Die Bundeswehr braucht mehr Rekruten, darüber war sich die Politik einig. Nicht jedoch darüber, wie das genau funktionieren soll. Nun haben sich Union und SPD auf zentrale Punkte verständigt.
Die schwarz-rote Koalition hat sich nach mehrwöchigen Diskussionen auf eine Reform des Wehrdienstes geeinigt. Das erfuhr t-online am Mittwochabend aus Teilnehmerkreisen. Zuvor trafen sich die Verhandler der Koalitionsfraktionen mit den Fraktionschefs Jens Spahn (CDU), Matthias Miersch (SPD) und Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), um die letzten strittigen Punkte zu klären. Nach mehreren Stunden konnte demnach ein Kompromiss erzielt werden.
Wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr, sollen sich die Politiker auf eine flächendeckende Musterung und Zielmarken für den Aufwuchs der Truppe geeinigt haben. Bei einem Scheitern der Freiwilligkeit soll der Bundestag über eine sogenannte Bedarfswehrpflicht entscheiden können, bei der auch ein Zufallsverfahren zur Auswahl genutzt werden kann.
Am Donnerstagmorgen wollen Union und SPD zunächst zu Sonderfraktionssitzungen zusammenkommen. Anschließend will die Koalition die Einigung der Presse vorstellen.
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Monatelange Verhandlungen
Union und SPD hatten sich über Monate hinweg über das Gesetz gestritten. Ende August beschloss das Bundeskabinett den Entwurf von Verteidigungsminister Pistorius, der beim Wehrdienst zunächst auf Freiwilligkeit setzt. Die Union forderte allerdings mehr Pflichtanteile.

Danach folgte im Bundestag ein langes Ringen der Koalitionsfraktionen um eine Anpassung des Gesetzes, die alle Seiten zufriedenstellen sollte. Eine Verhandlungsgruppe aus Norbert Röttgen und Thomas Erndl für die Union sowie Siemtje Möller und Falko Droßmann für die SPD arbeitete wochenlang an einem Kompromiss.
Mitte Oktober glaubten die Fraktionen, eine Lösung gefunden zu haben. Doch kurz bevor sie den Kompromiss der Öffentlichkeit präsentieren wollten, mussten sie die Pressekonferenz absagen, weil der Verteidigungsminister in der SPD-Fraktionssitzung massive Bedenken angemeldet hatte.
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Flächendeckende Musterung
Wie sich in den vergangenen Tagen abzeichnete, haben die Verhandler die umstrittene Frage der Musterung offenbar schon im Vorfeld gelöst. Pistorius hatte darauf gedrängt, komplette Jahrgänge zu mustern, um einen Überblick über Wehrfähigkeit und Tauglichkeit zu erhalten.
Das war einer der Gründe, warum sich der Verteidigungsminister gegen den ursprünglichen Kompromiss der Verhandler gestellt hatte. Der sah bei zu wenigen Freiwilligen vor, dass das Los entscheidet, wer zu einer verpflichtenden Musterung kommen muss.
Die flächendeckende Musterung war Teil des ursprünglichen Entwurfs von Pistorius und soll nun wohl erhalten bleiben. Vonseiten der Bundeswehr hieß es bei der Expertenanhörung am Montag, damit könne ab Juli 2027 begonnen werden. Rund 300.000 junge Männer pro Jahr müssten dann gemustert werden. Für die Bundeswehr wird das eine enorme organisatorische und logistische Herausforderung
Die Frage, wie junge Männer nach einer flächendeckenden Musterung eingezogen werden sollen, falls sich nicht genügend Freiwillige melden, hatte die Koalition bis zuletzt entzweit.
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