7. Juni 2025

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Chinas Autoindustrie im Zwielicht: Der Skandal der “Null-Kilometer-Gebrauchtwagen”

 

China entpuppt sich immer öfter als ein Land der manipulierten Wirtschaftsdaten. Auch die Automobilindustrie ist davon betroffen. Den offiziellen Verkaufsdaten kann man nicht mehr vertrauen. Offensichtlich sind die chinesischen Stromer doch nicht so beliebt, wie es den veröffentlichten Zahlen nach zu sein scheint.

Hinter den schillernden Verkaufszahlen von Elektrofahrzeugen, die das Land als Vorreiter der “grünen Revolution” präsentieren, braut sich ein Skandal zusammen, der die Glaubwürdigkeit der Branche untergräbt. Es geht um „Null-Kilometer-Gebrauchtwagen“ – fabrikneue Fahrzeuge, die als verkauft deklariert werden, ohne je einen echten Käufer gefunden zu haben. Diese Praxis verzerrt nicht nur die Marktdynamik in China, sondern wirft ihre Wellen bis in die Autohäuser Europas.

Verkaufszahlen als Trugbild

Die Kulissen der chinesischen Autoindustrie sind beeindruckend: Gigantische Fabriken, milliardenschwere Subventionen und Verkaufszahlen, die westliche Konkurrenten in Ehrfurcht erstarren lassen. Doch hinter dieser Fassade verbirgt sich ein System, das weniger von Nachfrage als von Manipulation getrieben ist. Berichten zufolge registrieren Hersteller wie BYD oder Dongfeng neue Fahrzeuge, versehen sie mit Kennzeichen und melden sie als verkauft – obwohl sie ungenutzt in Lagern oder auf Händlerplätzen stehen.

Wei Jianjun, Vorstandsvorsitzender von Great Wall Motor, brachte es auf den Punkt: „Gebrauchtwagen mit null Kilometern“ seien das Ergebnis eines brutalen Preiskriegs, der die Branche seit Jahren prägt. Tausende solcher Fahrzeuge überschwemmen Plattformen wie Guazi, getarnt als Schnäppchen, während sie in Wahrheit Überproduktion und verzweifelte Bilanzkosmetik verraten.

Im April 2025 lagerten rund 3,5 Millionen Fahrzeuge in den Beständen chinesischer Hersteller, viele davon bei weniger als 50 Prozent Auslastung der Produktionskapazitäten. Um diesen Druck zu lindern, werden Autos „verkauft“, ohne je die Hände eines Endkunden zu erreichen. Staatliche Subventionen, die China zur Supermacht der Elektromobilität machen sollen, verschärfen das Problem. Milliarden fließen in Forschung, Produktion und Kaufanreize – ein System, das Hersteller dazu verleitet, Verkäufe zu melden, die nur auf dem Papier existieren.

Verbraucher in der Falle, Märkte in der Krise

Für Käufer wirken diese „fast neuen“ Fahrzeuge verlockend. Rabatte von bis zu 30 Prozent unter dem Listenpreis sind keine Seltenheit. Doch der Schein trügt. Wer ein solches Schnäppchen ergattert, riskiert böse Überraschungen: Garantien, die bereits mit der Registrierung ablaufen, unklare Eigentumsverhältnisse oder gar unbezahlte Kredite, die am Fahrzeug haften. Der BYD Qin L, ein Flaggschiff der Elektromobilität, wird auf Gebrauchtwagenmärkten teilweise 40 Prozent unter Listenpreis gehandelt – ein Zeichen für die verzweifelte Lage der Branche.

Die Folgen reichen weit über enttäuschte Käufer hinaus. Künstlich aufgeblähte Verkaufszahlen täuschen Investoren, verschleiern die wahre Nachfrage und verzerren den Wettbewerb. Ein Dominoeffekt entsteht: Preise für Gebrauchtwagen stürzen ab, Neuwagenmärkte geraten unter Druck, und europäische Hersteller spüren den Sog der chinesischen Kampfpreise.

Behörden greifen ein – oder greifen sie daneben?

Ende Mai 2025 rief das chinesische Handelsministerium die Branchengrößen zu einem Krisentreffen. BYD, Dongfeng und Plattformen wie Guazi standen Rede und Antwort. Die Behörden wollen die Aufsicht verschärfen und betrügerische Verkaufsmeldungen eindämmen. Man spricht von Regelwerken, die an die Bekämpfung von „Channel Stuffing“ in den USA erinnern – jener Praxis, bei der Unternehmen Überschussware in Vertriebskanäle drücken, um Umsätze zu schönen. Kann man den schönen Worten trauen? Solange Subventionen die Industrie fluten und der Druck auf Hersteller wächst, bleibt fraglich, ob kosmetische Maßnahmen die Wurzeln des Problems erreichen.

Auswirkungen auf Europa

Die Auswirkungen dieses Skandals reichen bis nach Europa. Viele der „Null-Kilometer-Gebrauchtwagen“ landen als Exportware auf dem Kontinent, wo sie trotz Zöllen durch Niedrigpreise locken. Europäische Käufer freuen sich kurzfristig über günstige Elektroautos, doch der Preis ist hoch: Die künstlich gestützten Verkaufszahlen verzerren den Markt, drücken die Margen heimischer Hersteller und verzögern eine ehrliche Bestandsaufnahme. Der Hang Seng Automobile Index in Hongkong verlor nach Bekanntwerden der Vorwürfe über zwei Prozent, BYD-Aktien sackten um 3,1 Prozent ab – ein Vorgeschmack auf die Erschütterungen, die noch kommen könnten.

Stehen wir vor dem Platzen einer Blase?

Die Wahrheit hinter Chinas Autowunder ist ernüchternd. Überproduktion, staatliche Subventionen und ein verzweifelter Preiskampf haben ein System geschaffen, in dem Zahlen mehr zählen als Realitäten. Kleinere Hersteller werden in diesem Spiel kaum überleben, während die Großen ihre Bilanzen mit Tricks aufpolieren. Doch die Zeit der Täuschung neigt sich dem Ende zu.

Ohne klare Regeln und Transparenz droht der Branche eine schmerzhafte Marktbereinigung. Und auch europäische Hersteller, gefangen in einem Markt voller Preisdruck und einem ideologisch getriebenen politischen Korsett, stehen vor einer ungewissen Zukunft.

 

Chinas Autoindustrie im Zwielicht: Der Skandal der “Null-Kilometer-Gebrauchtwagen”