5. September 2025

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Er spielte für Frieden und Demokratie: Pianist Arne Schmitt in Haft

 

Arne Schmitt ist bekannt als “Friedenspianist”: In den düsteren Corona-Jahren spielte er sich in die Herzen zahlloser Menschen; er setzt sich unermüdlich für Demokratie und Frieden ein. Am 3. September wurde er verhaftet und sitzt nun in Untersuchungshaft.

Die Corona-Jahre waren nervenzerreißende Zeiten. Arne Schmitt, der mit seinem Piano um die Welt reist, konnte damals vielen Menschen mit seiner Musik Hoffnung geben. Unvergessen ist etwa sein Cover von “Mad World”:

Schmitt stand als Demokratie- und Friedensaktivist aber naturgemäß auch im Visier der Behörden. Zuletzt verteidigte er sich in einem Berufungsverfahren wegen eines Urteils wegen Landfriedensbruchs (wohlgemerkt mitsamt seines Konzertflügels) selbst – und wurde am 3. September überraschend im Berliner Landesgericht verhaftet. Jetzt sitzt er in U-Haft.

Schmitt wird vorgeworfen, einen Schöffen aus seinem Verfahren sowie einen Justizwächter angegriffen zu haben, wie das Medium Demokratischer Widerstand in Erfahrung brachte. Offenbar war die folgende Situation der Auslöser:

Schmitt wollte demnach die Namen der beisitzenden Schöffen erfahren, um gegen sie und den Richter Strafanzeige stellen zu können. Angesichts der tatsächlichen Gewalt, die inzwischen auf deutschen Straßen beobachtbar ist, kann man sich über das Video als Auslöser einer U-Haft jedoch sehr wundern.

Der Journalist Boris Reitschuster, entsetzt über die Inhaftierung von Schmitt, den er kennt und schätzt, kommentierte: “Ja, man kann die Aktion von Schmitt durchaus als dämlich bezeichnen. Wer ihn kennt, weiß, aus welchen Motiven er so handelt – aus seiner blauäugigen und ebenso naiven wie rührenden Grundüberzeugung heraus, dass Recht in Deutschland immer noch Recht ist, und er es einfach nur durchsetzen muss.” Die Einstufung der Aktion als “dämlich” war zuvor von Rechtsanwalt Markus Haintz gekommen, der kritisierte: “So was passiert, wenn man sich selbst verteidigt und Selbstjustiz betreibt.”

Das Vorgehen gegen Schmitt steht in absurdem Kontrast zu der Kuscheljustiz, die nie um Ausreden für echte Straftäter wie Gewalttäter und Vergewaltiger verlegen zu sein scheint. Ist Deutschland noch ein Rechtsstaat? Das wird von immer mehr Menschen bezweifelt. Auch Rechtsexperten wie Martin Schwab zeigen sich fassungslos.

Nachfolgend lesen Sie abschließend das Statement von Jura-Professor Martin Schwab (via Facebook):

LIEBE BERLINER STAATSANWALTSCHAFT, DAS HAT MIT JURA NICHTS ZU TUN!

Liebe Community,

Arne Schmitt, der durch seine zahlreichen Klavier-Auftritte auf regierungskritischen Demonstrationen bekannt ist, steht derzeit unter Anklage wegen angeblichen Landfriedensbruchs.

Heute wurde er im Gerichtssaal verhaftet und sitzt seither in Untersuchungshaft. Angeblich wollte er die Namen der Schöffen in Erfahrung bringen, angeblich ist ihm diese Auskunft verwehrt worden, und angeblich soll er dann einem Schöffen hinterhergelaufen sein, um dessen Namen in Erfahrung zu bringen.

Der Zeitung “Demokratischer Widerstand”, die nach den Gründen der U-Haft fragte, gab die Staatsanwaltschaft Berlin die folgende Antwort: https://demokratischerwiderstand.de/artikel/521/arne-schmitt-verhaftung-im-gerichtssaal

»Im Rahmen des Berufungsverfahrens erfolgte heute die Verhaftung aufgrund eines Untersuchungshaftbefehls, der durch das Amtsgericht Tiergarten auf Antrag der Staatsanwaltschaft erlassen wurde. Dem liegt der dringende Tatverdacht des Angriffs auf einen Schöffen und einen Justizwachtmeister zugrunde.

Als Haftgründe sind Flucht- und Verdunkelungsgefahr angeführt. Der Haftbefehl erging also in einem neu eingeleiteten, separaten Ermittlungsverfahren und nicht in dem Verfahren, das gerade verhandelt wird.«

Wie lange die Untersuchungshaft dauern wird, hänge »von vielen verschiedenen Faktoren« ab, so der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft, und sei daher »nicht prognostizierbar«.

Mich lässt diese Antwort ebenso ratlos wie fassungslos zurück.

Einen Straftatbestand “Angriff auf einen Schöffen/einen Justizwächter” gibt es nicht. Es gibt allenfalls einen Straftatbestand des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte (§ 114 StGB). Vollstreckungsbeamter ist, wenn überhaupt, allenfalls der angeblich angegriffene Justizwachtmeister. Dass es zu einer Körperverletzung gekommen ist, behauptet die Staatsanwaltschaft selbst nicht. Ich hätte jedenfalls von der Staatsanwaltschaft erwartet, dass sie den Straftatbestand, dessen Erfüllung sie Arne Schmitt vorwirft, präzise benennt.

Noch fragwürdiger ist die Darstellung der Haftgründe. Nach § 112 Abs. 2 StPO darf U.Haft nur bei Fluchtgefahr oder bei Verdunkelungsgefahr angeordnet werden. Fluchtgefahr besteht eindeutig nicht; er stellt sich seit Wochen dem gegen ihn gerichteten Strafverfahren wegen Landfriedensbruchs. Verdunkelungsgefahr besteht ebenfalls nicht: Es existieren Filmaufnahmen von dem angeblichen Angriff. Und die Gefahr einer unlautere Einwirkung auf Zeugen sehe ich ebenfalls nicht: Die Prozessbeobachter haben das Geschehene – wie ein Video von Björn Banane zeigt – mit blankem Entsetzen zur Kenntnis genommen. Dieses Entsetzen lässt sich – egal durch welche Einwirkung auch immer – nicht mehr steigern.

Was die Staatsanwaltschaft hier als Antwort auf die Presseanfrage der Zeitung “Demokratischer Widerstand” abliefert, ist eine Verhöhnung des Rechtsstaats. Will sie ihre Gedankengänge bei der Rechtsanwendung bloß nicht transparent machen oder weiß sie gar, dass es für den Haftbefehl in Wirklichkeit keinerlei Rechtfertigung gibt?

Sollte mir der Haftbefehl im Originalwortlaut in die Hände fallen, werde ich hierzu auf meinen Kanälen informieren.

Herzliche Grüße

Ihr und Euer

Martin Schwab

 

Er spielte für Frieden und Demokratie: Pianist Arne Schmitt in Haft