Digitalminister Karsten Wildberger verkündet, dass es mit der „Digital Wallet“ schon ab Ende 2026 eine digitale Identität für jeden Bürger geben soll. Bedenken gegen seine Digitalisierungsstrategie wehrt er mit dem Vorwurf eines „Mindset-Problems“ ab.
„Alle Menschen in Deutschland brauchen eine digitale Identität, um sich unter anderem ausweisen zu können“, sagt Digitalminister Karsten Wildberger im Interview mit dem Handelsblatt. Bereits Ende 2026 soll die „digitale Geldbörse“ zur Verfügung stehen. Darin können alle wichtigen Dokumente wie Personalausweis, „Führerschein, das Ticket für den öffentlichen Nahverkehr, Zeugnisse, berufliche Abschlüsse, Bankvollmachten, Kreditkarten“ enthalten sein.
„Das ist meine Vision“, verkündet er. Die Digitalisierung wird laut Wildberger „nur dann zum Beschleuniger, wenn sie überall im Alltag funktioniert“. So soll die digitale Wallet zum Beispiel bei der Unterzeichnung von Verträgen, der Anmeldung einer Adresse oder der Eröffnung eines Bankkontos zum Einsatz kommen können.
Der Minister betont, dass die Digital Wallet auch ein europäisches Projekt sei, weil sie grenzübergreifend funktionieren soll. „Insgesamt geht es um einen sehr großen Markt: 450 Millionen Menschen in Europa. Dieses Wallet-Projekt ist also viel mehr, als nur eine App zu starten.“
Neben dem Ausbau von Glasfaser und 5G will Wildberger vor allem mehr Start-ups in der Digitalbranche entstehen sehen. Die wirtschaftlich schlechte Situation führt er auch auf die Haltung der Deutschen zurück: „Das Narrativ über das Potenzial unseres Landes ist zu negativ.“ Auf den Einwand des Handelsblatts, dass schwache Wachstumszahlen keine Frage des Narrativs seien, entgegnet er: „Das ist richtig. Aber wir dürfen eben auch nie vergessen, dass wir höchst erfolgreiche Unternehmen haben.“
Das seien Forschungsinstitute und der Hochschulsektor. „Der Grund für die Lage Deutschlands ist auch ein Mindset-Problem.“ Der Digitalminister sieht die Chance, dass Europa neben den USA und China zur dritten „Tech-Supermacht“ werden könnte, wie das Handelsblatt es nennt. „Europa hat einen sehr wichtigen Vorteil: Es basiert auf gemeinsamen Werten und Prinzipien. Die Entwicklung von Technologie auf der Grundlage dieser Prinzipien kann äußerst mächtig sein.“
Zu den Gefahren der Digitalisierung sagt er lediglich, dass man Risiken eingehen und mehr Freiheit gewähren müsse – nur scheinbar nicht bei der Frage, ob man eine Digital Wallet haben will. Das Thema Datenschutz wiegelte er mit den Worten ab, dass die digitale Identität „sicher und geschützt“ sein müsse. Wie genau die Privatsphäre und Daten einer Person geschützt werden sollen, ließ der Minister aber offen.
Wildberger: Digitale Identität soll schon 2026 zum Einsatz kommen