“In unserem Land wird zu viel über Datenschutz geredet und zu wenig über Datennutzung” – das sagte Friedrich Merz kurz vor der Bundestagswahl und stellte Sanktionen für die Verweigerung der elektronischen Patientenakte in Aussicht. Genau das steht nun auch im Koalitionsvertrag. Doch während die Bürger sich in Zukunft für Staat und Pharmaindustrie nackig machen sollen, müssen sie sich nach Strich und Faden täuschen und betrügen lassen: Dem gläsernen Patienten steht nämlich eine Industrie gegenüber, die konsequent die eigenen Daten vertuscht, sobald sie Profite gefährden. Ein Cochrane-Review zeigt jüngst: Die Daten von 47 Prozent klinischer Studien ließ man unter den Tisch fallen.
“Noch 2025 rollen wir die elektronische Patientenakte stufenweise aus, von einer bundesweiten Testphase zu einer verpflichtenden sanktionsbewehrten Nutzung.” So steht es im Koalitionsvertrag von Union und SPD: Die neue Bundesregierung legt damit nicht nur einen weiteren Stein fürs Fundament des Überwachungsstaats, der zukünftig kinderleicht erfassen möchte, wer wegen seines Impf- und Gesundheitsstatus diskriminiert und bestraft gehört. Die sensibelsten Daten der Bürger sollen auch an Big Pharma gehen. Im Vorfeld der Wahlen hatte Friedrich Merz den Datenschutz bereits für überbewertet erklärt – wir berichteten ausführlich: “Nach WEF-Ansage: Merz erklärt Datenschutz den Krieg! Strafe für Verweigerung der elektronischen Patientenakte“
Alles für die Pharmaindustrie, alles für den Profit, nichts für die Bürger: Das scheint die deutsche Devise. Einzementiert wird dieser Eindruck auch dadurch, dass die Profiteure ihrerseits keine Transparenz an den Tag legen. Ein Cochrane-Review deckte im Februar auf, dass rund die Hälfte aller Ergebnisse von klinischen Studien einfach nicht publiziert wird. Selbstverständlich sind es dabei vor allem negative Resultate, die man gepflegt unter den Tisch fallen lässt: Die gefährden schließlich die Entwicklung neuer Produkte, mit denen den Menschen – ob nun individuell oder über Krankenkassen – das Geld aus der Tasche gezogen werden soll. Im Zweifelsfall auch unter Vorspiegelung falscher Tatsachen und mit falschen Versprechungen, wie die Corona-Jahre belegten.
Laut Cochrane-Review werden negative Ergebnisse seltener und langsamer publiziert als positive Resultate: Die Ergebnisse von 47 Prozent von klinischen Studien wurden demnach nicht oder nicht vollständig veröffentlicht. Die Chancen für die transparente Publikation sinken, wenn Ergebnisse unvorteilhaft ausfallen, ganz besonders bei Studien, die von Pharmafirmen oder anderen gewinnorientierten Unternehmen finanziert werden. Im Schnitt dauert es deutlich über zwei Jahre, bis Daten publik werden (mancher könnte fragen, ob das die Zeit ist, die benötigt wird, um Ergebnisse “passend” zu machen).
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Gefährdung von öffentlicher Gesundheit und Menschenleben
Die Organisation TranspariMED konstatiert dazu: “Werden die Ergebnisse klinischer Studien nicht veröffentlicht, entstehen Lücken in der medizinischen Evidenzbasis, die Patienten schaden, die öffentliche Gesundheit gefährden und die Kosten der Gesundheitsversorgung in die Höhe treiben können.” Man enthält brisante Daten zu Wirksamkeit und Sicherheit von Arzneimitteln vor, mit der Konsequenz, dass weder medizinisches Personal noch Patienten die Risiken kennen, die mit diesen Präparaten verbunden sind – und die verabreicht werden, obwohl sie in Wahrheit vielleicht gar nicht wie versprochen wirken. Das verursacht Leid und Kosten und behindert die Entwicklung besserer Medikamente, doch das ist der Industrie herzlich egal.
Wissenschaftler wissen seit Jahrzehnten, dass die vorhandene Evidenzbasis zu Arzneimitteln und Medizinprodukten verzerrt sein kann. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass die veröffentlichte Evidenz zu Arzneimitteln und Medizinprodukten den Nutzen systematisch überbewertet und den Schaden herunterspielt (Bekelman et al., 2003; Goldacre, 2012; Golder et al., 2016; Sani,
2014; Song et al., 2010).Quelle: TranspariMED, aus: “Clinical Trial Transparency – A guide for policy makers“
Eine Politik, die angeblich die Wissenschaft stärken möchte, verhökert niemals die sensibelsten Daten der eigenen Bürger: Sie nimmt stattdessen die Pharmaindustrie ins Visier, deren Geschäft viel zu stark auf Täuschung und Manipulation beruht. Das geschieht in Deutschland nicht. Friedrich Merz und die neue Regierung entlarven sich damit abermals selbst.