21. November 2025

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Was, wenn das Rentenpaket vor Jahresende im Bundestag platzt?

 

Die Junge Union hat sich klar gegen den Entwurf des „Rentenpakets 2025“ der Bundesregierung positioniert. Sollte das Vorhaben trotz der Kompromissvorschläge des Kanzlers deswegen scheitern, stünde die Regierung wohl erneut vor einer Zerreißprobe. Kommt es vielleicht doch zu einer Minderheitsregierung?

Scheitert die Regierung Merz schon innerhalb des ersten Jahres ihres Bestehens am ersten Kapitel ihrer Rentenreform? Nach der einstimmigen Absage der Jungen Union (JU) an das „Rentenpaket 2025“ während ihres jüngsten „Deutschlandtags“ erscheint ein vorzeitiges Aus für Schwarz-Rot zumindest wieder wahrscheinlicher.
Der JU-Parteinachwuchs ist nicht bereit, den bereits Anfang August vom Bundeskabinett genehmigten Gesetzentwurf von SPD-Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (PDF) mitzutragen. Der Entwurf enthält neben einem steuerfreien Hinzuverdienst für Rentner („Aktivrente“) und mehr Rentenpunkten für Mütter („Mütterrente“) auch die Beibehaltung des gesetzlichen Rentenniveaus von 48 Prozent bis zum Jahr 2031. Ursprünglich sollte das Rentenniveau nur bis 2025 gehalten werden. Die nun zu erwartenden Mehrkosten sollen vollständig zulasten der Steuerzahler gehen.

Im Bundestag fehlen sechs Stimmen

Die geplante Verlängerung der „Haltelinie“ bis 2031 führt nach Ansicht der JU in den Folgejahren bis 2040 zu Mehrkosten von etwa 120 Milliarden Euro, die die junge Generation zu tragen habe, argumentierte etwa Pascal Redding, der Vorsitzende der Jungen Gruppe der Unionsabgeordneten im Bundestag. Das werde man nicht mitmachen. „Ihr könnt euch darauf verlassen: Wir bleiben in dieser Frage stehen“, so Redding.
Die Regierungsfraktionen belegen zusammen 328 von 630 Sitzen im Bundestag. Die Junge Gruppe jener Abgeordneten unter 35 Jahren, die der JU angehören, besteht aus 18 Mitgliedern. Falls sie alle geschlossen gegen das Rentenpaket votieren würden, hätten die Fraktionen von CDU, CSU und SPD nur 310 Stimmen. Dann müssten mindestens sechs Stimmen woanders herkommen, um das Paket mit einfacher Mehrheit zu verabschieden. Diese Rechnung geht allerdings von einem vollständig gefüllten Plenarsaal aus. Fallen Abgeordnete etwa wegen Krankheit aus, bräuchte es entsprechend weniger Stimmen.
Der finale Abstimmungstermin steht bisher nicht fest. Da das Gesetz aber schon zum 1. Januar 2026 in Kraft treten soll, muss der Bundestag spätestens im Dezember entscheiden.

Die SPD hat im Koalitionsvertrag durchgesetzt, das gesetzliche Rentenniveau bis zum Jahr 2031 bei 48 Prozent zu belassen. Bis Mitte der Legislatur soll eine „Rentenkommission“ weitere Reformvorschläge machen. Kanzler Merz kündigte ein entsprechendes Kommissionspapier Mitte November 2025 schon für einen Zeitpunkt vor der Sommerpause 2026 an.

Foto: Bildschirmfoto/Koalitionsvertrag2025.de (PDF)

Doch auch wenn der Gesetzentwurf mit Oppositionsstimmen etwa der Grünen durchkommen sollte, würde das Ausscheren des Unionsnachwuchses die zweite große Blamage der Unionsfraktion nach dem Scheitern der Wahl von Prof. Frauke Brosius-Gersdorf zur Verfassungsrichterin bedeuten, erst recht wenn Stimmen aus den Reihen der Linken oder der AfD das Zünglein an der Waage ausmachen sollten. Denn zu diesen Parteien besteht seitens der Union seit 2018 ein Unvereinbarkeitsbeschluss („Brandmauer“), von dessen Fortbestehen Kanzler Friedrich Merz (CDU) seine politische Zukunft als Parteichef abhängig macht.

Sollte das Rentenpaket am Ende gar nicht verabschiedet werden, wäre ein wichtiges Versprechen aus dem Koalitionsvertrag (Seite 19, PDF) vorerst passé. Fraktionschef Jens Spahn und das gesamte schwarz-rote Projekt verlören wohl noch mehr Rückhalt.
Zwangsläufig stünde die Frage immer dringlicher im Raum, ob das Regierungsbündnis überhaupt noch länger zusammenpasst oder ob Kanzler Friedrich Merz nicht doch besser das von ihm verhasste Risiko einer Minderheitsregierung eingehen sollte.
Genau dieses Szenario beschäftigt nach Informationen der „BILD“ derzeit „viele Abgeordnete“ der Unionsfraktion, angeblich auch „Teile des harten Kerns“ um den Regierungschef.

Erst mal Bundeshaushalt unter Dach und Fach bringen

Zuspitzen könnte sich die Lage schon mit der für Ende November geplanten Abstimmung über den Bundeshaushalt 2026. Wenn das Budget stehe, hätte speziell die Union in der Regierung wieder etwas mehr Luft zum Atmen, und zwar bis über das Jahr 2026 hinaus, so „BILD“. Damit stünde einer „härteren Gangart“ der Union und ihres Kanzlers gegenüber dem Koalitionspartner nichts mehr im Wege.
Im Fall eines Regierungsbruchs könnte die Union den Weg einer Solominderheitsregierung nutzen, bei der Beschlüsse mit wechselnden Mehrheiten getroffen werden müssten. Ein „ranghoher Zirkel“ der Union habe über diese Option bereits in der vergangenen Woche debattiert, so „BILD“. Der Vorteil: Die Union bräuchte nicht mehr so viele Kompromisse zu machen, könnte verloren gegangenes Terrain bei den Wählern und in den eigenen Reihen zurückerobern.

Kretschmer rät von Minderheitsregierung ab und mahnt zur Eile

Michael Kretschmer (CDU), der als Ministerpräsident Sachsens selbst eine schwarz-rote Minderheitsregierung per „Konsultationsmechanismus“ anführt, warnte gegenüber der Funke Mediengruppe allerdings jüngst vor einem ähnlichen Modell im Bund.
„Deutschland braucht in diesen schwierigen Zeiten Stabilität, klare Mehrheiten und die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen“, sagte Kretschmer. Das Beispiel seines Bundeslandes zeige zwar, dass eine Minderheitsregierung funktionieren könne, „weil wir miteinander reden, auch wenn wir unterschiedlich denken“, räumte Kretschmer ein, „aber was wir hier tun, ist auf unsere besonderen Verhältnisse zugeschnitten“.
Auf die Frage, ob die aktuelle Bundesregierung reformfähig sei, entgegnete der sächsische Regierungschef: „Sie hat es jedenfalls noch nicht bewiesen.“ Er mahnte zur Eile:

„Die Zeit läuft uns davon. Die Regierung muss begreifen, dass ihr Erfolg und die Zukunft unseres Landes an Deregulierung hängt.“

Derzeit sitzt die Union also noch zwischen den Stühlen. Einerseits wird die SPD für Mehrheiten gebraucht, andererseits müssen Fraktion, Parteibasis inklusive Nachwuchs und die Wählerschaft bei Laune gehalten werden.