Die Ex-Kommunistin Federica Mogherini steht im Fokus der Ermittlungen der EU-Staatsanwaltschaft. Sie hat dank “Vitamin B” (sehr wichtig in Brüssel) einen Spitzenposten im Europakolleg zugeschanzt bekommen, für den die linke italienische Politikerin nicht einmal ansatzweise qualifiziert ist. Zudem wurden unter ihrer Aufsicht dort wohl auch EU-Gelder “missbräuchlich verwendet”.
Es gibt Politiker, die nach ihrer Amtszeit in Ruhe abtreten. Und es gibt jene, die sich mit bewundernswerter Zielstrebigkeit in die weich gepolsterten Sessel der europäischen Versorgungseinrichtungen fallen lassen. Federica Mogherini, italienische Sozialistin (in jungen Jahren sogar Kommunistin) aus dem Umfeld der Partito Democratico, gehört eindeutig zur zweiten Kategorie.
Kaum war ihre Zeit als Hohe Vertreterin der EU beendet, öffnete sich wie zufällig eine Tür im Collège d’Europe (Europakolleg) in Brügge – jener privaten Kaderschmiede, die den EU-Apparat zuverlässig mit frischem Führungspersonal versorgt. Ein Rektorenposten wurde frei, und Brüssel bewies eindrucksvoll, dass es sich um eine Stadt der kurzen Wege handelt (eine 15-Minuten-Stadt für abgehalfterte Politiker, sozusagen). Die hochschulinternen Vergaberegeln waren in diesem Fall offenbar eher als Empfehlung denn als Verpflichtung zu verstehen.
Manch einer mag überrascht gewesen sein, dass Mogherini nicht einmal eine vollständige akademische Qualifikation vorweisen musste (der Satiriker Martin Sonneborn war es jedenfalls damals schon nicht). Doch wer in der europäischen Politik lange genug auf den richtigen Sofas gesessen hat, weiß: Der wichtigste Abschluss ist nicht ein Doktortitel, sondern das Zertifikat “gut vernetzt und politisch zuverlässig”. Und darin ist Mogherini, trotz ihres überschaubaren akademischen Hintergrunds, zweifellos Expertin. Man kann ja keine politisch unabhängige Fachkraft über die Ausbildung künftiger EU-Kader walten lassen, oder? Und wenigstens kann man ihr nicht vorwerfen, irgendwelche Doktorarbeiten gefälscht oder zusammenkopiert zu haben.
Dass nun Ermittler plötzlich Fragen stellen und sich – neben des “Missbrauchs von EU-Geldern” (genauer gesagt wegen Subventionsbetrug) – für die Umstände dieser Personalentscheidung interessieren, wirkt dabei fast unhöflich. Schließlich hatte Mogherini lediglich getan, was in sozialdemokratischen Kreisen gern als “Dienst an Europa” verkauft wird: sich selbst einen angenehmen, üppig dotierten Spitzenposten sichern. Man darf ja wohl noch ambitioniert sein – auch wenn das nicht zwangsläufig etwas mit qualifiziert sein zu tun hat. Und wenn man schon einen Rektorenposten per Freunderlwirtschaft (wie man es so schön auf gut Österreichisch sagt) bekommen hat, dann erwidert man vielleicht auch noch ein paar Freundschaftsdienste.
Die Sozialdemokratie hat immer betont, dass man für die einfachen Leute kämpft. Man vergisst nur gelegentlich zu erwähnen, dass man dies bevorzugt aus sicheren Distanzlagen tut – zum Beispiel aus dem Büro einer europäischen Eliteakademie, ausgestattet mit stattlichem Gehalt (14.000 Euro im Monat muss das den Leuten ja durchaus wert sein, nicht?), gesellschaftlicher Bedeutung und einem Arbeitspensum, das in weiten Teilen des Kontinents eher als Naherholungsmaßnahme gelten würde.
Nun, da sich die belgischen Behörden ernsthaft mit den Hintergründen dieser fragwürdigen Personalentscheidung beschäftigen, bleibt abzuwarten, ob dieser Fall über die übliche Brüsseler Geräuschkulisse hinausreicht, oder aber nach dem Motto “Da lassen wir einfach Gras drüber wachsen, die Leute vergessen das eh.” bald wieder in der Versenkung verschwindet. Möglich ist alles, wahrscheinlich ist wenig. Denn das System schützt seine eigenen Leute zuverlässig und mit einer Loyalität, die man außerhalb der EU-Institutionen kaum noch findet.
Mogherini selbst dürfte sich jedoch relativ gelassen zeigen. Wer so reibungslos nach oben gefallen ist, wird wohl kaum damit rechnen, jemals unsanft zu landen. In der europäischen Spitzenpolitik gilt schließlich das erste Gesetz thermischer Politik: Heiße Luft steigt immer nach oben. Ob dort, in den Brüsseler Elfenbeintürmen, jemand überhaupt etwas kontrolliert, ist eine andere Frage. Doch Kontrolle war in diesem Fall ohnehin nie der Punkt. Entscheidend ist für die Eurokraten nur, dass die richtigen Personen an die richtigen Stellen kommen. Und wenn diese Personen zufällig Sozialisten sind, die Bescheidenheit predigen und gleichzeitig den nächsten hoch dotierten Versorgungsposten im Auge behalten – nun ja. Das nennt man in Brüssel schlicht gelebte europäische Solidarität.
Apropos Solidarität: Noch im Jahr 2019 hatte Mogherini den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Brüssel getroffen, um ihm die volle Unterstützung der EU in Sachen Druck auf Russland und Reformen im korruptesten Land Europas zuzusichern. Nun, wie es der Zufall so will, sieht sich der ukrainische Staatschef derzeit ebenfalls mit ein paar Korruptionsskandälchen konfrontiert. Aber vielleicht ist das ja die “Demokratie in Aktion”, die Brüssel so gerne beschwört. Freundschaft!
Federica Mogherini: Linke Bescheidenheit, EU-Privilegien & Subventionsbetrug
