Von Pepe Escobar
Natürlich geht es um Alaska. Hier steht einiges auf dem Spiel – doch das Schattenspiel dahinter ist noch weitaus spannender.
Wer in den Swinging Sixties des Kalten Krieges aufgewachsen ist, kann kaum widerstehen, Donald Trump als „Goldfinger“ zu besetzen (aber wer würde Oddjob spielen? Hegseth?). Schließlich ist Goldfinger ein mächtiger, skrupelloser Spieler. Sein Motto im 21. Jahrhundert wäre: „Auslöschen und plündern“ – eine Orgie der Vernichtung und Ausbeutung, wann immer sich die Gelegenheit bietet. Alles wird der Suche nach dem „Golden Deal“ unterworfen. Mein Weg. Der einzige Weg.
Nun könnte Goldfinger sein – kollektives – Gegenstück gefunden haben.
Beim letzten Alaska-Gipfel – damals zwischen den USA und China in einem heruntergekommenen Hotel in Anchorage – bebte das geopolitische Schachbrett. Trump-Putin könnte ähnliches bewirken – aber nur unter bestimmten Bedingungen.
Für Alaska gibt es nur ein realistisches, optimales Endspiel: eine gemeinsame Absichtserklärung, die ein Folgetreffen – am besten auf russischem Boden – in Aussicht stellt. Ein Auftakt für einen langen, kurvenreichen Weg zu einer echten Neuordnung der US-russischen Beziehungen, möglicherweise auch zu einer Beilegung des Stellvertreterkriegs in der Ukraine.
Im Kern könnten sie sich darauf einigen, weiterzureden. Entscheidend wäre, wenn Goldfinger zusagt, keine Sekundärsanktionen gegen Russlands Partner zu verhängen. Das wäre ein enormer Sieg der BRICS (ohne Iran und Nordkorea).
Die BRICS schmieden aktiv eine Koalition gegen Goldfinger. Die Hauptakteure: Bär, Drache, Tukan und Elefant – die vier ursprünglichen BRIC-Gründer. Später käme die Nachtigall hinzu, da sie strategische Partnerschaften mit Bär, Drache und Elefant pflegt.
Doch in Alaska muss der oberste Bär bedenken, was für den russischen Generalstab und den Geheimdienst in Moskau unverzichtbar ist: Solange Goldfingers Helfer die Ukraine weiter mit Waffen und Informationen versorgen, wird ein „Waffenstillstand“ nur eine Atempause sein – Zeit für Kiew, bis an die Zähne aufzurüsten.
Das stellt den obersten Bären vor eine schwierige Aufgabe: Er muss radikale Kritiker daheim besänftigen, die ihm Gespräche mit dem Feind vorwerfen, und zugleich seinen schwächeren BRICS-Partnern etwas Handfestes liefern.
BRICS gegen Goldfingers Plünderungstaktik
Bär, Drache, Tukan und Elefant führen intensive Telefondiplomatie, um eine gemeinsame Antwort auf Goldfingers Tarif- und Plünderungsaktionen zu finden.
- Modi über Brasilien: „Eine starke, menschenorientierte Partnerschaft zwischen Ländern des Globalen Südens kommt allen zugute.“
- Lula über Indien: „Brasilien und Indien sind bisher am stärksten betroffen. Wir haben bekräftigt, wie wichtig es ist, den Multilateralismus zu verteidigen und die Herausforderungen der aktuellen Lage zu meistern.“
- Xi an Lula: China unterstützt Brasilien bei der Verteidigung seiner Souveränität; BRICS sei „eine wichtige Plattform für die Konsensbildung im globalen Süden“.
Goldfingers Tarifplünderung trifft:
- Indien, weil Neu-Delhi den riesigen Agrarmarkt nicht für zollfreie US-Importe öffnet (45 % der Inder leben von der Landwirtschaft) und weiterhin billiges russisches Öl kauft.
- Brasilien, wo es um Regimewechsel und den Zugriff auf die Naturressourcen geht.
Seine Manöver haben zu einer Entfremdung selbst von Verbündeten geführt – siehe Europas Unterwerfung – und den multilateralen Handel wie auch das Völkerrecht schwer beschädigt.
Kurz vor Ablauf der Zollpause für chinesische Waren verlängerte Goldfinger die Frist um 90 Tage – ein „TACO, noch mal von vorn“. Denn ein Ende der Zollpause würde die Wirtschaft der mit 37 Billionen Dollar verschuldeten „unverzichtbaren Nation“ noch tiefer in die Krise stürzen.
Goldfingers Spiel in der Arktis
Russland wird den USA kaum Zugang zur Nördlichen Seeroute (NSR) oder zur „Arktischen Seidenstraße“ gewähren. Schlüsselrolle: Russlands Atomflot – elf nukleare Eisbrecher (neun aktiv, zwei im Bau, darunter der Gigant „Rossiya“, der jederzeit überall in der Arktis navigieren kann) – kombiniert mit einem gewaltigen Arsenal neuer Waffensysteme.
Goldfingers Obsession: Die Nachtigall einkesseln
Der Fall „Nachtigall“ (Iran) ist komplex. Goldfinger setzt auf maximalen Druck: Hezbollah entwaffnen, den Libanon ins Chaos stürzen, Syriens Zerschlagung durch „al-Qaeda R Us“ legitimieren, UN-Sanktionen reaktivieren.
Dann der von Goldfinger gefeierte „historische Friedensgipfel“ mit Aserbaidschans Aliyev und Armeniens Pashinyan – tatsächlich nur ein vages, unverbindliches Memorandum of Understanding.
Brisant: Der 99-Jahres-US-Griff auf den Zangezur-Korridor („Trump Route for International Peace and Prosperity“, TRIPP) mit 40 % der Einnahmen für die USA, 30 % für Armenien und 1.000 US-Söldnern auf armenischem Boden, direkt an Irans Grenze. Ziel: einen NATO-Korridor bis ans Kaspische Meer zu öffnen.
Iran, Russland und China lehnen das strikt ab – es wäre eine direkte Bedrohung sowohl für den Internationalen Nord-Süd-Transportkorridor (INSTC) als auch für die chinesische Seidenstraße. Teheran hat unmissverständlich klargemacht, dass der Status des Zangezur-Korridors nicht verändert wird – notfalls mit Raketen.
Fazit: Alaska als Schachzug
In Alaska ginge es um eine komplette Neuordnung der Sicherheitsfragen zwischen USA und Russland – Ukraine nur als Teilaspekt. Doch es ist kaum vorstellbar, dass Putin Trump die gesamte Tiefe der NATO-US-Operationen gegen Russland am Verhandlungstisch darlegen kann.
Das wahrscheinlichste Ergebnis: Der Stellvertreterkrieg und die BRICS-Blockade („BBS“) gehen weiter, während der tiefe Staat weiter Kiew aufrüstet und an der NATO-Rüstung verdient. Selbst ohne eine neue Sicherheitsarchitektur könnten die BRICS dennoch versuchen, aus Goldfingers neuestem PR-Auftritt einen eigenen Sieg zu machen.
Bär, Drache, Elefant, Tukan und Nachtigall starren Goldfinger an