Forderungen nach einem Wiedereinstieg in die Atomkraft in Deutschland wären “Gefasel”, befindet ein Stern-Redakteur in einem Meinungsartikel. Er behauptet darin, die Kernkraft wäre “längst Teil unseres Klimaproblems”: Wegen Hitze müssten die Reaktoren nämlich alle gedrosselt werden, liefern also keinen Strom mehr. Eine steile These: Atomkraft soll also genauso wetterabhängig sein wie Wind und Solar. Ist das so?
Kommentar von Vanessa Renner
Drama! Weil das Wasser der Flüsse zu warm sei, müssten in Frankreich erste Atomkraftwerke gedrosselt werden. Für den “Stern”-Redakteur zeigt das eindeutig: Atomkraft hat keine Zukunft! Diese Meinung darf er natürlich vertreten, und er ist damit in Deutschland in guter Gesellschaft. Fragwürdig erscheinen nur die unterschlagenen Informationen, mit denen hier ohne Einordnung Stimmung gegen Atomstrom gemacht wird. Frei nach dem Motto: Klimaapokalypse frisst Atomenergie!
Frankreichs chronisch wartungsbedürftige Atomreaktoren stehen ohnehin ständig in der Kritik: Das wahre Problem ist und bleibt der Zustand seiner Meiler, die in peinlicher Regelmäßigkeit wegen Wartungsarbeiten und fälligen Reparaturen ausfallen. Doch auch wenn man dies ausblendet, ist die Aussage des Artikels nicht auf Deutschland übertragbar.
“Hitzeflaute” bei Atomstrom?
Das Wasser wäre zu warm, um die Reaktoren zu kühlen, so heißt es da wörtlich. Schon das ist falsch dargestellt: Den Knackpunkt erörtert man erst zwei Sätze später, wo es heißt, dass das zurückgeleitete Wasser “viel zu heiß” für Flora und Fauna wäre.
Es geht also nicht darum, dass das warme Flusswasser zur Überhitzung des Reaktors führen würde, auch wenn mancher grüner Mainstream-Journalist das sicher gern implizieren würde. Das Problem ist, dass bei der Kühlung mit Flusswasser das Wasser zusätzliche Wärme aufnimmt, also noch wärmer herauskommt. Zum Schutz von Gewässern existieren gesetzliche Grenzwerte, die festlegen, wie warm das zurückgeleitete Wasser sein darf. Werden die überschritten, muss gedrosselt werden. In Flammen steht da zum Leidwesen der Klimasekte natürlich nichts, es geht hier rein um rechtliche Vorgaben. In der Vergangenheit wurden besagte Grenzwerte auch immer wieder vorübergehend außer Kraft gesetzt.
Mit Naturschutz muss hier aber wahrlich niemand um die Ecke kommen, der ganze Waldstücke für Windräder abholzen will und die Effekte von PV- und Windkraftanlagen auf die Umwelt geflissentlich ignoriert. Dabei steht übrigens ausgerechnet die Austrocknung der Böden im Fokus, die man sonst so frenetisch zur Dürre-Apokalypse hochjubelt. Doppelmoral?
Keine Blackout-Gefahr in Frankreich, aber Deutschland mal wieder auf Importe angewiesen
Regelrecht ärgerlich scheinen für den “Stern”-Schreiberling die Zahlen der EDF (der staatlich dominierten französischen Elektrizitätsgesellschaft) zu sein: Im Jahresdurchschnitt hätten solche Drosselungen, wie sie seit dem Jahr 2000 stattfinden, die Stromproduktion nur um 0,3 Prozent reduziert. Eigentlich wenig verwunderlich, denn eine Drosselung entspricht ja keiner Abschaltung. Es wird also weiter Strom produziert. (Das tut ein Windrad, das bei Flaute in der “Hitzehölle” steht, übrigens nicht. Die PV-Anlagen, die die Bürger sich so eifrig aufs Dach gepflastert haben, werden derweil trotz bzw. wegen strahlenden Sonnenscheins abgeregelt – Netzüberlastung und so. Passiert mit grundlastfähigen Kraftwerken auch nicht, denn die liefern planbar Strom. Ja, auch Atomreaktoren! Dazu gleich mehr.)
Der Vogel abgeschossen wird dann, wenn moniert wird, dass nun auch noch die Preise für die Deutschen steigen würden. Ja, warum denn? Weil Deutschland emsig Strom importiert, auch und gerade aus Frankreich. Wie wäre es denn, wenn man einfach mal eine gewisse Energieautarkie anstreben würde, statt sich gemütlich darauf zu verlassen, dass das Ausland die desaströse “Energiewende” schon ausbügeln wird? Dass Deutschland gerade erst wieder auf teure Importe angewiesen war, lag am fehlenden Wind. Mit den alten AKW hätte man Tag und Nacht starken Rückhalt gehabt, denen war Flaute nämlich genauso egal wie Hitze. Warum?
Stichwort: Kühlturm
Nicht einmal Frankreich hat nur Meiler, die direkt mit Flusswasser kühlen und entsprechend durch Grenzwerte in Bedrängnis kommen können. Der Redakteur blendet aus unklaren Gründen gänzlich aus, dass diese Art der Kühlung gar nicht die Regel ist. Die abgeschalteten deutschen Atommeiler – und die sind für die Frage nach einem Wiedereinstieg in Deutschland ja schließlich relevant – hatten Kühltürme. Mit einem Kühlturm können AKWs auch im Hochsommer durchlaufen. Die Zurückleitung von erwärmtem Flusswasser entfällt, Grenzwerte sind also irrelevant.
Ach, und wer sich generell daran stört, dass Flusswasser für die Kühlung entzogen wird: In China sind bereits gasgekühlte Reaktoren auf dem Vormarsch. Grundstein für diese Technologie legten einst die Deutschen. Das erfordert natürlich Forschung und Technologieoffenheit – etwas, das im vergrünten Land der Nicht-mehr-Denker inzwischen außer Mode gekommen ist. Schade eigentlich. Dann muss man eben weiter Atomstrom aus dem Ausland importieren und jammern, dass der zu teuer wäre – während die eigenen, besseren Anlagen abgeschaltet und zerstört wurden…
Desinformation im Mainstream: Bei warmen Temperaturen kein Atomstrom?