13. November 2025

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Importe trotz Rekordernte: Heimische Bauern bleiben auf ihren Kartoffeln sitzen

 

Deutschland soll angeblich “klimafreundlicher” werden. Politiker fordern regionale Ernährung, Verbraucher sollen auf kurze Transportwege achten. Doch während Nachhaltigkeit gepredigt wird, passiert in Wahrheit das exakte Gegenteil: Wir importieren Lebensmittel, die wir selbst – und besser! – produzieren können. Das Beispiel Kartoffel zeigt die Doppelmoral: Deutsche Bauern bleiben auf ihrer Ernte sitzen, während in den Supermärkten die importierten Knollen liegen.

Deutschland verzeichnet in diesem Jahr eine Kartoffel-Rekordernte von geschätzt 13,4 Millionen Tonnen. Dieser Rekord ist auf günstige Wetterbedingungen und eine gestiegene Anbaufläche zurückzuführen. Für die Landwirte ist das jedoch kein Grund zur Freude, denn aufgrund des Überangebots sind die Kartoffelpreise auf Talfahrt. Zwei Kartoffelbauern sprachen mit der BILD über ihre Notlage.

„Wir bekommen derzeit 6 bis 7 Cent für das Kilo, im Supermarkt liegen die gleichen Sorten für 70 Cent bis einen Euro pro Kilo!“, prangert Hagen M. an. Der Handel macht also ordentlich Gewinn, während die Landwirte das Nachsehen haben. Wenn Profit winkt, wird der ach so wichtige Klimaschutz außer Acht gelassen.

„Wir reden über Regionalität und Klimaschutz – und kaufen Importware! Dabei könnten wir uns selbst versorgen“, fasst Christian S. zusammen. „Nächstes Jahr baue ich nur noch die Hälfte an. Ich kann mir das sonst nicht mehr leisten.“ Dass er diese Konsequenz zieht, ist absolut nachvollziehbar: Zum einen werden deutsche Landwirte mit immer neuen Auflagen drangsaliert, zum anderen müssen sie sich mit Spottpreisen begnügen.

In deutschen Lagern liegen derzeit rund 2,4 Millionen Tonnen Kartoffeln, die niemand haben will. Die Knollen sind frisch, einwandfrei und stammen aus heimischem Anbau – trotzdem landen sie in Biogasanlagen statt auf den Tellern. Für gerade einmal 1,50 Euro pro 100 Kilo werden die hochwertigen Knollen verheizt.

Gleichzeitig werden Kartoffeln aus dem Mittelmeerraum, vor allem aus Ägypten und Zypern, nach Deutschland importiert – 85.000 bis 140.000 Tonnen jährlich -, obwohl hierzulande mehr als genug produziert wird.

Heimisch produziert out? Absurde Klima-Doppelmoral

Die Politik fordert von den Bürgern CO₂-Reduktion und regionale Ernährung. Doch im Supermarktregal zeigt sich ein anderes Bild: Kartoffeln aus Nordafrika, tausende Kilometer transportiert, verdrängen heimische Ware. Jede importierte Knolle hinterlässt dabei einen gewaltigen ökologischen Fußabdruck – durch die sonst so verteufelten Transportemissionen, Bewässerung in trockenen Regionen und Verpackung. Der Anbau in Ägypten verschlingt riesige Mengen Wasser, oft aus tiefen Grundwasserschichten, die sich nicht regenerieren, während deutsche Felder meist keine künstliche Bewässerung brauchen.

Gleichzeitig stehen deutsche Landwirte mit vollen Lagerhallen da – ihre “klimafreundlich” produzierten, regionalen Kartoffeln will niemand.

Laut Olaf Feuerborn, Vorsitzender der Union der Deutschen Kartoffelwirtschaft (UNIKA), soll der Ursprung dieses Widerspruchs in veralteten Verbraucherbildern liegen: „Das Verbraucherverhalten resultiert aus Zeiten, als Kartoffeln nicht richtig bis zum Frühjahr gelagert werden konnten und oft schrumpelig in den Geschäften lagen.“ Heute sei das längst anders. Moderne Lagermethoden ermöglichen es, deutsche Kartoffeln bis zur nächsten Ernte frisch und in bester Qualität anzubieten. Doch viele würden im Frühjahr noch immer lieber zur Importware greifen – aus Gewohnheit oder wegen Marketingbildern von „frischen Mittelmeer-Kartoffeln“.

Ein weiterer Grund sei die Planungssicherheit des Handels. Supermarktketten wollen früh wissen, ab wann genau neue deutsche Kartoffeln verfügbar sind. Diese exakte Prognose ist für Landwirte kaum möglich – Wetter, Erntezeitpunkt und Lagerbedingungen variieren (und die Klima-Propaganda droht bekanntlich konstant ausfallende Ernten an). Also setzt der Handel lieber auf Importe mit festen Lieferterminen. Und weil die ausländische Ware manchmal teurer sei, lohne sie sich für Supermärkte: Höherer Preis pro Kilo bedeutet mehr Umsatz pro Verkaufsfläche.

Ägyptischer Exportmarkt wurde durch EU-Regulierung gefördert

Was er nicht erwähnt: Gerade erst im Juli wurden aus Ägypten Jubelmeldungen publik, dass durch Umsetzung einer neuen EU-Durchführungsverordnung die Wettbewerbsfähigkeit von ägyptischen Kartoffeln auf dem EU-Markt gestärkt wurde. Zu den wichtigsten Änderungen gehörten demnach eine Erhöhung des zulässigen Versandgewichts und eine Reduzierung der Anzahl der für Exportsendungen erforderlichen Inspektionsstichproben. Man freute sich, dass die Verordnung wohl zu einer deutlichen Stärkung der ägyptischen Exporteure führen würde.

Doch was ist, wenn in der Folge immer mehr heimische Bauern das Handtuch werfen? Dann war’s das mit der Ernährungssouveränität – Deutschland wäre dann von Importen aus dem Ausland abhängig. Ist das politisch gewollt?

 

Importe trotz Rekordernte: Heimische Bauern bleiben auf ihren Kartoffeln sitzen