27. Juni 2025

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Die wichtigste Lehre aus dem Iran? Kim Jong Un hatte mit allem Recht

 

Arnaud Bertrand

Es ist schwer, all die wirklich schrecklichen Präzedenzfälle aufzuzählen, die Israel und die USA mit ihrem Verhalten gegenüber dem Iran im jüngsten Krieg geschaffen haben. Aber wenn wir es in einem Satz zusammenfassen müssten, dann wäre es: „Maximale Paranoia und Geheimhaltung ist die einzige vernünftige Sicherheitsstrategie.“

Der Iran war paradoxerweise in vielerlei Hinsicht zu transparent, vernünftig und kooperativ – er akzeptierte die internationale Überwachung, die zielgerichtete Informationen lieferte, ließ sich auf diplomatische Prozesse ein, die sich als ausgeklügelte Fallen erwiesen, und hielt sich an Vereinbarungen, die einseitig aufgekündigt wurden.

Kurzum, die wichtigste Lektion für jeden vernünftigen Drittstaat lautet paradoxerweise: Sei wie Nordkorea.

 

Hauptlektion 1: Man muss Atomwaffen haben, aber man muss sie außerhalb jeder internationalen Überwachung entwickeln

Als Nordkorea Anfang der 2000er Jahre beschloss, tatsächlich Atomwaffen zu benötigen, trat es dauerhaft aus dem Atomwaffensperrvertrag aus, warf alle internationalen Inspektoren hinaus und verweigerte jegliche Überwachung. Im Jahr 2006 führte es dann seinen ersten Atomtest durch und wurde im Wesentlichen unangreifbar.

Der Iran hingegen versuchte, die Dinge „verantwortungsvoll“ anzugehen, indem er die IAEO-Überwachungsvereinbarungen einhielt, obwohl er nukleare Fähigkeiten entwickelte. Hat ihnen das geholfen? Ganz im Gegenteil – jede größere Anlage, die bei den jüngsten Angriffen getroffen wurde (Natanz, Fordow, Isfahan), war den Angreifern aufgrund der laufenden IAEO-Inspektionen genau bekannt. Die Transparenz des Irans hat keinen Schutz verdient, sondern eine Anleitung zum Zielen geliefert.

Schlimmer noch: Am Tag vor Beginn der israelischen Angriffe stellte die IAEO fest, dass der Iran zum ersten Mal seit 20 Jahren seinen Verpflichtungen im Nuklearbereich nicht nachkam – und belohnte den Iran im Wesentlichen für seine jahrzehntelange Zusammenarbeit mit der Behörde, indem sie Israel diplomatische Deckung für den Angriff gab.

Die Lektion ist eindeutig: Das Verhalten Israels und der USA hat nicht nur die entscheidende Bedeutung der Entwicklung von Atomwaffen bestätigt – und damit jahrzehntelange Bemühungen um die Nichtverbreitung von Atomwaffen zunichte gemacht –, sondern auch bewiesen, dass die Aufrechterhaltung jeglicher Zusammenarbeit oder Transparenz während der Entwicklung von Atomwaffen selbstmörderisch ist, da sie den Feinden nur hilft, einen noch effektiver ins Visier zu nehmen.

 

Lektion 2: Diplomatie ist schlimmer als nutzlos

Der Iran hat jahrzehntelang gutgläubige Diplomatie betrieben, dem Gemeinsamen Umfassenden Aktionsplan (JCPOA) im Jahr 2015 zugestimmt, sein Atomprogramm eingefroren und alle Verpflichtungen gegenüber der IAEO vollständig erfüllt. Wie wurde diese Zusammenarbeit belohnt? 2018 kündigte Trump das Abkommen einseitig auf, verhängte erneut Sanktionen und begann, die iranische Wirtschaft zu strangulieren.

Noch kürzlich tappten die Iraner erneut in eine diplomatische Falle, die sich als Finte entpuppte: Scheinverhandlungen wurden genutzt, um Zeit für einen gemeinsam geplanten US-israelischen Angriff zu gewinnen, während dieser Angriff wiederum damit gerechtfertigt wurde, dass der Iran „gescheitert“ sei, unannehmbare Bedingungen zu akzeptieren – nämlich die vollständige Einstellung der Urananreicherung und den Abbau aller Nuklearanlagen – Bedingungen, die so gestaltet waren, dass der Iran sie ablehnen musste, damit man ihm die Schuld an einem „Scheitern“ der Gespräche geben konnte.

Das Timing entlarvt die bewusste Inszenierung: Am 12. Juni stellte die IAEO „zufällig“ fest, dass der Iran „erstmals seit 20 Jahren nicht mehr konform“ sei, und nur Stunden später begannen die israelischen Luftangriffe, die in Abstimmung mit den USA geplant worden waren. Das zeigt klar: Der gesamte diplomatische Prozess war eine Tarnung für einen längst geplanten Angriff.

Vergleicht man das mit Nordkorea: Nach gescheiterten diplomatischen Abkommen in den 1990er Jahren lernte Nordkorea die Lektion, die der Iran nicht begriff, und brach jegliche diplomatische Kontakte ab, vollendete sein Atomprogramm im Geheimen und kehrte erst 2018–2019 zu Verhandlungen zurück – bewaffnet und unangreifbar.

