Die französische Sozialversicherung steht vor einer Finanzkrise. Der Rechnungshof warnt eindringlich vor einer drohenden Zahlungsunfähigkeit bereits 2027, während die Ausgaben völlig außer Kontrolle geraten sind. Diese Entwicklung offenbart die strukturellen Schwächen eines Systems, das unter dem Druck massiver Zuwanderung und steigender Verteidigungsausgaben zu zerbrechen droht.
Pierre Moscovici fand klare Worte für das Desaster. Der Präsident des französischen Rechnungshofs ließ in seinem RTL-Interview keinen Zweifel an der Dramatik: “Wir müssen die Kontrolle zurückgewinnen. In den vergangenen Jahren, insbesondere 2023 und 2024, haben wir die Kontrolle über unsere öffentlichen Finanzen verloren.” Solche Aussagen hört man selten von hohen Beamten – sie sprechen normalerweise in diplomatischen Floskeln. Hier jedoch bricht die nackte Panik durch die Fassade der Staatsräson.
Der von Politico angesprochene Rechnungshofbericht liest sich wie ein Horrorfilm in Zahlen: 15,3 Milliarden Euro Defizit 2024, prognostizierte 22,1 Milliarden für 2025. Doch selbst diese erschreckenden Summen seien geschönt, monieren die Prüfer. Die Regierung jongliere mit unrealistischen Wachstumsprognosen und rechne sich Steuermaßnahmen schön, die niemals die versprochenen Einsparungen bringen werden. Man kennt das Spiel aus anderen europäischen Hauptstädten – erst die rosigen Versprechen, dann das böse Erwachen.
Zuwanderung als unterschätzte Belastung des Systems
Hier wird es politisch brisant. Was Politiker aller Couleur gerne verschweigen, bringen Wissenschaftler mit nüchternen Zahlen auf den Tisch: Die Migration kostet Frankreich jährlich rund 25 Milliarden Euro. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Viele Personen mit Migrationshintergrund, die bereits französische Pässe besitzen, tauchen in diesen Berechnungen gar nicht auf. Die wahren Kosten dürften astronomisch sein.
Frankreichs verzweifelte Versuche, 2024 mit neuen Immigrationsgesetzen das Ruder herumzureißen, wirken wie das Schließen der Stalltür, nachdem die Pferde längst durchgegangen sind. Das ursprünglich für eine homogene Gesellschaft mit stabilen Erwerbsbiographien konzipierte System kollabiert unter dem Ansturm einer völlig anderen Realität. Die großzügigen französischen Sozialleistungen wirken wie ein Magnet – ein Phänomen, das Ökonomen seit Jahrzehnten vorhergesagt haben, während Politiker die Augen verschlossen.
NATO-Verpflichtungen verschärfen die Haushaltskrise
Als ob die Sozialkosten nicht reichten, kommt nun der militärische Druck dazu. Frankreich hat 2024 gerade erst das NATO-Ziel von zwei Prozent erreicht – da fordern die Amerikaner bereits fünf Prozent. Donald Trump lässt grüßen. Die Franzosen stehen vor einer unlösbaren Gleichung: Wie soll ein Land, das bereits bei den Sozialausgaben über seine Verhältnisse lebt, zusätzlich Milliarden für Panzer und Raketen aufbringen?
Die diskutierten NATO-Erhöhungen auf 3,5 Prozent für direkte Militärausgaben plus weitere 1,5 Prozent für “sicherheitsrelevante Bereiche” klingen nach kreativer Buchführung. Man kennt solche Tricks aus der Eurokrisenzeit – damals wurden griechische Militärausgaben plötzlich zu “Infrastrukturinvestitionen” umdefiniert. Die Realität bleibt dieselbe: Geld, das nicht da ist, kann nicht ausgegeben werden, egal, wie man es in den Büchern verbucht.
Internationale Kritik und systemische Überforderung
Wenn sogar der Internationale Währungsfonds – normalerweise diplomatisch bis zur Schmerzgrenze – öffentlich zum Sparen aufruft, dann brennt die Hütte lichterloh. Die IWF-Empfehlung, Sozialausgaben zu kürzen und die Rentenreform durchzuziehen, kommt einer Bankrotterklärung des französischen Modells gleich. Für ein Land, das sich gerne als Hort sozialer Gerechtigkeit inszeniert, ist das ein Schlag ins Gesicht.
Das Haushaltsdefizit von 5,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts spottet jeder EU-Regel. Die Drei-Prozent-Grenze ist längst Makulatur, die Rückkehr zu soliden Staatsfinanzen bis 2029 pure Fantasie. Frankreich reiht sich ein in die lange Liste europäischer Länder, die ihre Wohlfahrtsversprechen nicht mehr finanzieren können. Der Unterschied: Frankreich ist zu groß, um zu scheitern, aber auch zu groß, um gerettet zu werden. Ein Dilemma, das die gesamte Eurozone in den Abgrund reißen könnte.
Frankreichs Sozialstaat vor dem Kollaps: Rechnungshof warnt vor Zahlungsunfähigkeit