Der Krieg rückt immer näher — mitten in Hamburg probt die Bundeswehr schon den Ernstfall. Unter dem Decknamen Red Storm Bravo wird nicht mehr nur im Hafen, sondern erstmals direkt in zivilen Vierteln geübt. Eine Simulation, die weit über klassische Manöver hinausgeht, denn sogar der Arbeitszwang für Bürger wird getestet. Die Hansestadt, so zeigt sich, ist längst zur NATO-Drehscheibe geworden – und im Kriegsfall damit Zielscheibe, wie ganz Deutschland. Dabei hat die Bundesregierung all das selbst zu verantworten.
Von Guido Grandt
ed Storm Bravo begann am 25. September 2025 in Hamburg und dauert drei Tage. Eine Kriegsübung, die erstmals nicht nur den Hafen, sondern auch Wohnviertel in der Innenstadt umfasst. Bundeswehrkolonnen rollen Tag und Nacht durch die Stadt, Hubschrauber kreisen über zivilen Gebieten – „Knallgeräusche“ und „Rauchentwicklung“ inklusive. Die Bundeswehr kündigte zuvor an: geübt werde für den „Ernstfall“ und „so nah an der Realität wie möglich“.
Szenario: Aufmarsch gegen Russland
Das Übungsszenario:„Ein baltischer Staat fühlt sich bedroht und bittet nach Artikel 4 des NATO-Vertrages um Konsultation. „Wir müssen in der Lage sein, große Truppenkontingente der Nato zu verlegen – und der Gegner muss wissen, dass wir das können„, erklärte Oberstleutnant Jürgen Bredtmann, Sprecher der Bundeswehr in Hamburg dazu.
Multinationale NATO-Truppen samt schwerer Waffenausrüstung kommen im Hamburger Hafen an und werden von dort auf Schiene und Straße nach Osten verlegt, Richtung russische Westgrenze. Vorbeugend, ohne vorherigen Angriff Russlands. Laut Kurt Leonards, dem verantwortlichen Kommandeur des Landeskommandos Hamburg, müsste die Hansestadt im Kriegsfall den Transport von bis zu 200.000 Fahrzeugen an die Front organisieren. Schon jetzt also wird geprobt, wie ziviles Leben für militärische Nachschublogistik zurückgedrängt werden kann.
Beteiligte Akteure und Geheimhaltung
Neben Bundeswehreinheiten, Führungsakademie, Bundeswehrkrankenhaus und Feldjägern sind noch weitere Truppen in die Militärübung eingebunden. Welche Waffen und NATO-Partner teilnehmen, verschweigt die Bundesregierung genauso wie der Hamburger Senat unter Verweis auf „militärische Geheimhaltung“. Ebenso die konkreten Schauplätze und andere staatliche Beteiligte.
Zivil-Militärische Zusammenarbeit
Besonderes Augenmerk liegt auf der Kooperation mit zivilen Akteuren. Dazu gehören die Feuerwehr, das Technische Hilfswerk, die Polizei, die Hamburger Hafenbehörde, die Behörde für Inneres und Sport sowie zivile Unternehmen. Genannt werden diesbezüglich Airbus, Blohm + Voss.
Die Lokalpresse informiert nicht nur über Verkehrsmeldungen zu Kolonnenfahrten, sondern auch darüber, wie sich Zivilisten im Verkehr den Militärzügen gegenüber zu verhalten haben. Sie alle sind „integraler Bestandteil“ des Manövers. Jörn Plischke, Stabschef des Hamburger Landeskommandos, nannte konkret: „Die Übung dient vor allem der internen Vernetzung, dass man schon im Frieden weiß, wen man anrufen soll, wenn es düster wird.“
Test zum „Arbeitszwang“ von Bürgern im Ernstfall
Fast niemand kennt das sogenannte „Arbeitssicherstellungsgesetz“ von 1968. Und doch wird auf dieser Grundlage auch in Hamburg geübt. Konkret testet die Agentur für Arbeit erstmals die Anwendung dieses Gesetzes. Und das hat es wahrlich in sich!
Im Arbeitssicherstellungsgesetz (ASiG) ist geregelt, wie im Verteidigungs- oder Spannungsfall (also im Krieg oder in einer schweren Krise) die Arbeitskräfte in Deutschland für militärische und zivile Zwecke eingesetzt werden können.
