Thomas Kolbe
Der EU-Gipfel am Donnerstag in Brüssel konzentrierte sich hauptsächlich auf Sicherheitsfragen. Um es klar zu sagen: Die Ukraine muss ihren verlorenen Krieg gegen Russland irgendwie in einen Sieg verwandeln, und die EU muss bis 2030 militärisch einsatzbereit sein. Dass dies nur mit einer funktionierenden Wirtschaft machbar wäre, ist im Machtzentrum Brüssel offenbar noch nicht angekommen. Stattdessen bereiten sie einen großen fiskalischen „Befreiungsschlag“ vor, der der Bürokratie einen üppigen Boom beschert.
Als Bundeskanzler Friedrich Merz für den EU-Gipfel nach Brüssel reiste, folgte ihm seine feurige Rhetorik über die EU-Bürokratisierung auf dem Fuß. „Lassen Sie es mich sehr bildhaft sagen: Wir müssen der Brüsseler Maschine einen Stock in die Speichen stecken, damit das aufhört“, erklärte Merz im September auf einer Konferenz des Mittelstands- und Wirtschaftsverbands – und spielte für einen kurzen Moment die Rolle eines Menschen, der die Sorgen der Kleinunternehmer versteht.
Leeres Medientheater
Angesichts des heutigen kafkaesken Bürokratiedrucks wird Merz in den kommenden Monaten voraussichtlich häufiger auf diese Art von Mittelstandsslang zurückgreifen – immer dann, wenn die Klagen aus der Industrie lauter werden und Forderungen nach einem Ende sinnloser Regulierungsschikanen ins öffentliche Bewusstsein dringen.
Doch niemand sollte ernsthafte Reformen erwarten. Das Beispiel der Umbenennung von „Bürgergeld“ in „Grundsicherung“ ohne jegliche strukturelle Veränderung zeigt, dass die Politik der deutschen Regierung auf eine Medienperformance hinausläuft, um Zeit zu kaufen, um den öko-sozialistischen Kurs Brüssels um jeden Preis zu verteidigen.
Der Gipfel bestätigte dies: Einige „Mini-Reformen“ sind erlaubt, um etwas Druck abzulassen – aber die grundsätzliche Linie ist unantastbar. Bis 2040 muss die EU klimaneutral produzieren, egal zu welchen Kosten – entweder durch radikale Entwachstum wie in Deutschland oder durch den Kauf von CO₂-Ablassbriefen anderswo. Solange die Klimabilanz stimmt, ist alles andere egal.
Loyaler Klimajünger
Trotz der scharfen Rhetorik bleibt Merz ein treuer Jünger der Brüsseler Regulierungs- und Klimapolitik. Zusammen mit 19 anderen europäischen Führungspersönlichkeiten legte er einen umfassenden Reformvorschlag zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der EU vor. In einem Brief an EU-Ratspräsident António Costa forderten sie die Kommission auf, alle Regeln bis Jahresende zu überprüfen, veraltete und übermäßige Vorschriften abzuschaffen und neue Gesetzgebung auf ein „absolutes Minimum“ zu reduzieren.
Das ist rhetorisches Schattenboxen. Harte Worte über Regulierungswahn – gefolgt von nichts. Im besten Fall werden Kritiker mit Subventionen ruhiggestellt. Es ist der älteste EU-Trick: Die heutige kreditfinanzierte Subvention erstickt den Widerstand und verschiebt den Preis – Inflation und höhere Steuern – in die Zukunft.
Meister des Ursache-Wirkungs-Verbergens
Brüssel ist Weltmeister im Verschleiern von Ursache und Wirkung.
Tatsächlich bereitet die EU bereits ein Schwergewichtsbudget von 2 Billionen Euro vor, das 2028 gestartet werden soll – mit grünen Subventionen und neuer Kriegsmaschinerie, alles zentral orchestriert und in nationale Bürokratien eingebettet. Im Falle Deutschlands wird die Schuldenwelle aus Brüssel durch weitere 50 Milliarden Euro pro Jahr aus „Sondervermögen“ ergänzt. Tausende neue Staatsstellen werden benötigt, um diesen Kreditschock zu verteilen.
Dass dies unweigerlich große Inflation und weitere Steuererhöhungen auslösen wird, erwähnt der Bundeskanzler lieber nicht. Die Stimmung in der Bevölkerung ist bereits… sagen wir: angespannt. Da muss man kein Öl ins Feuer gießen.
Kriegswirtschaft = Mehr Bürokratie
Der Aufbau einer europäischen Kriegswirtschaft – mit Deutschland als Zugpferd – wird den Staatsapparat weiter aufblähen. Verteidigungs- und Grüne Sektor zusammen bilden ein massives Verarmungsprogramm für die europäische Mittelschicht, die schamloser gemolken wird als je zuvor.
Steigende CO₂-Steuern, eine EU-weite Plastikabgabe, höhere Gewerbesteuer-Hebesätze, explodierende Arbeitskosten – der Bau eines EU-Superstaats und die Finanzierung seiner Klimaambitionen sind ein kostspieliges Vergnügen.
