Am Dienstag kam es zur Abstimmung über die Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften der WHO. Mit deutlicher Mehrheit entschied sich das EU-Parlament, die Reform zu unterstützen.
Während der Pandemievertrag in wenigen Tagen in Genf zur Abstimmung kommt, ist der zweite Teil der WHO-Reform, die Änderung der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IHR), schon weiter. Diese wurden am 1. Juni 2024 – unter rechtlich fragwürdigen Bedingungen – angenommen. Darin wird auch die Definition einer Pandemie geändert und weiter dereguliert – TKP hat damals berichtet.
Deutliche Mehrheit
Am Dienstag gab dann das EU-Parlament seine Zustimmung zur Reform. Man empfiehlt die Änderungen.
Der gesamte Antrag, der 14 Seiten umfasst und wohl von den wenigsten Abgeordneten gelesen wurde, ist hier zu finden. Darin sind die Auswirkungen der Reform übrigens ziemlich treffend zusammengefasst.
Pikanterweise müssen die Mitgliedstaaten zustimmen, obwohl „die Mehrheit der Änderungen, die am 1. Juni 2024 angenommen wurden, Angelegenheiten betreffen, […] in die Zuständigkeit der Union fallen und für die Unionsvorschriften gelten.“ Aber die EU ist kein WHO-Mitglied, also braucht sie die Zustimmung der Staaten. Nur so viel zur nationalen Souveränität innerhalb der EU.
Eine überwältigende Mehrheit von 514 Abgeordneten stimmte für die Änderungen der IHR. Nur 126 Abgeordnete stimmten dagegen. Aus Österreich finden sich nur Politiker der FPÖ, die gegen die Pläne gestimmt haben. Aus der EU-Koalition S&D (Sozialdemokraten) und EVP (Volkspartei wie CDU/CSU,ÖVP) gab es keinen einzigen (!) Abweichler. Selbst bei der viel kleineren liberalen Fraktion „Renew“, ebenfalls Teil der Kommission, stimmten zwei Abgeordnete (einer aus Irland und der Deutsche Engin Eroglu) dagegen.
Der Großteil der fraktionslosen Abgeordneten (u. a. Martin Sonneborn, De Masi /BSW, Friedrich Pürner und die Abgeordneten der slowakischen Fico-Partei SMER) stimmte gegen die Pläne. Auch die AfD-Fraktion der Souveränisten war geschlossen dagegen.
Die Patrioten-Fraktion (FPÖ/Orban) war nicht geschlossen dagegen. Die 8 ungarischen Abgeordneten (auch jene aus Orbans Fidesz) und ein slowakischer Abgeordneter unterstützen die WHO-Pläne.
Die Meloni-Fraktion, die „Konservativen und Reformer“, die Ursula von der Leyens Kommission meist unterstützt, stimmte dem Antrag mehrheitlich zu.
Hier findet man auf Seite 4 die namentlichen Abstimmungsergebnisse. Der FPÖ-Abgeordnete Gerald Hauser spricht von einem „Desaster“.
Weiter heftige Kritik
Anders als der Pandemievertrag brauchen die neuen IHR keine nationale Ratifizierung. Nur ein aktiver Einspruch von Staaten kann die Änderung verzögern. Diese Frist läuft für die Staaten im Juli aus. Bis zum 19. Juli haben die WHO-Mitglieder Zeit, der WHO mitzuteilen, dass sie die Beschlüsse nicht umsetzen wollen.
Ohne Verzögerung werden die geänderten IHR ab dem 19. September 2025 in Kraft treten. Diese sind völkerrechtlich verbindlich. Kritiker warnten, dass die neuen IHR den „enormen globalen Aufbau des pharmazeutischen Krankenhaus-Notfall-Industriekomplexes erleichtern, der darauf abzielt, ständige ‚pandemische Notfälle‘ auszulösen, die durch ‚relevante Gesundheitsprodukte‘ noch verschlimmert werden.“
Österreichs Regierung wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinen Einspruch einlegen. Aktuell hat die FPÖ, die dies aber fordert, auch eine Petition gegen den Pandemievertrag aufgelegt. Auch dieser wird von Österreich unterstützt werden, eine starke parlamentarische Petition würde allerdings Fragen hinsichtlich der demokratischen Legitimation aufwerfen. TKP hat über die Petition berichtet.