Kernpunkte:
- Arbeitszwang: Bürgerinnen und Bürger können verpflichtet werden, bestimmte Tätigkeiten für die Bundeswehr oder andere „kriegswichtige“ Bereiche (z.B. Transport, Energie, Versorgung) zu übernehmen.
- Zuweisung: Die Agentur für Arbeit darf Menschen Arbeitsplätze zuweisen – unabhängig von deren bisherigen Berufen oder Wohnorten.
- Betriebssicherung: Unternehmen müssen weiterarbeiten, wenn sie als für die Kriegsführung oder Versorgung relevant eingestuft werden.
- Rechtsgrundlage: Das ASiG ist ein sogenanntes „Notstandsgesetz“ und tritt nur bei einem offiziell festgestellten Spannungs- oder Verteidigungsfall in Kraft.
Kurz gesagt: Das „Arbeitssicherstellungsgesetz“ ermöglicht dem Staat im Kriegsfall eine Zwangslenkung von Arbeitskräften, um militärische und versorgungsrelevante Aufgaben sicherzustellen. Die Regierung kann also eine „Verpflichtung in Arbeitsverhältnisse“ und eine „Beschränkung der Beendigung von Arbeitsverhältnissen“ verhängen. Haben Sie das gewusst?
Deutschland als Drehscheibe — und damit als eines der Ziele für militärische Gegenschläge
Die Bundesregierung weiß um die Konsequenzen dieser Entscheidung und handelt trotzdem: Mit Red Storm Bravo probt die Bundeswehr gemeinsam mit Staat und Wirtschaft die Umsetzung des sogenannten „Operationsplans Deutschland“.
Gemeint ist nichts Geringeres als die Positionierung der Bundesrepublik als zentrales Aufmarsch- und Transitland der NATO für Truppen- und Nachschubverlegungen Richtung Osten. Dabei war und ist die Entscheidung, das Land als zentrale Aufmarschachse zu etablieren, politisch gewollt! Berlin hoffte damit, sein Gewicht in der NATO und in der EU zu stärken. Und das zu Lasten der Zivilbevölkerung und ungeachtet dessen, dass dadurch für Deutschland in „besonderem Maße“, wie es heißt, eine „Bedrohung“ erwächst. Auch militärisch.
Unfassbare Risiken für die deutsche Zivilbevölkerung
Noch einmal: Diese strategische Einordnung hat einen fatalen Preis: Sie macht Deutschland — und insbesondere logistischen Drehpunkte wie die Millionenstadt Hamburg — zu potenziellen Zielen feindlicher Angriffe. Da der Großteil der Bundeswehr im Kriegsfall dann entweder auf dem Weg an die Ostfront oder dort bereits kämpfen würde, blieben für die Landesverteidigung lediglich mobilisierte Reservisten oder Heimatschutzkräfte. Ein unfassbares Risiko für die heimische Bevölkerung! Aber keiner sagt Ihnen das. Die hiesige Politik schweigt.
„Blaupause“ für einen kommenden Krieg
Mit Red Storm Bravo wird Hamburg zur Blaupause einer künftigen Kriegswirtschaft. Während die Bundeswehr die vermeintliche „Realität“ einübt, wächst die Gefahr, dass aus dem Manöver eines Tages blutiger Ernst wird — vielleicht früher, als viele glauben. Die Hansestadt ist dann nicht länger nur bloße Kulisse, sondern potenzielles Schlachtfeld. Genauso wie ganz Deutschland. Und die Bevölkerung soll sich daran gewöhnen: Schritt für Schritt.
Guido Grandt (geb. 1963) ist investigativer Journalist, Publizist, TV-Redakteur und freier Produzent. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen auf Recherchen zu organisierter Kriminalität, Geheimgesellschaften sowie auf brisanten Themen aus Politik, Wirtschaft, Finanzen, Militär und Sicherheit. Darüber hinaus widmet er sich der Aufdeckung verborgener oder tabuisierter Hintergründe zeitgeschichtlicher Ereignisse. Guido Grandt veröffentlichte bisher über 40 Sachbücher und verfasste rund 6.000 Artikel.
NATO-Manöver „Red Storm Bravo“ in Hamburg – Aufmarsch gegen Russland