Deutschlands Unternehmen ersticken unter Bergen frisch geprägter EU-Regulierung. Allein die direkten Bürokratiekosten belaufen sich laut einer Studie der Bundesbank auf etwa 70 Milliarden Euro pro Jahr.
Bürokratielast wächst weiter
Wenn Bundeskanzler Merz nun die Bürokratie abbauen und den öffentlichen Dienst um 8 % verkleinern will – nachdem in nur 12 Monaten 50.000 neue Staatsangestellte eingestellt wurden – und gleichzeitig die bürokratische Belastung um ein Viertel reduzieren… bedeutet das im Grunde eines: Die grün-sozialistische Ideologie müsste tief beschnitten werden.
Doch der Gipfel machte eines klar: Während in den schwer angeschlagenen Volkswirtschaften Deutschlands, Italiens und Frankreichs langsam ein Bewusstsein wächst, bleibt der Klimakurs heilig. Netto-Null bleibt – ob das Zieljahr nun 2040 oder 2045 lautet. Zugeständnisse? Taschenspielertricks, die Lasten neu verteilen, ohne die politischen Grundlagen zu verändern.
Privatisierung der Staatsbürokratie
Wie abgehoben diese ideologische Steuerung von der wirtschaftlichen Realität ist, wird in neuen Arbeitsmarktdaten kristallklar. In den letzten drei Jahren hat die Regulierung 325.000 neue Arbeitsplätze in mittelständischen Unternehmen „geschaffen“. Die Presse feiert dies als Arbeitsmarkterfolg.
Doch diese Stellen sind lediglich ausgelagerte Regierungsbürokratie – finanziert von Unternehmen und Kunden. Sie produzieren nichts, verbessern nichts und reagieren auf keine Marktnachfrage. Sie sind Barrieren – neue Kostenstellen, die von einem metastasierenden Regulierungsregime auferlegt werden.
Industrieexodus beschleunigt sich
Die Folgen sind offensichtlich. Eine aktuelle Umfrage unter 240 Führungskräften in energieintensiven Branchen wie Stahl und Chemie zeigt: 31 % der Großunternehmen in Deutschland verlagern die Produktion ins Ausland. Weitere 42 % verzögern Investitionen oder verlagern sie an andere europäische Standorte.
Energiepreise, Überregulierung und wachsender Handelsdruck aus den USA – all das beschleunigt Deutschlands Deindustrialisierung – und wird durch eine Bürokratie verstärkt, die sich wie Bakterien in einer Petrischale vermehrt.
Doch weder CEOs noch Gewerkschaften wagen es, die groteske EU-Klimaagenda in Frage zu stellen. Brüssels Kreuzzug für das Klima ähnelt immer mehr einer sektiererischen Verschwörung gegen Rationalität und Wirtschaftslogik.
Die Lösung existiert bereits – direkt vom ehemaligen EZB-Chef Mario Draghi: mehr Schulden, ein weiteres 800-Milliarden-Euro-Megaprogramm zur „Steigerung der Produktivität“ – was bedeutet: mehr zentrale Kontrolle in Brüssel. Füge Klimaideologie plus Kriegswirtschaft hinzu – und das Rezept für die Zukunft der EU ist komplett.
Klimabürokratie: Die letzte Festung der Macht
Für Ursula von der Leyen und ihre Kommission ist Klimapolitik existenziell. Über die Jahre hat Brüssel eine tentakelbewehrte, subventionsgespeiste Bürokratie aufgebaut, die ihre Macht im direkten Verhältnis zum regulatorischen Eingriff in die Wirtschaft ausweitet.
Wo immer ein „Klima-Compliance-Beauftragter“ Berichte über EU-Entwaldungsregeln einreicht, lauert Brüssel ganz in der Nähe.
„Ubi Brussels, ibi Imperium.“
Sogar US-Tech-Giganten entdecken Europas Zensurapparat – zielen auf Plattformen wie X und Google ab, um die Kontrolle über das öffentliche Narrativ zu sichern und Kritik an Brüssels wachsendem Einfluss und gescheiterter Transformationsagenda zum Schweigen zu bringen.
Eine offene Debatte über das gescheiterte Grüne Regulierungsprojekt? Absolut verboten. Die gesamte Machtarchitektur der Brüsseler Bürokratie beruht auf CO₂-Panik. Wenn diese Panik stirbt, stirbt Brüssel mit ihr – und das wissen sie.
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Über den Autor: Thomas Kolbe, geboren 1978 in Neuss/Deutschland, ist Diplom-Volkswirt. Seit über 25 Jahren arbeitet er als Journalist und Medienproduzent für Auftraggeber aus verschiedenen Branchen und Wirtschaftsverbänden. Als Publizist konzentriert er sich auf wirtschaftliche Prozesse und beobachtet geopolitischen Geschehen aus der Perspektive der Kapitalmärkte. Seine Veröffentlichungen folgen einer Philosophie, die den Einzelnen und sein Recht auf Selbstbestimmung in den Mittelpunkt stellt.
