3. Juli 2025

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Zehn Verteidigungsminister betreten einen Raum in China…

 

Pepe Escobar

Die SOZ kann etwas, was die NATO nicht kann: Feindseligkeiten entschärfen – indem sie ihren eurasischen Mitgliedsstaaten und der gesamten multipolaren Welt „unteilbare Sicherheit“ bietet.

Die Verteidigungsminister aller zehn Mitglieder der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) trafen sich letzte Woche in Qingdao in der chinesischen Provinz Shandong.

Das allein ist schon dramatisch. Nicht nur, weil es ein Aufwärmen für den jährlichen SOZ-Gipfel ist, der später in Tianjin mit den Staatschefs stattfindet. Sondern auch, weil am selben Tisch Russland, China, Indien und Iran sowie Pakistan saßen – die führenden BRICS-Mitglieder. Indiens Verteidigungsminister war zum ersten Mal seit fünf Jahren in China und sah seinem pakistanischen Kollegen nach heftigen Schusswechseln gegenüber. Der iranische Minister kam direkt nach dem von den USA orchestrierten Waffenstillstand zwischen Israel und Iran.

Als wäre das nicht genug, fand das Treffen der SOZ fast zeitgleich mit dem NATO-Gipfel in Den Haag statt.

Pakistans Verteidigungsminister Khawaja Muhammad Asif brachte es auf den Punkt: Im Gegensatz zur NATO könne die SOZ „den Frieden in dieser Region fördern“. Chinas Verteidigungsminister Dong Jun betonte, die SOZ sei ein „stabilisierender Anker“.

Der kollektive Westen – inzwischen zersplittert durch US-Präsident Donald Trump – hat keine Ahnung, worum es bei der SOZ geht. Die 25 Jahre alte multilaterale Organisation wurde wenige Monate vor dem 11. September 2001 gegründet und umfasst zehn Vollmitglieder, zwei Beobachterstaaten und 14 Dialogpartner – fast die Hälfte der Weltbevölkerung, von Osteuropa (Ungarn) bis zum Pazifik und Indischen Ozean.

Die SOZ ist keine asiatische NATO – sie ist kein offensives Militärbündnis. Sie bezeichnet sich selbst – typisch chinesisch – als „riesiges Schiff der Sicherheit“.

Ursprünglich wurde sie geschaffen, um die sogenannten „drei Übel“ – Terrorismus, Separatismus, Extremismus – zu bekämpfen. Inzwischen ist sie zu einem wirtschaftlichen Kooperationsmechanismus geworden. Beim jüngsten Petersburger Wirtschaftsforum moderierte der SOZ-Generalsekretär Nurlan Jermekbajew einen Runden Tisch zur gemeinsamen Logistik-, Finanz- und Energieinfrastruktur – unter Leitung von Sergej Katyrin, Präsident der russischen Industrie- und Handelskammer.

Ein weiteres Podium, moderiert von Alexej Gromyko, Direktor des Europa-Instituts der Russischen Akademie der Wissenschaften, mit Sergey Glazyev (Unionsstaat Russland-Weißrussland) als Hauptredner, verknüpfte die SOZ mit der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAEU) und diskutierte deren Rolle in einer multipolaren Weltwirtschaft.

Heute betreibt die SOZ nicht nur Terrorabwehr-Übungen und Informationsaustausch, sondern auch wirtschaftliche Zusammenarbeit im Einklang mit kulturellen Erwartungen verschiedener Zivilisationen – ein multipolarer Organismus per Definition.

Strategisches Dreieck Russland–Iran–China

Das zentrale Thema in Qingdao war das sogenannte „Primakow-Dreieck“ – benannt nach dem russischen Premier Jewgeni Primakow, der ein autonomes russisches Machtzentrum in einer multipolaren Weltordnung vorsah. Heute verkörpert durch RIC: Russland, Iran, China. Diese drei zivilisatorischen Mächte treiben die eurasische Integration voran – Indien ist außen vor.

