13. November 2025

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Blackout made in Berlin: Wie die Regierung die Stromversorgung an die Wand fährt

 

Die Warnung ist deutlich – und kommt nicht von irgendwem: Energieexperte Fritz Vahrenholt schlägt Alarm. Deutschland steuert mit Vollgas auf eine selbstverschuldete Stromkrise zu. Während Kohle- und Kernkraftwerke abgeschaltet werden, fehlen Ersatzkapazitäten und die Bundesnetzagentur schaut tatenlos zu. Die Folge: Eine beispiellose Gefährdung der Versorgungssicherheit, die ganze Industriezweige und Millionen Haushalte ins Dunkel stürzen könnte. Was hier droht, ist kein Zufall, sondern politisch beschlossen. Ein Blackout mit Ansage.

Von Guido Grandt

Stellen Sie sich einen Winterabend vor: Kein Licht, keine Heizung, kein Internet – sämtliche Maschinen, Ampeln, Aufzüge, Geldautomaten und sogar Küchengeräte stehen still, die Fabriken schweigen, die Stadt hüllt sich in gespenstische Dunkelheit.

Was hier nach Science Fiction klingt, wird laut Fritz Vahrenholt längst zur greifbaren Gefahr. Denn: Die Versorgungssicherheit Deutschlands mit Strom ist – so seine These – nicht mehr gewährleistet.

Und wenn wir ehrlich sind: Genau das ist eine der stillen Katastrophen, von denen kaum gesprochen wird, weil Strom eben unsichtbar bleibt, solange er funktioniert. Doch wenn er fehlt, wird fast alles – Gesellschaft, Wirtschaft, Existenz – buchstäblich in den Schatten gestellt.

„Abschaltung statt Absicherung“ – Wie Deutschland sein Rückgrat verliert

Fritz Vahrenholt, ehemaliger SPD-Umweltsenator in Hamburg (1991-1997), Honorarprofessor im Fachbereich Chemie der Universität Hamburg, Buchautor und im Vorstand verschiedener Unternehmen in der Erneuerbaren-Energien-Branche spricht Anfang Oktober 2025 im liberal-konservativen Online-Meinungsmagazin Tichys Einblick Klartext:

Deutschland fährt mit voller Geschwindigkeit in einen Strom-Kollaps! Dabei stechen zwei Groß-Tendenzen hervor.

Stilllegung von regelbaren Kraftwerken

Grundlast- und regelbare Kraftwerke – Kohle, Steinkohle, Braunkohle – werden hierzulande aufgrund eines ökosozialistischen Klimawahns abgeschaltet, ohne dass vergleichbare Ersatzkapazitäten zur Verfügung stünden.

Vahrenholt zitiert, dass laut der Bundesnetzagentur bis 2031 sämtliche Steinkohle- und Braunkohlekraftwerke vom Netz gehen könnten.

Fehlende steuerbare Ersatzkapazitäten

Dabei fehlen fatalerweise große, steuerbare Kapazitäten, insbesondere Gaskraftwerke, die in Zeiten von Wind- und Sonnenflaute einspringen könnten.

Vahrenholt verweist auf eine Prognose: Bis 2030 fehlen voraussichtlich 17.000 bis 21.000 MW steuerbare Leistung – entsprechend rund 40 Gaskraftwerken. Er meint: „Die Versorgungslücke ist programmiert: Blackout und industrielle Zerstörung sind politisch beschlossen.“

Warum gerade jetzt die Gefahr wächst

Ein zentraler Begriff, den man verstehen muss, ist „Dunkelflaute“: Zeiten, in denen Wind kaum weht, die Sonne nicht scheint – und daher Photovoltaik und Windkraft nahezu keine Leistung bringen können.

In einem Netz mit hohem Anteil volatiler erneuerbarer Energien braucht man daher Rückgriffsmöglichkeiten – auf steuerbare Kraftwerke, große Speichersysteme oder Importkapazitäten.

Vahrenholt weist darauf hin, dass genau diese Rückgriffe in Deutschland nicht ausreichend nutzbar sind. Zusätzlich: Die Nachfrage nach Strom wächst durch Elektrifizierung (z. B. Wärmepumpen, Elektroautos, Digitalisierung).

Zudem erschweren weltweite Engpässe beim Bau von Gasturbinen den schnellen Ausbau von Gaskraftwerken. Vahrenholt nennt Hersteller wie Siemens Energy, GE Vernova und Mitsubishi – bis 2030 sollen sie bereits ausgebucht sein.

Zusammen ergibt sich folgende Rechnung in einem Satz dargestellt: Ausbau der Erneuerbaren + Stilllegung der konventionellen Anlagen + fehlende Ersatzkapazitäten = eine Versorgungskrise, die sich nicht ausblenden lässt.

Die Folgen – wenn das Licht ausgeht

Aber was bedeutet das konkret?

  • Blackouts: Zeiten, in denen die Stromversorgung nicht gewährleistet ist – nicht nur kurzfristig, sondern auch über Stunden oder sogar Tage.
  • Industrie-Ausfälle: In einem Industrieland wie Deutschland bedeutet Stromausfall auch Produktionsstopp, Arbeitsplatzverlust, Wertvernichtung.
  • Kritische Infrastruktur betroffen: Krankenhäuser, Verkehrssysteme, Kommunikation – sie alle sind abhängig von Strom.
  • Gesellschaftliche Instabilität: Wenn Grundversorgung wackelt, schwankt Vertrauen in Staat und Markt.

Und Vahrenholt unterstreicht: Das ist kein hypothetisches Szenario mehr – das ist politisch beschlossen.

