In einem aktuellen Artikel warnt das Wall Street Journal vor der wachsenden Terrorgefahr durch Jugendliche in Europa. Gleich mehrfach angesprochen werden dabei junge Extremisten in Österreich: eine 14-Jährige, die “Ungläubige” töten wollte, ein 14-Jähriger, der vorhatte, einen Bahnhof anzugreifen, sowie die jungen Männer, die Anschläge auf Taylor-Swift-Konzerte planten. Diese Angriffe konnten vereitelt werden, doch die Behörden sind mit den wachsenden Risiken für die innere Sicherheit zunehmend überfordert.
Dieser Artikel erschien zuerst auf exxtra24.at
In den ersten acht Monaten nach Ausbruch des Gaza-Kriegs im Oktober 2023 wurden 60 islamistische Terrorverdächtige unter 18 Jahren in Europa festgenommen – das berichtet das Wall Street Journal, das in diesem Report auch Wiens gefährliche Terror-Kinder erwähnt.
In Europa mehren sich Fälle, in denen Jugendliche – teilweise im Alter von nur 13 oder 14 Jahren – wegen mutmaßlicher Terrorpläne festgenommen werden, berichtet aktuell das bekannte Wall Street Journal (WSJ). Österreichs gefährliche Terror-Kinder werden dabei mehrmals erwähnt.
Allein in den ersten acht Monaten nach Ausbruch des Gaza-Kriegs im Oktober 2023 wurden laut dem Terrorismusforscher Prof. Peter Neumann (King’s College London) 60 islamistische Terrorverdächtige unter 18 Jahren in Europa festgenommen. Zwei Drittel davon waren Jugendliche – eine bisher nie dagewesene Dimension. Auch rechtsradikale Strukturen rekrutieren zunehmend junge Menschen. Belgien verzeichnete zwischen 2022 und 2024 in rund einem Drittel aller Terrorermittlungen Minderjährige als Beschuldigte.
Terroranschlag auf Taylor-Swift-Konzert vereitelt
Besonders deutlich wurde die Bedrohung im Fall eines vereitelten Anschlags auf drei Taylor-Swift-Konzerte in Wien im Sommer 2024. Drei Jugendliche im Alter von 17 bis 19 Jahren hatten laut CIA-Angaben einen „weit entwickelten Plan“ geschmiedet, bei dem Hunderte Menschen hätten sterben können. Die Jugendlichen hatten sich über verschlüsselte Plattformen wie Signal organisiert, sich online Wissen über Waffen und Sprengstoff angeeignet und sogar Lagepläne der Konzertarena ausgetauscht.
Die Ermittlungen führten in mehreren Ländern zu Festnahmen. In Belgien wurde unter anderem der 19-jährige Tschetschene Abdul Kerim Gadaev verhaftet, der seit der Abschiebung seines Vaters aus Frankreich im Jahr 2021 zunehmend isoliert war. Laut Anklage hatte er online erklärt, ein neues „Bataclan 2.0“ durchführen zu wollen – in Anlehnung an den Pariser Anschlag von 2015, bei dem 90 Menschen getötet wurden.
Auf Gadaevs Handy fanden Ermittler unter anderem Propagandamaterial über den IS, ein Bild des abgetrennten Kopfes des ermordeten französischen Lehrers Samuel Paty, sowie Recherchen zu islamistischen Attentätern. Im Verhör beteuerte Gadaev, er habe „nicht gewusst, dass es falsch war“, was er tat – und nannte seine Onlineaktivität „nur performativ“.
Radikalisierung im Internet
Sicherheitsexperten sehen in der digitalen Welt einen Nährboden für Extremismus. Laut dem Thinktank Institute for Economics and Peace wurden 93 % der tödlichen Anschläge in westlichen Ländern in den letzten fünf Jahren von sogenannten Einzeltätern begangen. Diese agieren oft ohne klare ideologische Führung – beeinflusst durch Propaganda, Algorithmen und persönliche Frustration.
„Was früher 16 Monate dauerte, geht heute in wenigen Wochen“, erklärt Extremismusforscherin Julia Ebner vom Institute for Strategic Dialogue. Besonders Künstliche Intelligenz beschleunige die Dynamik: „KI-generierte Videos wirken emotional tief, sie ersetzen praktisch den klassischen charismatischen Rekrutierer – nur hundertfach effektiver.“
Besonders perfide: Online verschwimmen ideologische Grenzen. Rechtsextreme Jugendliche greifen auf Symbole und Vokabular des Dschihadismus zurück, während junge Islamisten sich der Ästhetik des White Supremacy bedienen. Was sie verbindet, ist die Ablehnung westlicher Werte, der Wunsch nach absoluter Wahrheit – und ein Hang zur Gewalt.
Ermittlungsdruck und digitale Überforderung
Die Herausforderung für die Behörden: Viele der jungen Täter sind nie in Moscheen oder Parteizellen auffällig geworden. Sie radikalisieren sich zu Hause, am Handy, in Gruppen-Chats. Vicki Evans, leitende Koordinatorin für Terrorismusabwehr in Großbritannien, erklärte jüngst:
„Die Komplexität der Fälle, mit denen wir es zu tun haben, ist beispiellos. Das Spektrum an Radikalisierungswegen sprengt unsere bisherigen Strukturen.“
Auch in Österreich nehmen die Behörden die Entwicklung ernst. Ein 14-jähriges Mädchen wurde im Frühjahr 2024 in Niederösterreich festgenommen – in ihrem Zimmer fanden sich ein Beil, ein Messer und IS-Pamphlete. Sie wollte angeblich „Ungläubige“ angreifen.
Zwischen TikTok, Gaza und Einsamkeit
Neben ideologischer Beeinflussung spielt auch das persönliche Umfeld eine Rolle. Psychische Instabilität, soziale Ausgrenzung, familiäre Konflikte oder die emotionale Wucht aktueller politischer Krisen wie des Gaza-Kriegs – all das wird in sozialen Medien zum politischen „Trigger“, sagen Fachleute.
„Jugendliche identifizieren sich mit dem Leid, das sie online sehen – und einige glauben, sie müssten etwas dagegen tun“, so Kevin Volon, Sprecher der belgischen Koordinationsstelle für Terrorismusanalyse.
Die Prävention steht vor neuen Aufgaben, schreibt das WSJ. Bildungseinrichtungen, Jugendämter und Ermittlungsbehörden müssen gemeinsam mit Tech-Konzernen neue Wege finden, um Radikalisierung zu erkennen – bevor sie sich in Gewalt umwandelt.
Gleichzeitig fordert die Justiz in Belgien im Fall Gadaev eine siebenjährige Haftstrafe – in einem geschlossenen Jugendvollzug. Sein Fall könnte zum Symbol einer neuen Terrorgeneration werden: jung, online, entwurzelt – und kaum greifbar.
Extremisten werden immer jünger: WSJ warnt vor Terror-Kindern in Österreich