Insolvenzzahlen aus der Gastronomiebranche weisen auf eine Beschleunigung des Verfalls hin. Deutschlands Gastronomielandschaft blutet aus. Und mit jeder Restaurantauflösung, jeder geschlossenen Bar, verlieren die Innenstädte weiter an Charakter und Liebenswürdigkeit. Die Entwicklung scheint auf lange Zeit irreversibel.
Zehntausende sind bereits ausgeschieden
Über 48.000 Betriebe haben seit 2020 ihr Geschäft aufgegeben – 6.100 mussten betriebsbedingt die Zahlungen einstellen. Das Jahr 2023 markierte mit 906 Insolvenzen einen Anstieg von 35 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für 2024 ermittelte die Auskunftei CRIF über 1.190 Betriebspleiten, was einer erneuten Zunahme der Insolvenzen von knapp 30 Prozent entsprach. Das große Gastrosterben setzt sich unaufhaltsam fort.
Besonders betroffen von der Pleitewelle sind kleinere Betriebe mit weniger als zehn Beschäftigten. Auch Gewerbe, die erst in den letzten fünf Jahren gegründet wurden, sind extrem insolvenzgefährdet. Selbst in touristisch stark frequentierten Städten wie Berlin, Leipzig oder Köln sieht es düster für die Gastrobetriebe aus. Der Spardruck in der Bevölkerung ist merklich gestiegen.
Bundesweit stehen nach einer Erhebung des Statistischen Bundesamts 9,8 Prozent der rund 220.000 Unternehmen der Branche auf der Kippe. Damit gehört das Gastgewerbe zu den am stärksten insolvenzgefährdeten Branchen in Deutschland.
Menü aus der Hölle
Die Insolvenzlawine im Gastgewerbe ist kein isoliertes Naturereignis. Die Katastrophenentwicklung folgt dem Drehbuch anderer Branchen, die sich mit einem Tsunami von Betriebsaufgaben und Investitionsverlagerungen an bessere Standorte konfrontiert sehen.
Um im Bild zu bleiben: Die Politik serviert den Gastronomen seit Jahren ein Höllenmenü. In einem weiteren Kontext gelesen, präsentierte die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank mit ihrer jahrelangen Nullzinspolitik einen Inflationscocktail, der die Kaufkraft der klassischen Kundschaft erheblich beschädigte. Die Bankenrettung während der Schuldenkrise vor eineinhalb Jahrzehnten wie auch die Flutung der Geld- und Anleihenmärkte als Antwort auf die politisch verordneten Corona-Lockdowns erzeugten Inflationswellen, die jedermann im Portemonnaie zu spüren bekam.
Zentralismus und Interventionismus haben ihren Preis. Energie, Löhne, Rohstoffe, Mieten – sämtliche Kostenfaktoren drücken ohne Unterlass auf die weiter schrumpfenden Margen der Branche. Betriebe operieren mit einer Umsatzrendite von 1,6 Prozent – ein dünner Firnis, der bei kleinsten Veränderungen des Geschäftsumfelds oder des regulatorischen Rahmens aufbrechen kann.
Steuern und Regulierungsdebakel
Wie zur Untermauerung dieses Trends hob die Bundesregierung Anfang 2024 auch noch die Mehrwertsteuer für Speisen wieder auf 19 Prozent an, nachdem sie zum Neustart nach den Lockdowns auf den reduzierten Satz von sieben Prozent abgesenkt war.
Unnötig, an dieser Stelle die Katastrophenpolitik der grünen Kapitalvernichtungsagenda erneut durchzuspielen. Am Ende jedes politischen Fiaskos zahlt der Bürger – mit höheren Steuern oder über steigende Preise, die versteckte Form des Kaufkrafttransfers: vom Bürger zum größten Schuldner, dem Staat.
Die politische Belastung für die Gastronomen geht jedoch weit über Steuererhöhungen hinaus. Auch im Falle der Restaurants, Bars und anderer Gastrodienste gilt, was für die Wirtschaft en gros die Regel ist: Eine ungebremste Lawine an Regulierungen und Dokumentationspflichten, die als nutzlose Kostenstelle die Bilanzen der Betreiber schwächt, will kein Ende nehmen. Eine von der Realität entkoppelte Politik überschwemmt auch diesen Sektor mit ökologischen Vorgaben, Arbeitsschutzverordnungen, Arbeitszeitgesetzen oder Nährwertkennzeichnungen, die weit über den notwendigen Verbraucherschutz hinausgehen und die administrativen Kosten in die Höhe treiben.
Der Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) fordert zurecht einen radikalen Bürokratieabbau, um Gastronomen mehr Zeit und Freiraum für ihr Kerngeschäft zu geben. Wünschenswert wären Schwellenwerte bei Berichtspflichten, damit kleinere Betriebe erst ab einer bestimmten Mitarbeiterzahl oder Umsatzgröße die nutzlosen staatlichen Auflagen erfüllen müssen, wenn man sich schon nicht vollständig vom Arbeitsbeschaffungsprogramm für die Bürokratie trennen will.
Düsterer Ausblick
Die Lage in der Gastrobranche wird sich auf absehbare Zeit nicht verbessern. Ihre Betriebe sind konjunktursensitiv und verfügen in der Breite nicht über die Kapitalpuffer, längere Durststrecken während einer anhaltenden Rezession auszusitzen. Die deutsche Wirtschaft, mittlerweile im dritten Rezessionsjahr in Folge angelangt, befindet sich in der Phase der Desinvestition. Über 700.000 Jobs wurden in den vergangenen fünf Jahren gestrichen.
Verfestigt sich der Trend am Arbeitsmarkt, wovon auszugehen ist, bedeutet dies für die Gastronomie materiellen Verlust an Kundschaft und eine weitere Verschlechterung des Geschäftsumfelds.