Russische Militärexperten fordern im Staatsfernsehen Vergeltungsschläge gegen das MBDA-Werk in Schrobenhausen, sollte die Ukraine die Taurus-Marschflugkörper gegen Ziele in Russland einsetzen. Zwei Hyperschall-Raketen sollen die deutsche Taurus-Produktion für Jahre lahmlegen. Eine zusehends gefährliche Situation, die sich aufbaut.
Die deutsche Politik treibt das Land immer tiefer in den Ukraine-Konflikt hinein. Nachdem Bundeskanzler Friedrich Merz der Ukraine grünes Licht für weitreichende Angriffe auf russisches Territorium gab, reagiert Moskau mit konkreten Drohungen gegen deutsche Rüstungsstandorte. Im russischen Staatsfernsehen werden Vergeltungsschläge gegen das MBDA-Werk in Schrobenhausen diskutiert – dort, wo die Taurus-Marschflugkörper produziert werden.
Igor Korotschenko, Chefredakteur der russischen Militärzeitschrift “Nationale Verteidigung”, machte in der Sendung “60 Minuten” deutlich, wie Moskau auf deutsche Waffenlieferungen reagieren könnte. Deutschland befinde sich bereits in “direkter Kriegsführung gegen Russland”, erklärte er am 26. Mai im Staatsfernsehen. Seine Einschätzung: Zwei Oreschnik-Hyperschallraketen mit konventionellen Sprengköpfen würden ausreichen, um das Taurus-Werk zu zerstören und Deutschlands Raketenproduktion für fünf bis sieben Jahre lahmzulegen.
Deutsche Rüstungsstandorte im Visier
Das oberbayerische Schrobenhausen ist nicht zufällig ins Visier russischer Militärstrategen geraten. Hier betreibt MBDA Deutschland seinen Hauptsitz mit rund 950 Mitarbeitern. Das Rüstungsunternehmen entwickelt und produziert die Taurus KEPD 350-Marschflugkörper, die mit ihrer Reichweite von über 500 Kilometern theoretisch bis nach Moskau reichen könnten. Die Produktionsanlagen sind nach Angaben von MBDA-Deutschland-Chef Thomas Gottschild weiterhin vorhanden und könnten bei entsprechenden Aufträgen wieder hochgefahren werden.
Korotschenko begründete die Zielauswahl strategisch: Da sich der Hersteller “in einem abgelegenen Gebiet weitab von städtischen Ballungsräumen” befinde, sei “nur ein einziger Vergeltungsschlag notwendig”. Ob diese Äußerung tatsächlich so gefallen ist, lässt sich nicht unabhängig überprüfen. Die Übersetzung stammt aus dem Umfeld russischer Medienkanäle, eine offizielle Mitschrift liegt nicht vor.
Merz heizt Konflikt weiter an
Die russischen Reaktionen sind eine direkte Folge von Merz’ jüngster Kehrtwende in der deutschen Waffenpolitik. Der ohnehin immer wieder bellizistisch agierende Bundeskanzler hatte erklärt, es solle keine Beschränkungen mehr für die Reichweite der an die Ukraine gelieferten Waffen geben. In Kiew wurde dies als Signal verstanden, dass Berlin nun bereit sein könnte, die lang ersehnten Taurus-Marschflugkörper zu liefern. “Es ist eine gute Nachricht, dass sie diese Beschränkungen für den Einsatz von Raketen aufgehoben haben”, kommentierte der ukrainische Abgeordnete Oleksandr Merezhko.
Taurus gilt als hochpräzise Waffe zur Zerstörung befestigter Ziele. Besonders die strategisch wichtige Krim-Brücke steht im Fokus ukrainischer Angriffspläne. Die von Russland gebaute Verbindung zwischen der Halbinsel Krim und dem russischen Festland wurde bereits mehrfach angegriffen, konnte aber bisher nicht zerstört werden. Rüstungsexperte Fabian Hoffmann sieht in Taurus das “beste Waffensystem in westlichen Arsenalen, um Brücken zu zerstören”.
Wagenknecht warnt vor Kriegsgefahr
Die Drohungen gegen deutsche Rüstungsstandorte zeigen, wie gefährlich die aktuelle Eskalationsspirale geworden ist. Sahra Wagenknecht wirft Merz vor, mit seiner Entscheidung “den Krieg nach Deutschland holen” zu wollen. Die BSW-Vorsitzende warnt, die Freigabe von Taurus-Angriffen sei “unverantwortlich und brandgefährlich”. In Wahrheit habe die Ukraine “keineswegs nur militärische Ziele” getroffen, sondern auch zivile Infrastruktur und Wohngebiete.
Auch in der Koalition führten Merz’ Äußerungen zu Spannungen, sodass der Kanzler seine Position wieder abschwächen musste. Die Frage stellt sich, ob deutsche Politiker die Tragweite ihrer Entscheidungen vollständig durchdacht haben. Jede weitere Eskalation bringt Deutschland näher an eine direkte Konfrontation mit einer Atommacht heran.
Rüstungslobby wittert Geschäfte
Während die politische Debatte tobt, steht die deutsche Rüstungsindustrie bereit und wittert lukrative Geschäfte. MBDA Deutschland investiert in den nächsten vier Jahren über 200 Millionen Euro in seine Standorte und schafft rund 300 zusätzliche Arbeitsplätze, hauptsächlich in Schrobenhausen. “Der Taurus gehört in einen Baukasten für moderne Kriegsführung”, erklärt Deutschland-Chef Gottschild unverblümt. Die Produktionskapazitäten seien vorhanden, es fehle nur der politische Auftrag.
Merz hat nach seinem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zwar keine konkreten Zusagen für Taurus-Lieferungen gemacht, aber Unterstützung bei der Produktion eigener weitreichender Raketen zugesagt. Bis Ende des Jahres soll der Westen rund 30 Milliarden US-Dollar bereitstellen, um die ukrainische Waffenproduktion anzukurbeln. Welchen Anteil davon Deutschland stemmen wird, ließ Merz offen.
Deutsche Bevölkerung als Geisel der Eskalation
Die Drohungen aus Moskau machen deutlich, dass deutsche Bürger zunehmend zu Geiseln einer Eskalationspolitik werden, die sie nie gewählt haben. Während Politiker in Berlin über Waffenlieferungen entscheiden, müssen die Menschen in Bayern damit leben, dass ihre Heimat zum potentiellen Angriffsziel wird. Kanzleramtschef Thorsten Frei betonte lediglich, man werde die Ukraine “wirkungsvoll unterstützen”. Jede Waffe werde aber “zu ihrer Zeit und entsprechend den militärischen Herausforderungen” geliefert.
Die Frage bleibt, ob die deutsche Politik bereit ist, für ihre Ukraine-Unterstützung auch die Sicherheit der eigenen Bevölkerung aufs Spiel zu setzen. Die Drohungen aus Moskau dürfen als ernste Warnung verstanden werden.