Die Lektion für andere Länder ist eindeutig: Diplomatische Verhandlungen, während man verwundbar ist, bieten keinen Schutz – sie helfen aktiv dabei, dich zu vernichten. „Gutgläubige“ Gespräche werden zu Informationsbeschaffungsaktionen für den Feind. Vertragskonformität wird als Schwäche ausgelegt. Diplomatie wird zur Falle, um einen hinterrücks anzugreifen.

Kurz gesagt: Wenn eine westliche Macht das nächste Mal einem verwundbaren Land „Verhandlungen“ anbietet, sollte dieses Land davon ausgehen, dass es eine Falle ist – denn basierend auf dem Iran-Präzedenzfall ist es das höchstwahrscheinlich auch

 

Lektion 3: Lehne westliche Technologie ab und entwickle ein vollständig eigenständiges System

Nordkorea verfügt bekanntlich über ein völlig isoliertes technologisches Ökosystem, das immun ist gegen Cyberangriffe, Lieferketten-Manipulation und Fernsabotage – alles Angriffsvektoren, die den Iran im jüngsten Konflikt schwer getroffen haben.

Im Gegensatz dazu hat der Iran westliche Technologie tief in seine Infrastruktur integriert. Dieser „moderne“ Ansatz erwies sich als katastrophal: Während der Angriffe warnten die iranischen Behörden ihre Bürger verzweifelt, WhatsApp zu löschen, weil man befürchtete, dass Daten an Israel weitergegeben würden. Israelische Geheimdienstmitarbeiter konnten hochrangige Generäle direkt auf ihren privaten Handys kontaktieren und ihnen und ihren Familien mit dem Tod drohen – ein klares Zeichen, wie tief Israels Geheimdienste in Irans Kommunikationsstruktur eingedrungen sind.

Der Pager-Angriff auf die Hisbollah ist ebenso aufschlussreich: Da die Hisbollah nicht über eigene Technologien verfügte, war sie auf ausländische Anbieter angewiesen – diese stellten sich als israelische Tarnfirmen heraus, die Sprengstoff direkt in die Geräte eingebaut hatten.

Oder nehmen wir KI-Systeme wie „Evangelium“ und „Lavendel“, die Israel im Gazastreifen gegen Palästinenser einsetzt – trainiert mit abgefangenen privaten Daten, offenbar auch von WhatsApp. Diese Systeme verwandeln Gespräche in Zielparameter für Attentate.

Die Erkenntnis: Jede ausländische Technologie – vor allem westliche – ist ein potenzieller Angriffsvektor. Nordkoreas Isolation wird oft als rückständig belächelt, aber in einer Welt, in der Konnektivität gleich Verwundbarkeit bedeutet, erscheint sie als fortschrittlichste Form der Selbstverteidigung.

 

Lektion 4: Präventivschläge und gezielte Tötungen von Zivilisten sind jetzt legitim

Ein besonders erschreckender Präzedenzfall dieses Krieges ist die Normalisierung von Präventivschlägen – also Angriffen nicht, weil jemand eine Bedrohung darstellt, sondern weil er irgendwann einmal eine darstellen könnte.

Israel und die USA begründeten ihren massiven Angriff nicht damit, dass der Iran bereits Atomwaffen habe, sondern damit, dass er irgendwann in der Lage sein könnte, sie zu bauen. Damit wurde die Schwelle zum Kriegseintritt massiv gesenkt: Jedes Land, das möglicherweise eines Tages fähig sein könnte, eine Bedrohung zu werden, kann sofort angegriffen werden.

Wir leben damit in einer Art „Minority Report“-Dystopie. Im Unterschied zum Buch braucht es nicht einmal mehr Beweise für ein zukünftiges Verbrechen – allein das Potenzial genügt, um Bomben fallen zu lassen und tausende Menschen zu töten.

Noch schlimmer ist die systematische Ermordung von Zivilisten – inklusive Kindern. Man höre sich die von der Washington Post veröffentlichte Aufnahme eines Mossad-Agenten an, der einen iranischen General anruft:
„Ich kann Ihnen jetzt raten, Sie haben 12 Stunden Zeit, um mit Ihrer Frau und Ihrem Kind zu fliehen. Ansonsten stehen Sie sofort auf unserer Liste… Wir sind Ihnen näher als Ihre eigene Halsvene.“
Diese Aufnahme wurde offenbar vom Mossad selbst veröffentlicht – als gezielte Einschüchterungsbotschaft an die Welt.

Und sie haben es tatsächlich getan: Zivilisten wurden ermordet – nicht nur Generäle und deren Familien, sondern auch Wissenschaftler, Beamte, Politiker. Der Präzedenzfall steht: Wenn dein Land als Bedrohung gilt, wird jeder zum Ziel. Niemand ist mehr Zivilist.


Fazit

Jedes Land muss heute davon ausgehen, dass der Westen Transparenz als Schwäche, Kooperation als Verwundbarkeit und Nachgiebigkeit als Einladung zum Angriff ansieht. Der Iran-Konflikt hat gezeigt: Es ist strategischer Selbstmord, sich auf internationale Institutionen einzulassen, Überwachung zu akzeptieren, Vereinbarungen einzuhalten oder westliche Technologie zu nutzen.

Donald Trump hat das wohl Unvorstellbare geschafft: Er hat Kim Jong Un vollständig gerechtfertigt.

 

 

Die wichtigste Lehre aus dem Iran? Kim Jong Un hatte mit allem Recht