Weil die Gasspeicher kaum befüllt werden, prüft die Merz-Regierung laut einem Bericht einen staatlichen Eingriff. Was das für Verbraucher bedeutet.
Uniper scheiterte kürzlich erneut dabei, bei einer Auktion zusätzliche Kapazitäten im Breitbrunn-Untergrundlager in Bayern an Gasversorger oder Stadtwerke zu vergeben – das Lager bleibt daher nur zu einem Drittel befüllt. Auch Deutschlands größter Gasspeicher in Rehden, Niedersachsen, steht nahezu leer. Kaum jemand will derzeit Gas einlagern. Die Gasspeicher-Krise verschärft sich zunehmend.
Nun prüft die Bundesregierung einen staatlichen Eingriff in Form einer strategischen Gasreserve. Wie Bloomberg unter Berufung auf informierte Quellen berichtet, hat das Bundeswirtschaftsministerium unter Leitung von Katherina Reiche (CDU) vertraulich eine Machbarkeitsstudie zur Einführung staatlich kontrollierter Gasspeicher in Auftrag gegeben. Ein Sprecher des Ministeriums bestätigte seinerseits, dass aktuell eine umfassende Studie zum Gasmarkt durchgeführt werde, bei der strategische Speicher ein Teilaspekt seien.
Gasspeicher-Krise in Deutschland: Darum füllen sich die Speicher nicht
Derzeit werden deutsche Gasspeicher von privaten Unternehmen wie Uniper oder Astora, einer Tochtergesellschaft von Sefe (ehemals Gazprom Germania), betrieben. Diese Unternehmen nutzen die Speicherkapazitäten teilweise selbst, verkaufen aber einen Großteil davon an Gasversorger, Stadtwerke oder Energiehändler. Diese wiederum kaufen im Sommer Gas, lagern es ein und verkaufen es im Winter gewinnbringend.
Doch Speicher füllen sich nur, wenn Händler erwarten, dass die Gaspreise im Winter höher liegen als im Sommer („Sommer-Winter-Spread“). Bei geringer Preisdifferenz lohnt sich das Einlagern wirtschaftlich nicht, was aktuell dazu führt, dass viele Speicher ungewöhnlich leer sind. Angesichts der angespannten Lage könnte die Marktgebietsverantwortliche Trading Hub Europe (THE) gezwungen sein, einzugreifen.
Uniper hat die Organisation bereits aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um das Breitbrunn-Lager zu füllen – und drohte mit der Schließung unrentabler Standorte. Vor allem im industriestarken Süden Deutschlands ist eine zuverlässige Gasversorgung jedoch besonders wichtig. Deshalb erwägen Behörden die Nutzung staatlicher Reserven.
LNG-Terminals bald auch als staatliche Gasreserve?
Einige EU-Länder wie Italien und Österreich verfügen bereits über staatlich kontrollierte Gasreserven. Diese decken im Durchschnitt etwa elf Prozent der gesamten Speicherkapazität der EU ab. Die strategische Ölreserve der USA ist der weltweit größte Vorrat an Rohöl für Notfälle und stellt damit ein wichtiges Mittel gegen mögliche Importstopps von Öl dar. Zudem sei sie ein wichtiges Instrument der Außenpolitik, heißt es auf der Website des Energieministeriums der USA.
Als möglicher Standort einer deutschen strategischen Gasreserve wurde zunächst das Lager in Rehden diskutiert, denn es wird mit der Sefe sowieso von einem bereits staatlichen Unternehmen indirekt betrieben. Mittlerweile gilt dieser Standort jedoch als weniger geeignet. Sogenannte Kavernenspeicher seien leichter zu befüllen und wirtschaftlicher, teilte eine informierte Person Bloomberg mit. Kurzfristig in deutschen LNG-Terminals eingelagertes Gas könnte ebenfalls als strategische Reserve dienen.
Die Vereinigung der Fernleitungsnetzbetreiber Gas, FNB Gas, hat Ende Mai einen Vorschlag zur möglichen zukünftigen Ausgestaltung der Gasspeicher entwickelt, das sogenannte Kombinationsmodell. Als ein Element dieses Modells ist auch eine speicherbasierte Sicherheitsreserve vorgesehen, die von dem Gasmarktmanager Trading Hub Europe vorgehalten werden könnte. Die THE unterstützte es, teilte eine Sprecherin der Organisation auf Anfrage mit. Für Verbraucher und Haushalte stellt die aktuelle Gasspeicher-Krise zwar kurzfristig kein unmittelbares Risiko dar, doch langfristig erhöht sie die Unsicherheit auf dem Gasmarkt. Im ungünstigsten Fall drohen dadurch weitere Gaspreissteigerungen.
https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/gasspeichern-droht-leerstand-merz-regierung-prueft-staatlichen-eingriff-li.2334133