Die Einhaltung der Schuldenbremse war Wahlkampf-Thema der Union: Immer wieder wurde in regelrechter AfD-Manier betont, man werde entbürokratisieren und Deutschlands Ausgabenproblem angehen, statt neue Schulden zu machen. Nach der Wahl war dann urplötzlich alles ganz anders. Wirklich? Offenbar nicht: Berichten zufolge war der Schulden-Wortbruch von Friedrich Merz von langer Hand geplant und wurde schon vor der Wahl vorbereitet.
Journalist Robin Alexander berichtet in seinem Buch “Letzte Chance. Der neue Kanzler und der Kampf um die Demokratie”, das am 25. Juni erscheinen soll, dass Friedrich Merz schon eine Woche vor der Bundestagswahl Kontakt zum ehemaligen Bundesverfassungsrichter Udo di Fabio aufgenommen habe. Diese Information publizierte Alexander vorab bei “Politico“.
Dort führt er aus, dass die überdeutliche Kritik von JD Vance bei der Münchner Sicherheitskonferenz, wo er das undemokratische und freiheitsfeindliche Gebaren in Europa und auch in Deutschland speziell anprangerte, Merz dazu bewogen habe, den Bruch der Schuldenbremse schon vor der anstehenden Wahl in die Wege zu leiten. Hintergrund war demnach der Wunsch von Merz, unabhängig von den USA zu werden. Auch habe Merz sich daran gestört, dass JD Vance vor der Konferenz nicht nur mit ihm, sondern auch mit AfD-Chefin Alice Weidel gesprochen habe, ohne Merz das mitzuteilen.
Nach der Konferenz (und somit kurz vor der Bundestagswahl am 23. Februar) habe Merz Kontakt zum ehemaligen Bundesverfassungsrichter Di Fabio aufgenommen, um zu eruieren, ob sich Deutschlands Grundgesetz noch mit dem bestehenden Bundestag ändern lasse, um die Schuldenbremse zu kippen. Hintergrund war die erwartbare Entwicklung, dass im neuen Bundestag die nötigen Mehrheiten fehlen würden. Di Fabio soll Merz daraufhin ein Kurzgutachten zugesandt haben, wonach Merz nur ein Zeitfenster von 30 Tagen nach der Wahl bleiben würde, um das Grundgesetz mit den Mehrheitsverhältnissen des alten Bundestags zu ändern.
Die Öffentlichkeit korrekterweise vor der Wahl über den Wandel seiner Gesinnung zu informieren, hielt Merz anscheinend nicht für nötig. Entsprechend empört fallen die Reaktionen auf die Informationen aus, die Robin Alexander hier offenlegte. Merz wurde in seiner kurzen Amtszeit ohnehin schon mit zahllosen Vorwürfen überschüttet, er habe seine Wähler betrogen.
Gutachten wurde bezahlt
Eine Anfrage von “Nius” erbrachte nun obendrein, dass Di Fabio für sein Gutachten sogar bezahlt wurde: 9.500 Euro soll der ehemalige Richter für seine Expertise erhalten haben. “Nius” schlussfolgert, es könne “also kein Alleingang von Merz gewesen sein, an der Abkehr des zentralen Wahlversprechens zu arbeiten”.
Das Medium betont weiterhin, dass Merz am Tag nach der Wahl noch “betont unwissend, wie das Reh im Scheinwerferlicht” reagiert habe, als er auf die in Zukunft fehlende Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag angesprochen worden war. Er hatte geantwortet: „Der 20. Deutsche Bundestag ist im Amt bis – ähm – einschließlich – ähm – 24.3. Das heißt also, dass wir jetzt also noch vier Wochen Zeit haben, darüber nachzudenken, aber das möchte ich zurzeit nicht öffentlich tun.“
Die Bürger fühlen sich nun abermals betrogen. Immer mehr Menschen halten die Politik für verlogen und fühlen sich von ihren vermeintlichen Repräsentanten getäuscht und somit keineswegs mehr vertreten. Genau dieses einer Demokratie unwürdige Gefühl wird aktuell erneut bestärkt. Vielfach werden in den Kommentarspalten und in den sozialen Netzen jetzt Konsequenzen gefordert. Doch ob es solche geben wird, ist offen.
Alles nur Show? Merz plante den Schulden-Wortbruch offenbar schon vor der Wahl