Die meisten Krankheiten sind ein Ergebnis aus Genetik, Umweltfaktoren, Ernährung und Lebensgewohnheiten. Eine von deutschen Wissenschaftlern entwickelte KI mit dem Namen “Delphi-2M” soll die Prognosen für künftige Erkrankungen massiv verbessern. Doch es gibt Risiken.
Schon bei klassischen Arztbesuchen sind Fragen zu Krankheiten innerhalb der Familie (Diabetes, Herzinfarkte, Krebs…) sowie zum individuellen Lebensstil (Ernährung, Sport, Alkohol- und Tabakkonsum…) üblich. Für die Mediziner sind solche Faktoren wichtig, um verschiedene Laborergebnisse und Symptome einordnen zu können. So ergibt sich nämlich ein grobes Gesamtbild, welches die Behandlung von Patienten erleichtert.
Doch Wissenschaftlern aus Deutschland war dies nicht genug. Sie fütterten ein KI-System namens “Delphi-2M” mit über 400.000 Krankengeschichten aus der US-Biobank, ergänzten dies mit Daten zu Lebensstil, Körpergewicht, Rauch- und Trinkgewohnheiten und versuchten so, ein möglichst umfangreiches Bild zu erhalten.
Bei einem Test mit zwei Millionen Krankendaten in Dänemark erwies sich die Künstliche Intelligenz als ziemlich zuverlässig. Denn offenbar gibt es in Sachen Erkrankungen ein universelles Muster, das von dem Programm erkannt werden kann. Und das auch noch bis zu Jahrzehnten im Voraus. Sozusagen Big Data im weißen Kittel.
Anstatt Krankheiten hinterherzulaufen, ließe sich so womöglich Prävention konkretisieren. Screening-Programme könnten gezielter ablaufen, Vorsorgeuntersuchungen präziser angeboten werden. Wer heute gesund wirkt, aber laut KI in zwanzig Jahren ein klares Risiko für Herzinfarkt oder Demenz trägt, könnte gezielt vorbeugen oder frühzeitig medizinisch behandelt werden. In einer alternden Gesellschaft, die sich ohnehin auf eine “silberne Welle” chronischer Leiden zubewegt, sind solche Instrumente potenziell ein Fortschritt.
Allerdings handelt es sich hierbei um Wahrscheinlichkeiten und nicht um Sicherheiten. Kann sein, muss nicht sein. Wenn jemand als “Hochrisikopatient” etikettiert wird, wird er vielleicht anders behandelt – von Ärzten, Versicherungen (!), Arbeitgebern. Prävention ist das eine, aber Selektion das andere.
Delphi-2M ist zwar keine bloße “Überwachungstechnologie”, doch im schlimmsten Fall kann sie im Zusammenspiel mit einer Digitalen ID und dem “gläsernen Bürger” dazu führen, dass jeder Einzelne klassifiziert und kategorisiert wird. Im besten Fall jedoch kann sie dazu beitragen, bestimmte Erkrankungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln und so ein längeres und gesünderes Leben zu ermöglichen. Im schlimmsten Fall gibt man dem Staat ein weiteres Werkzeug an die Hand, um die Bürger zu gängeln und zu “erziehen”.
So soll die KI “Delphi-2M” Krankheiten Jahrzehnte im Voraus prognostizieren