Russlands Verteidigungsminister Andrej Belousow traf sich privat mit seinem chinesischen Kollegen Dong Jun und Irans Verteidigungsminister Aziz Nazirzadeh. Am SCO-Tisch nahm Belousow kein Blatt vor den Mund: Er verurteilte die Angriffe der USA und Israels auf den Iran als Verstöße gegen die UN-Charta und das Völkerrecht. Moskau habe Deeskalation vorgeschlagen. Zudem erklärte er, dass die internationalen Institutionen zur Sicherung globaler Stabilität auf ein „inakzeptables Niveau“ gesunken seien.

Er warnte vor der Ausbreitung „terroristischer Ideologien“ und Kämpfertransfers von Westasien nach Afghanistan.

Zum Ukraine-Krieg erklärte Belousow, Russland sei auf dem Vormarsch, während Kiew auf „Terrortaktiken“ zurückgreife – kein Widerspruch von SCO-Mitgliedern.

Indiens Sonderrolle: Aufrüsten statt Strategie

Indien war vor allem mit seiner Einkaufsliste beschäftigt: Verteidigungsminister Rajnath Singh bat Belousow persönlich um Nachrüstungen für die Su-30MKI und schnellere Lieferung der verbleibenden S-400-Systeme (Gesamtwert: 5,43 Mrd. Dollar). Drei Einheiten wurden geliefert, zwei weitere sollen bis 2026 folgen. Die S-400 spielten eine Schlüsselrolle während der Operation „Sindoor“ – Indiens Minikrieg gegen Pakistan.

Iran rüstet mit China auf

Nach dem israelisch-iranischen Kabuki-Waffenstillstand wandte sich Teheran an Peking, um 40 J-10CE-Kampfjets zu prüfen (Exportversion der J-10C). Verhandlungen laufen seit über 10 Jahren.

Die J-10C ist kostengünstiger als russische MiG-35 oder Su-35E, aber beide Klassen ergänzen sich – der IRGC könnte beide beschaffen.

Iran besitzt bereits Su-35 – wie viele, ist unklar. Russland bietet bis zu 24 Jets (zwei Staffeln) an. Auch S-400-Luftabwehrsysteme sind im Gespräch.

Aber mehr als Flugzeuge braucht der Iran Spionageabwehr: Sabotage aus dem Inneren – Drohnenabschüsse, Bomben, Attentate – trafen hart während des 12-Tage-Krieges mit Israel.

Gegenbild: NATO in Den Haag

Vergleichen wir: Während in Qingdao Frieden und Kooperation diskutiert werden, entschied die EU in Den Haag – nach Erpressung durch NATO-Generalsekretär Mark Rutte –, 650 Mrd. € (rund 695 Mrd. $), die sie nicht hat, für US-Waffen bereitzustellen. Ziel: Krieg gegen Russland – und später gegen China.

Damit jedes NATO-Mitglied 5 % des BIP für Verteidigung ausgeben kann, müssten die 325 Mrd. € von 2024 fast verdreifacht werden – auf fast 1 Billion €.

Die Rechnung ist klar: Steuererhöhungen, Sozialabbau, Austerität. Der Diebstahl russischer Vermögen (300 Mrd. €) hilft kaum – das reicht nicht mal für ein Jahr.

Alle Minister in Qingdao wissen: Die NATO führt bereits Krieg gegen Russland – und bald vielleicht auch gegen China. Russland hat über 13.000 Raketen und bald die Kapazität, jährlich 300 Hyperschallraketen zu bauen – genug, um Europas gesamte Häfen und Flughäfen auszuschalten.

Putins Nachspiel in Minsk

Unmittelbar nach Qingdao sprach Präsident Putin auf dem EAEU-Forum in Minsk: „Zum Glück stabilisiert sich die Lage im Nahen Osten. Der Konflikt zwischen Israel und dem Iran liegt hinter uns.“

Ob das stimmt, ist fraglich. Aber Putins Fokus liegt klar auf Geowirtschaft: Er lobte neue EAEU-Abkommen mit Vietnam, Singapur, Serbien – und die kommenden mit den VAE. Die Integration mit BRICS, ASEAN, AU, SCO – alles läuft.

Zum Schluss: Der Iran bestätigte offiziell den Wechsel vom US-GPS zum chinesischen Beidou-Navigationssystem – ein strategischer Paukenschlag im Technologiekrieg.

Nächster Schritt: Su-35 und J-10CE eintüten.

 

 

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