Ein Medikament, das ursprünglich für die Entwurmung von Tieren entwickelt wurde, sorgt in der Krebsforschung für Aufsehen: Fenbendazol. Fallberichte zeigen beeindruckende Remissionen bei Krebspatienten, die dieses kostengünstige Mittel einnahmen. Doch wie wirkt Fenbendazol, und ist es wirklich ein Durchbruch? Wir analysieren die Wissenschaft hinter den Schlagzeilen und die Herausforderungen auf dem Weg zur Anerkennung.
Fenbendazol (FBZ) ist ein Benzimidazol, das seit Jahrzehnten in der Veterinärmedizin zur Behandlung von Parasiten wie Würmern eingesetzt wird. Es ist kostengünstig, gut verträglich und rezeptfrei in vielen Ländern erhältlich. Seine Verwandten, Mebendazol und Albendazol, werden bereits erfolgreich bei menschlichen Parasiteninfektionen eingesetzt. Doch in den letzten Jahren rückte Fenbendazol ins Rampenlicht der Krebsforschung – nicht wegen seiner antiparasitären Wirkung, sondern wegen seiner potenziellen Fähigkeit, Krebszellen zu bekämpfen.
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Wie wirkt Fenbendazol gegen Krebs?
Der Schlüssel liegt in den Mikrotubuli, winzigen Strukturen in Zellen, die für die Zellteilung essenziell sind. Fenbendazol destabilisiert diese Mikrotubuli, ähnlich wie Chemotherapeutika wie Vinca-Alkaloide oder Taxane. Dadurch wird die Zellteilung blockiert, was besonders Krebszellen trifft, die sich schnell teilen. Studien zeigen weitere Effekte:
- Apoptose-Induktion: FBZ fördert den programmierten Zelltod in Krebszellen.
- Hemmung von Signalwegen: Es blockiert onkogene Signalwege wie STAT3 und aktiviert tumorunterdrückende Wege wie p53.
- Anti-Angiogenese: FBZ reduziert die Bildung neuer Blutgefäße, die Tumore für ihr Wachstum benötigen.
Präklinische Studien, wie die von Dogra et al. (2018) in Scientific Reports, bestätigen diese Mechanismen in Zelllinien und Tiermodellen. Eine verbesserte Nano-Formulierung (FBZ-Nano) zeigte sogar stärkere Effekte durch bessere Bioverfügbarkeit, was die geringe Wasserlöslichkeit des Standard-FBZ überwindet.
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Beeindruckende Fallberichte
Die Aufmerksamkeit für Fenbendazol wuchs durch anekdotische Berichte und Fallserien. Eine Studie von Chiang et al. (2021) beschreibt drei Patienten mit urogenitalen Krebsarten, die nach der Einnahme von FBZ vollständige Remissionen erlebten:
- Nierenzellkarzinom: Ein 63-jähriger Mann mit metastatischem Krebs, der auf Standardtherapien nicht ansprach, nahm FBZ (1 g, 3x wöchentlich) und zeigte nach 10 Monaten eine nahezu vollständige Tumorregression ohne Nebenwirkungen.
- Harnröhrenkarzinom: Ein 72-jähriger Mann mit Metastasen in Lunge, Lymphknoten und Gehirn kombinierte FBZ mit Vitaminen und CBD-Öl. Nach 9 Monaten verschwanden resistente Tumore vollständig.
- Blasenkrebs: Eine 63-jährige Frau mit invasivem Tumor nahm FBZ parallel zu Chemotherapie. Nach 6 Zyklen war der Tumor verschwunden, und sie bleibt krankheitsfrei.
Ein weiterer Fallbericht von Verweij et al. (2022) beschreibt einen Patienten mit metastatischem kolorektalem Krebs, der nach FBZ-Einnahme (1 g täglich, 3 Tage an/4 Tage aus) eine partielle Remission erzielte. Allerdings wurde FBZ hier mit einer anderen Therapie kombiniert, was die Interpretation erschwert.
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Warum ist Fenbendazol so spannend?
Die Fallberichte sind bemerkenswert, da die Patienten fortgeschrittene Krebsarten hatten, die auf konventionelle Therapien nicht mehr ansprachen. FBZ bietet mehrere Vorteile: es ist kostengünstig, vor allem im Vergleich zu “modernen Krebstherapien”. Es wird in der Regel gut vertragen. In den Fallberichten wurden keine Nebenwirkungen berichtet, was FBZ von vielen Chemotherapeutika abhebt. Und: das Medikament ist leicht verfügbar.
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Herausforderungen und offene Fragen
Trotz der vielversprechenden Berichte gibt es Einschränkungen:
- Mangel an klinischen Studien: Die Evidenz basiert auf Fallberichten und präklinischen Studien. Randomisierte, kontrollierte Studien fehlen, um die Wirksamkeit und Sicherheit beim Menschen zu bestätigen.
- Unklare Dosierung: Die optimale Dosis für den Menschen ist nicht etabliert. In den Fallberichten variierten die Schemata (z. B. 1 g, 3x wöchentlich vs. täglich).
- Bioverfügbarkeit: Die geringe Löslichkeit von FBZ kann seine Wirksamkeit einschränken, obwohl neue Formulierungen wie FBZ-Nano vielversprechend sind.
- Kombinationstherapien: In einigen Fällen wurde FBZ mit anderen Substanzen (z. B. Chemotherapie, Vitamine) kombiniert, was unklar macht, welcher Faktor die Remission verursachte.
- Selbstmedikation: Da FBZ als Veterinärmedizin verfügbar ist, besteht die Gefahr, dass Patienten es ohne ärztliche Aufsicht einnehmen, was Risiken birgt.
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Was sagt die Wissenschaft?
Experten wie Dr. John Campbell fordern eine dringende Untersuchung von FBZ durch Arzneimittelbehörden, da die Fallberichte beeindruckend sind und das Medikament sicher zu sein scheint. Doch die Wissenschaft bleibt vorsichtig: Ohne groß angelegte Studien bleibt unklar, ob FBZ ein „Wundermittel“ ist oder nur in spezifischen Fällen wirkt. Die präklinischen Daten von Dogra et al. (2018) legen nahe, dass FBZ mit anderen Chemotherapeutika synergistisch wirken könnte, was zukünftige Kombinationstherapien interessant macht.
Wie geht es weiter?
Die Fallberichte und präklinischen Daten sind vielversprechend, aber der Weg zur Anerkennung als Krebstherapie ist lang. Weitere Klinische Studien sind dringend nötig, um die Wirksamkeit, optimale Dosierung und Sicherheit zu klären. Bis dahin sollten Patienten vorsichtig sein und FBZ nur unter ärztlicher Aufsicht einnehmen. Dennoch: Ein Antiparasitikum, das Krebszellen angreift, ist eine faszinierende Geschichte, die die Krebsforschung bereichern könnte.
Und es lässt an Ivermectin denken, ebenso ein Antiparasitikum sowohl aus der Veterinär- als auch Humanmedizin, dem gute Eigenschaften in der Bekämpfung mancher Krebsarten zugeschrieben werden. Fenbendazol hat das Potenzial, die Krebstherapie zu revolutionieren – wenn die Wissenschaft die anekdotischen Erfolge bestätigen kann. Es bleibt zu hoffen, dass nicht wie bei anderen günstigen Mitteln die Profitgier der Pharmaindustrie obsiegt und die entsprechenden Papiere in irgendwelchen Schubladen verschwinden.
Fenbendazol: Ein Antiparasitikum als Hoffnungsträger in der Krebstherapie?