31. Mai 2025

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Großbritannien führt eine digitale Identitäts-App ein – was genau bedeutet das?

 

London – Noch in diesem Sommer beginnt im Vereinigten Königreich die schrittweise Einführung eines zentralisierten digitalen Ausweissystems. Die sogenannte „Gov.uk Wallet“ soll langfristig alle staatlich ausgestellten Ausweise wie Veteranenkarten, Führerscheine und weitere Identitätsnachweise in einer einzigen App zusammenführen. Bis Ende 2027 soll das System vollständig umgesetzt sein – mit weitreichenden Folgen für Privatsphäre, Datensicherheit und den Alltag von Millionen Bürgern.

Ein Ausweis für alles – per Gesichtserkennung

Die Registrierung für die App erfordert die Vorlage persönlicher Dokumente sowie die Nutzung von Gesichtserkennung – eine biometrische Funktion, die auf den meisten modernen Smartphones verfügbar ist. Die Regierung wirbt mit mehr Effizienz und digitalem Komfort, doch Kritiker sehen in der Entwicklung einen weiteren Schritt hin zu einer lückenlosen Überwachungsgesellschaft.

Vom Führerschein zum E-Scooter – Zugang nur noch digital

Bereits ab diesem Jahr sollen digitale Führerscheine auch als Identitätsnachweis für den Kauf von E-Scootern dienen. Damit wird deutlich: Der Zugang zu alltäglichen Produkten und Dienstleistungen wird zunehmend an die Nutzung staatlich kontrollierter digitaler Systeme gekoppelt – mit möglichen Folgen für Menschen ohne Smartphone oder mit Datenschutzbedenken.

Datenschützer warnen vor schleichender Ausweitung

Befürworter loben die Reform als Modernisierungsschub, der bürokratische Prozesse beschleunigen könne. Doch Datenschutzorganisationen warnen: Die Standardisierung biometrischer Datenerfassung könne zu einer stillen Ausweitung der Funktionalitäten führen – etwa beim Tracking von Sozialleistungen, Bewegungsmustern oder öffentlichem Verhalten.

Ein zentrales Problem sei zudem die Anfälligkeit solcher Systeme für Cyberangriffe. Ein Leck in einer zentralen Datenbank mit unveränderlichen biometrischen Informationen könne für die Betroffenen lebenslange Konsequenzen haben.

Politische Einigkeit – aber wenig Beruhigung

Sowohl Regierungsberater als auch Labour-Abgeordnete unterstützen das Projekt. Der parteiübergreifende Konsens wird von Kritikern allerdings nicht als Stärke, sondern als Risiko gesehen – denn er verringere die Chance auf eine kritische öffentliche Debatte über die langfristigen Folgen der digitalen Identitätspflicht.

Fazit: Komfort um den Preis der Kontrolle?

Mit der Gov.uk Wallet beginnt in Großbritannien eine neue Phase staatlicher Digitalpolitik. Was als Effizienzgewinn verkauft wird, ist für viele Datenschützer ein Dammbruch: hin zu einer Infrastruktur, in der jede behördliche Interaktion, jede Bewegung im öffentlichen Raum und künftig vielleicht auch finanzielle oder medizinische Daten zentral verwaltet und kontrolliert werden könnten.

Die entscheidende Frage: Wird der Komfort digitaler Identitätssysteme den Preis wert sein – oder zahlen die Bürger mit einem Stück ihrer Freiheit?

 

 

Großbritannien führt eine digitale Identitäts-App ein – was genau bedeutet das?