Hintergründe und politische Dynamiken

Vahrenholt richtet scharfe Kritik an die Politik. Einige Punkte daraus:

  • Er wirft der Bundesregierung vor, zwar den Ausbau der Erneuerbaren unbeirrt voranzutreiben, dabei aber die Absicherung der Versorgung außen vorzulassen.
  • Der CO₂-Preis für Kohlekraftwerke wird als Hebel genannt, der viele Betreiber zur Stilllegung zwingt. Denn bei einem zu erwartenden CO₂-Preis von 120 €/t CO₂ können sie ihre Anlagen nicht mehr wirtschaftlich betreiben.
  • Die Bundesnetzagentur wird als eine Art Akteur beschrieben, der möglicherweise eine Rolle bei der strukturellen Schwächung Deutschlands als Industriestandort spielt.

Wo genau steckt der Knackpunkt? – Zwei zentrale Schwachstellen

Zeitliche Dimension: Auch wenn der Betrieb von Gaskraftwerken möglich ist – der Bau braucht Jahre. Vahrenholt zitiert, dass „diese Gaskraftwerke niemals in den nächsten 5 Jahren gebaut werden können.“

Globale Konkurrenz: Weltweit bauen Staaten Gaskraftwerke – z. B. Vietnam mit 22 Anlagen bis 2030 – wodurch Hersteller-Kapazitäten strapaziert und Lieferzeiten verlängert werden. Die USA werden allein bis 2028 50 Gaskraftwerke bauen.

Das heißt: Selbst bei politischem Willen ist die Umsetzung nicht kurzfristig möglich. Und genau diese Lücke – zwischen Abschaltung und Ersatz – wird zur hiesigen Achillesferse.

Warum das viele nicht sehen oder sehen wollen

Ein Blick auf Hintergrundfaktoren:

  • Erneuerbare Energien sind beliebt – politisch gesehen: Wind- und Solarenergie gelten als Zukunft.
  • Die Debatte über Versorgungssicherheit bekommt weniger Aufmerksamkeit als Kosten, CO₂-Reduktion oder Klimaziele.
  • Komplexe technische Fragen (Netzstabilität, Regelbarkeit, Reservekapazität) bleiben oft unsichtbar – und sind für viele schwer zu greifen.
  • Unternehmerische Rücksicht auf kurzfristige Kosten- und Klimaziele kann dazu führen, dass langfristige Investitionen in Versorgungssicherheit vernachlässigt werden.

Kurzum: Der Fehler liegt nicht unbedingt in der Intention – sondern darin, dass die Konsequenzen nicht vollständig gedacht wurden.

Meinungsstimme: Ein Appell zur Realität und Verantwortung

Wenn man aus Sicht eines Journalisten in diesen Themenraum blickt, erscheint Folgendes unverzichtbar: Es muss klar und ehrlich formuliert werden, dass eine reine Fokussierung auf wetterabhängige erneuerbare Energien ohne ausreichend Steuer- und Regelkapazität brandgefährlich wird. Sogar das gesamte Land destabilisieren kann!

Die Politik muss Zeitpläne, Investitionsgarnituren und Rückfallmechanismen offenlegen: Wie viel Reserveleistung existiert, wie viel wird gebraucht, wer baut sie, wer bezahlt sie?

Unternehmen und Gesellschaft müssen sich darauf einstellen, dass Versorgungssicherheit keine Selbstverständlichkeit ist – und entsprechende Konsequenzen ziehen (z. B. Produktionsstandorte, Risikomanagement).

Medien und Öffentlichkeit müssen die Versorgungssicherheits-Debatte viel stärker führen – nicht nur über Kosten oder CO₂-Reduktion, sondern über Infrastruktur, Regelfähigkeit, Netz und technische Realitäten. Denn: Der Strom, den wir nutzen, ist nicht nur ein Konsumgut – er ist das Lebens- und Produktions-Blut eines modernen Landes.

Der Schatten wird länger

Die Warnung von Fritz Vahrenholt ist vehement und radikal formuliert. Aber gerade deshalb verdient sie Aufmerksamkeit. Die Versorgungssicherheit mit Strom ist nicht mehr nur eine technische Frage – sie ist eine Frage der wirtschaftlichen Stabilität, der staatlichen Verantwortung und der gesellschaftlichen Zukunft.

Deutschland könnte in eine Phase eintreten, in der Licht nicht mehr selbstverständlich ist und die Industriemacht vollends ökonomisch sterben kann, wenn das Rückgrat – die verlässliche Stromversorgung – infrage gestellt wird.

Wenn wir das ernst nehmen, dann muss die Debatte viel ernsthafter und konsequenter geführt werden: über Reserveanlagen, über realistische Zeitpläne, über Kosten, über Prioritäten. Ebenso über die Frage, ob wir bereit sind, ein Risiko zu tragen, das wir bisher nicht öffentlich benannt haben.

Und vor allem: die politisch Verantwortlichen für dieses Desaster endlich zur Rechenschaft ziehen!

Guido Grandt (geb. 1963) ist investigativer Journalist, Publizist, TV-Redakteur und freier Produzent. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen auf Recherchen zu organisierter Kriminalität, Geheimgesellschaften sowie auf brisanten Themen aus Politik, Wirtschaft, Finanzen, Militär und Sicherheit. Darüber hinaus widmet er sich der Aufdeckung verborgener oder tabuisierter Hintergründe zeitgeschichtlicher Ereignisse. Guido Grandt veröffentlichte bisher über 40 Sachbücher und verfasste rund 6.000 Artikel. 

Quellen:

 

Blackout made in Berlin: Wie die Regierung die Stromversorgung an die Wand fährt