14. August 2025

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Millimeterwellen-Radar macht Handygespräche abhörbar

 

Wissenschaftlern ist es mithilfe einer Radartechnologie gelungen, Smartphone-Gespräche aus einigen Metern Entfernung abzuhören. Wird diese Technologie verfeinert, könnte die Überwachung von Zielpersonen noch einfacher werden.

Bislang setzt man zur Überwachung von Personen auch schon mal Richtmikrofone ein. Das Problem dabei ist, dass man so zwar die anvisierte Person abhören kann, nicht jedoch jene, die an der anderen Seite sitzt. Das hat sich inzwischen dank neuer technologischer Entwicklungen geändert.

An der Penn State University hat man nun nämlich bewiesen, dass es möglich ist, Mobiltelefon-Gespräche nicht etwa über Funkwellen, sondern über winzige Vibrationen am Gerät selbst mitzuschneiden. Dies geschieht mithilfe eines Millimeterwellen-Radars, das eigentlich aus der Welt autonomer Fahrzeuge stammt. Eine Künstliche Intelligenz erledigt die mühsame Übersetzung des Vibrationskauderwelschs in lesbaren Text. Das ist die schöne neue Welt, in der Ihr Smartphone nicht nur Daten an Tech-Konzerne schickt, sondern auch als unfreiwilliger Trommelfell-Ersatz für potenzielle Radarspione dient.

Wie das alles funktioniert? Nun, wenn wir sprechen, erzeugt unsere Stimme winzige Mikrovibrationen auf der Oberfläche des Mobiltelefons. Ein Millimeterwellen-Radarsensor, wie er auch in modernen Autos zur Abstandsmessung verwendet wird, kann diese kaum messbaren Bewegungen aufzeichnen. Das Ergebnis ist allerdings kein glasklares Audiofile, sondern ein verrauschtes Datenchaos. Die Forscher setzten das Open-Source-Spracherkennungsmodell Whisper ein, das sie mittels “Low-Rank-Adaption” für diesen ungewöhnlichen Input trainierten. Heraus kommt ein System, das plötzlich bis zu 10.000 Wörter erkennen kann – mit immerhin 60 Prozent Genauigkeit.

Vor drei Jahren schaffte dieselbe Gruppe von Forschern gerade einmal zehn vorher definierte Schlüsselwörter. Doch jetzt ist der Wortschatz um den Faktor tausend gewachsen. Klar, noch immer muss man das Gesagte im Kontext interpretieren und gelegentliche Lücken schließen, ähnlich wie beim Lippenlesen. Aber wenn schon Lippenlesen mit einer Trefferquote von nur 30 bis 40 Prozent zu einem erstaunlich präzisen Gesamtbild führt, dann kann man sich ausmalen, wie wertvoll dieses neue Radar-KI-Gespann für Geheimdienste, Industriespione oder ganz gewöhnliche Datendiebe werden könnte.

Noch beschränkt sich die Reichweite dieser neu entwickelten Technik – veröffentlicht bei der Association for Computing Machinery in der Studie mit dem Titel “Wireless-Tap: Automatic Transcription of Phone Calls Using Millimeter-Wave Radar Sensing” – auf sechs Meter. Doch das genügt, um in einem Konferenzraum, in einem Café oder auch irgendwo im Park heimlich mitzulauschen. Wird die Technologie noch weiter verfeinert, könnte man vielleicht bald schon auch aus deutlich größerer Entfernung erheblich mehr Wörter entschlüsseln. Dann nützen allerdings auch die besten Verschlüsselungstechnologien bei der Übertragung nichts mehr.

 

Millimeterwellen-Radar macht Handygespräche abhörbar