrerfassung müssen junge Männer in einem Fragebogen Auskunft geben, ob sie zum Wehrdienst bereit und fähig sind; Frauen können dies tun.

 

Freiwilliger Wehrdienst im HeimatschutzVergrößern des Bildes
Bundeswehrsoldaten in der Grundausbildung (Symbolbild): Der neue Wehrdienst soll die 18- bis 25-Jährigen ansprechen. (Quelle: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa-Zentralbild/dpa/dpa-bilder)

 

Der Pool, an den sich der neue Wehrdienst richtet, ist die Altersgruppe der 18- bis 25-Jährigen. Pistorius verfolgt zudem mehrere Ansätze, um den Dienst attraktiver zu machen. Darunter ist auch ein höherer Sold. Dazu sollen Wehrdienstleistende künftig als Zeitsoldaten bezahlt werden und somit mehr als 2.000 Euro netto monatlich erhalten.

 

Pistorius: „Riesenschritt nach vorn“ – Merz zeigt sich „zuversichtlich“

Pistorius bezeichnete den Gesetzentwurf zur Einführung eines neuen Wehrdienstes als „Riesenschritt nach vorne“. Der SPD-Politiker sagte nach der Kabinettssitzung, der Gesetzentwurf mache deutlich, dass ein Aufwuchs der Bundeswehr notwendig sei. Es gehe darum, das „Mindset“ in der Gesellschaft gerade bei jungen Männern und Frauen zu verändern und für den Dienst am Land zu werben.

Jeder aus der jungen Generation werde sich anders als bislang entscheiden müssen, was er zur Sicherheit seines Landes beitragen wolle. Die Debatten, die es in den Familien, an den Arbeitsplätzen, in den Schulen und in den Universitäten geben werde, seien gewollt und seien notwendig. Die Bundeswehr müsse aufwachsen, sagte Pistorius. Er verwies auf die internationale Sicherheitslage und vor allem das aggressive Auftreten Russlands. Eine starke Armee sei das effektivste Mittel, um Kriege zu verhindern.

Bundeskanzler Friedrich Merz geht nach eigener Aussage davon aus, dass mit dem neu gestalteten Wehrdienst fürs Erste genügend junge Leute für einen Dienst bei der Bundeswehr gewonnen werden können. „Ich bin jedenfalls aus heutiger Sicht zuversichtlich, dass wir zunächst jedenfalls die Zahlen, die wir brauchen, erreichen“, sagte der CDU-Politiker in Berlin.

Alles andere werde man im Lichte der Entwicklung zu beurteilen haben, fügte er hinzu. Er verwies auch auf die im Gesetzentwurf vorgesehene Möglichkeit einer verpflichtenden Heranziehung, für den Fall, dass nicht genügend Freiwillige gewonnen werden können. „Wir sind damit wieder zurück auf dem Weg hin zu einer Wehrdienstarmee“, sagte Merz. Das sei eine gute Entwicklung, die er ausdrücklich begrüße.

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Wadephul zog Vorbehalt zurück

Anfang der Woche hatte es noch Verstimmung in der Koalition gegeben, weil Außenminister Johann Wadephul (CDU) zwischenzeitlich mit einem sogenannten Ministervorbehalt Einspruch gegen den Gesetzentwurf eingelegt hatte. Nach Gesprächen zwischen den Ministerien zog er ihn aber zurück.

 

Außenminister WadephulVergrößern des Bildes
Außenminister Johann Wadephul legte Anfang der Woche einen Ministervorbehalt gegen den Gesetzentwurf des Verteidigungsministers ein. (Quelle: Soeren Stache/dpa/dpa-bilder)

 

Die Union fordert im Gesetz verankerte verbindliche jährliche Zielvorgaben für die Aufstockung der Bundeswehr mit Freiwilligen, deren Unterschreitung Schritte zu einer Wehrpflicht auslösen soll. Die SPD setzt auf Freiwilligkeit.

Pistorius äußerte Unverständnis über den zwischenzeitlichen Einspruch von Wadephul. Er habe „kein Verständnis dafür, dass man aus dem Parlament heraus einen Gesetzentwurf der Regierung schon vorher versucht aufzuhalten über ein Ministerium“, sagte der SPD-Politiker im Deutschlandfunk.

Pistorius machte deutlich, dass er durchaus noch mit Änderungen am Gesetz im parlamentarischen Verfahren rechnet. Es gelte die alte Regel: „Kein Gesetz verlässt den Bundestag in der Regel so, wie es hineingegangen ist. Das wird hier so oder ähnlich auch sein“, sagte der Verteidigungsminister.

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„Grenzen der Machbarkeit“ überwinden

Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, André Wüstner, beklagte vor der Kabinettssitzung Mängel an dem Gesetzesvorhaben. Der Entwurf sei eine Verbesserung, greife aber angesichts der Probleme bei der Personalgewinnung „immer noch zu kurz“, sagte Wüstner.

Wüstner verwies dabei auch auf die weitgehend stagnierende Personalentwicklung bei den Zeit- und Berufssoldaten, den „Profis“ im Militär. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums betrug deren Zahl zum Jahreswechsel 170.800 Männer und Frauen, mit Stand 1. Juli 171.650 Soldaten. Ihre Anzahl soll nach Nato-Zielen in den kommenden Jahren auf rund 260.000 Männer und Frauen wachsen.

Wüstner forderte, die „Grenzen der Machbarkeit“ – wie sie Kanzler Friedrich Merz (CDU) benannt habe – müssten nun überwunden werden. Er warnte: „Wladimir Putin wird sicher keine Rücksicht auf derartige Befindlichkeiten nehmen. Donald Trump mit Blick auf mögliche Sicherheitsgarantien in der Ukraine übrigens auch nicht.“

Das Bundeskabinett tagte erstmals seit mehr als drei Jahrzehnten im Verteidigungsministerium. Als Gast nahm der Oberbefehlshaber der Nato-Truppen in Europa (der sogenannte „Saceur“), US-General Alexus Grynkewich, teil.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa

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https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/militaer-verteidigung/id_100887790/wehrdienst-kabinett-beschliesst-umstrittenen-gesetzentwurf-von-pistorius.html

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