Frankreich will die digitale „Ausgangssperre“ – ein Vorgeschmack auf den nächsten Schritt zum Überwachungsstaat mittels Digitale-ID
Kindern unter 15 Jahren sollte in Frankreich die Nutzung sozialer Medien gänzlich untersagt werden, und für Kinder zwischen 15 und 18 Jahren sollte eine nächtliche „digitale Ausgangssperre“ verhängt werden, forderte ein französischer Parlamentsausschuss am 11. September.
Eine Parlamentskommission fordert ein radikales Maßnahmenpaket gegen die Social-Media-Nutzung von Jugendlichen. Kinder unter 15 sollen ganz von Plattformen wie TikTok, Instagram oder Snapchat ausgeschlossen werden. Für 15- bis 18-Jährige soll ein „digitaler Curfew“ gelten: kein Zugriff mehr zwischen 22 Uhr und 8 Uhr morgens.
Die Begründung klingt zunächst plausibel: Schutz vor exzessivem Konsum, Suchtverhalten, psychischen Belastungen und Schlafmangel. Doch die Konsequenzen reichen weit über Jugendschutz hinaus – und werfen fundamentale Fragen auf.
Eltern entmachtet, Staat ermächtigt
Bislang lag es in der Verantwortung der Eltern, Bildschirmzeiten festzulegen, Schlafenszeiten zu bestimmen und die Mediennutzung ihrer Kinder zu begleiten. Mit einem staatlich verordneten Digital-Verbot werden diese Entscheidungen zentralisiert und pauschalisiert.
- Individuelle Reife oder familiäre Werte spielen keine Rolle mehr.
- Eltern werden nicht gestärkt, sondern entmündigt.
- Kinder lernen: Freiheit ist keine Frage von Eigenverantwortung, sondern wird vom Staat „zugeteilt“.
Technische Kontrolle als Türöffner
Damit ein solches Verbot durchgesetzt werden kann, braucht es harte Eingriffe in die digitale Infrastruktur:
Ein solches Verbot ließe sich praktisch nur mit einer staatlich verordneten digitalen Identität überwachen. Damit Plattformen wissen, wie alt ein Nutzer ist und ob er zur jeweiligen Uhrzeit überhaupt online sein darf, müsste jede Anmeldung an eine zentrale ID geknüpft werden. Ergänzt durch biometrische Verfahren oder providerbasierte Netzsperren entstünde so eine Infrastruktur der Totalüberwachung, bei der jeder Klick, jede Anmeldung und jede Bildschirmminute registriert wird. Was heute als Jugendschutz verkauft wird, wäre morgen ein Werkzeug, um Inhalte zu filtern, Zugänge zu sperren und ganze Gesellschaften an staatlich definierte digitale Leitplanken zu gewöhnen.
- Altersverifikationssysteme – verbunden mit digitalen Ausweisen oder biometrischen Daten.
- Algorithmen und Plattformkontrollen, die den Zugang blockieren.
- Umgehungsversuche über VPN oder Zweitgeräte – die wiederum neue Kontrollmechanismen hervorrufen.
Was als Jugendschutzmaßnahme beginnt, könnte zum Einstieg in flächendeckende Überwachungssysteme werden.
Was kommt als Nächstes?
Die französischen Vorschläge sind kein Endpunkt, sondern ein Präzedenzfall. Denkbar wäre:
- Ausweitung der Sperrzeiten
– erst nachts für Jugendliche, später vielleicht auch für Erwachsene unter dem Vorwand der „Gesundheitsprävention“. - Inhaltsfilterung
– nicht nur die Uhrzeit, sondern auch die Art der Inhalte könnte reguliert werden. Heute sind es Pornografie und „süchtig machende Algorithmen“, morgen womöglich politische Inhalte. - Automatisierte „Gesundheitspunkte“ (Addict-Score)
– bereits in Diskussion: ein Punktesystem, das Nutzungszeiten überwacht und digitale „Strafen“ verhängt. - Europäische Harmonisierung
– wenn Frankreich vorangeht, könnte die EU ähnliche Richtlinien erlassen. Damit würden nationale Freiräume noch enger. - Erweiterung auf andere Lebensbereiche
– Computerspiele, Streamingdienste, vielleicht sogar Online-Shopping könnten zeitlich reguliert werden.
Ein gefährlicher Balanceakt
Natürlich: Kinder und Jugendliche brauchen Schutz. Aber dieser Schutz darf nicht in eine staatlich verordnete digitale Bevormundung umschlagen, die Eltern entrechtet und ganze Generationen an Überwachung gewöhnt.
Die Frage ist nicht mehr, ob Jugendliche zu viel Zeit am Bildschirm verbringen – sondern wer darüber entscheidet. Wenn es der Staat ist, verschiebt sich die Grenze zwischen Freiheit und Kontrolle gefährlich weit.
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