10. November 2025

ddbagentur.com

ddbagentur / ddbradio / ddbnews

Sachsen plant Verfassungstreueprüfung für Schöffen

 

Schöffen sind ehrenamtliche Richter ohne juristische Ausbildung, die neben Berufsrichtern über Urteile mitentscheiden. Sachsen will nun eine gesetzliche Verfassungstreuepflicht einführen, um zu verhindern, dass extremistische Gruppen das Amt für Einflussnahmen nutzen. Der Vorschlag wurde bei einem Treffen der Justizminister in Leipzig besprochen – und kommt bei Experten gut an.

 

Wer sich zum Beispiel in Leipzig als Schöffe bewirbt, füllt einen Fragebogen aus. Name, Geburtsdatum, Beruf – und man muss versichern, dass man nicht zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt wurde. Aber: Die Verfassungstreue wird nicht abgefragt.

Der Vorschlag aus Sachsen bedeute nun, dass sie in Zukunft zwingend geprüft werden müsste, sagt Winfried Kluth. Er ist Verfassungsrechtler an der Uni Halle und findet den Vorschlag sinnvoll: „Aus meiner Sicht es verwunderlich, dass das da noch nicht steht.“

Die richterliche Tätigkeit sei eine Ausübung der Staatsgewalt, erklärt Kluth. „Die Auswirkungen, wenn man in strafgerichtlichen Verfahren mitwirkt, sind weitreichend. Die Gerichtsbarkeit ist an die Verfassung und an die Gesetze gebunden. Deshalb ist es logisch, dass auch die Verfassungstreue eine Voraussetzung ist.“

Unterwanderung des Amtes

Bisher ist das für Schöffen nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt. Was das bedeuten kann, zeigen Fälle aus der Vergangenheit: In Erfurt saß in einem Schleuser-Prozess eine Schöffin, die rechte Demos organisiert und an einem NPD-Treffen teilgenommen hatte. Und in Stuttgart sorgte ein Schöffe für Aufsehen, der jahrelang Mitglied einer Rechtsrockband war.

Johannes Kiess ist Soziologe an der Uni Leipzig und forscht zum Rechtsextremismus. Er sieht eine gezielte Strategie dahinter. Bei den letzten Schöffenwahlen habe es eine Kampagne in rechtsextremen Netzwerken gegeben, die dazu aufrief, sich als Schöffe zu bewerben, erzählt Kiess. „Wenn jemand mit einem verfassungswidrigen Weltbild in einem Schöffengericht sitzt, torpediert das den demokratischen Rechtsstaat und hüllt ihn von innen aus.“

Prüfung durch den Verfassungsschutz

Claudia Kitzig ist Vizepräsidentin des Bundesverbands ehrenamtlicher Richterinnen und Richter – und selbst Schöffin. Sie findet die geplante Regelung ebenfalls wichtig und hat einen konkreten Vorschlag: Bewerber sollten sich damit einverstanden erklären, dass ihre Daten vom Verfassungsschutz geprüft werden könnten: „Wer kein schlechtes Gewissen hat, findet das vielleicht gerade gut und würde das unterstützen. Von daher können die Leute, die reinen Gewissens sind, das Kreuz gut und gerne an der Stelle machen.“

Trotzdem schätzt Kitzig das Risiko, dass Menschen mit extremen Positionen das Schöffenamt unterwandern, als relativ gering ein, weil an den Gerichten gemeinsam mit den Berufsrichtern immer zwei Schöffen entscheiden.

.

.

https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/schoeffen-verfassung-gericht-extremismus-pruefung-100.html

.

.