Brisante Vorwürfe gegen SAGE – und welche Fragen sie über Wellcome Trust und globale Gesundheitspartner aufwerfen
Ein neuer Bericht der Daily Mail sorgt in Großbritannien für Diskussionen. Laut der Zeitung sollen 26 Mitglieder der wissenschaftlichen Notfallberatergruppe SAGE (wichtigste wissenschaftliche Beratungsgremium der britischen Regierung, das in nationalen Notlagen Empfehlungen abgibt – z. B. bei Pandemien, Naturkatastrophen oder anderen Krisen), die während der COVID-19-Pandemie zentrale Empfehlungen für die Regierung ausarbeiteten, insgesamt über 200 Millionen Pfund an Forschungsförderung vom Wellcome Trust erhalten haben – ohne diese Verbindungen vollständig offengelegt zu haben.
Die Untersuchung stammt von der Kampagnengruppe UsForThem, die das Interessenregister der SAGE-Mitglieder mit offenen Förderdatenbanken abgeglichen hat. Die Vorwürfe sind brisant, aber nicht abschließend belegbar; dennoch berührt die Diskussion einen wunden Punkt: die Transparenz wissenschaftlicher Beratung und die Überschneidung zwischen öffentlicher Gesundheitspolitik und privat finanzierter Forschung.
Welche Wissenschaftler sind betroffen?
Der Daily-Mail-Bericht nennt unter anderem Mitglieder, die in der Pandemie eine prominente Rolle spielten – etwa:
- Professor Neil Ferguson (Imperial College London)
- Professor Gavin Screaton (Oxford University)
- Professor John Edmunds (London School of Hygiene & Tropical Medicine)
- Professor Sir Jeremy Farrar (ehem. Direktor des Wellcome Trust, heute WHO-Chief Scientist)
- Professor Graham Medley
- Dr. Demis Hassabis (DeepMind / KI-Beratung)
- weitere SAGE-Teilnehmer aus Epidemiologie, Modellierung und Public Health
Die Fördergelder müssen nicht zwangsläufig persönliche Vorteile bedeuten – sie sind oft projektgebunden, laufen über Universitäten und Forschungsgruppen. Aber: Nicht offengelegte Finanzierungsströme in dreistelliger Millionenhöhe werfen Fragen auf, gerade wenn diese Forscher die Pandemiepolitik eines ganzen Landes mitgeprägt haben.
Der Wellcome Trust: Wissenschaftsförderer mit enormem Einfluss
Der Wellcome Trust ist einer der größten biomedizinischen Geldgeber weltweit – mit einem Vermögen von rund 36 Milliarden Pfund. Die Stiftung finanziert:
- Impfstoff- und Medikamentenforschung
- epidemiologische Modellierung
- Genetik und Biotech
- globale Gesundheitsprogramme
Wellcome arbeitet häufig mit internationalen Akteuren zusammen, darunter auch mit der Bill & Melinda Gates Foundation. Beide agieren unabhängig voneinander, treten aber regelmäßig gemeinsam als Förderer globaler Gesundheitsinitiativen auf.
Dass mehrere SAGE-Wissenschaftler jahrelang Mittel vom Wellcome Trust erhielten, ist nicht ungewöhnlich – doch im Kontext politischer Entscheidungsfindung hätte Transparenz erwartet werden können. Genau diese Offenlegung soll laut Daily-Mail-Bericht unvollständig oder lückenhaft gewesen sein.
Bill Gates, Wellcome Trust und globale Gesundheitsnetzwerke
Die Gates-Stiftung und der Wellcome Trust gehören seit Jahren zu den prägenden Kräften internationaler Gesundheitsförderung.
Besonders relevant:
- CEPI (Coalition for Epidemic Preparedness Innovations), gegründet 2017 von
- der Gates-Stiftung,
- dem Wellcome Trust,
- mehreren Regierungen (u. a. Deutschland, Norwegen, Japan).
CEPI spielte in der Corona-Zeit eine zentrale Rolle bei der Förderung von Impfstoffplattformen.
Brisant wirkt in diesem Zusammenhang auch, dass das Europabüro der Bill & Melinda Gates Foundation in London angesiedelt ist – Die Gates-Stiftung und der Wellcome Trust sitzen zwar nicht im selben Gebäude, befinden sich jedoch nur rund 1,2 Kilometer voneinander entfernt – etwa 15 Gehminuten. Eine räumliche Nähe, die zwar nichts beweist, aber dennoch Fragen nach der engen Verzahnung von Forschung, globalen Stiftungen und politischer Beratung aufwirft.
Warum sorgt das für Diskussionen?
Weil SAGE-Mitglieder gleichzeitig:
- politische Entscheidungen beeinflussten,
- Forschungsmittel aus denselben transnationalen Gesundheitsnetzwerken erhielten,
- und eng mit Organisationen arbeiteten, die in der Impfstoffentwicklung aktiv sind.
Beweisbar ist ein Interessenkonflikt daraus nicht, aber die Überschneidungen sind eng und wirken brisant – vor allem, weil Transparenzregeln für staatliche Beratungsgremien streng sind.
Bill Gates’ Besuche im Vereinigten Königreich – zeitlicher Überblick
Bill Gates war in den letzten Jahren mehrfach in Großbritannien. Offizielle Anlässe:
Vor der Pandemie
- Treffen mit britischen Regierungsvertretern zu Impfstoffförderung und globaler Gesundheit
- Besuche beim Wellcome Trust in London
Während der Pandemie
- Virtuelle Gespräche mit Premierminister Boris Johnson über Impfstoffentwicklung und Pandemieplanung
- Austausch mit Forschergruppen zu globalen Strategien
Nach der Impfeinführung
- COP26 in Glasgow (2021)
- Treffen in Downing Street (2022) zur Pandemieprävention und Impfstoffforschung
- 2023 London-Besuch, inkl. Interviews und Treffen mit globalen Forschungspartnern
Es gibt keinen Beweis, dass diese Besuche direkten Einfluss auf Entscheidungen von SAGE hatten.
Aber: Die enge personelle, finanzielle und thematische Verzahnung zwischen Wellcome, Gates-Stiftung und britischen Forschungseinrichtungen wirkt politisch sensibel – besonders, wenn Transparenzmängel im Raum stehen.
Fazit: Keine Beweise – aber viele offene Fragen
Der Daily-Mail-Bericht zeigt vor allem eines:
- Wissenschaftliche Beratung, staatliche Pandemiepolitik und private Forschungsförderer sind eng miteinander verflochten.
- Transparenzlücken bei Millionenförderungen an Regierungsberater sind problematisch.
- Die Rolle großer Stiftungen wie Wellcome und der Gates-Foundation wird zunehmend kritisch hinterfragt, gerade in Bereichen, in denen Forschung und Politik sich überschneiden.
Ob diese Verflechtungen politische Entscheidungen tatsächlich beeinflusst haben, ist nicht belegbar.
Doch die Tatsache, dass solche Fragen aufkommen, zeigt ein wachsendes Bedürfnis nach offener, nachvollziehbarer wissenschaftlicher Beratung.
