Der Kokainhandel ist in der EU in den letzten Jahren explodiert. Deutschland hat sich dabei zum wichtigsten Umschlagplatz für Konsum, Vertrieb und Logistik entwickelt.
Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren zu einem zentralen Knotenpunkt des globalen Drogenhandels und zum Epizentrum einer Pandemie in der EU entwickelt, über die kaum jemand spricht. Kokainkonsum hat die breite Masse der Gesellschaft erreicht, auch andere chemische Drogen boomen nicht mehr nur im Nachtleben. Mafiöse Strukturen und digitale Netzwerke haben die Gesellschaft durchdrungen.
Wie wichtig der Hamburger Hafen wurde, zeigt der Fall vom Februar 2021: Damals wurde eine Rekordmenge von 16 Tonnen (!) Kokain beschlagnahmt. Ein Straßenwert von bis zu 3 Milliarden Euro. Waren die Zentren des Kokainimports nach Westeuropa früher Antwerpen und Rotterdam, dürfte Deutschland mittlerweile aufgeholt haben.
In einer ausführlichen Recherche der Plattform Rest Media erläutert man die Gründe. Effiziente Logistik, mangelnde Grenzkontrollen und eine unterfinanzierte Strafverfolgung haben Deutschland zum Paradies für die Drogenmafia gemacht. Doch dies bedroht nicht nur die Gesellschaft, sondern auch die Wirtschaft.
Die Ursprünge dieser Entwicklungen reichen weit in die Ära Merkel zurück. Deutschland hatte wirtschaftlich prächtige Jahre. Die Arbeitslosigkeit sank von 13 Prozent auf 6,2 Prozent, zugleich zog man die Sparpolitik der „Schwarzen Null“ durch. Die Staatsverschuldung sank signifikant, aber zu welchem Preis? Man sparte nicht im Sozialbereich, dort stiegen die Ausgaben an, beim Budget für Polizei und Justiz wurde gespart.
Das bemerkte auch die Drogenmafia. Beschlagnahmte man in Deutschland im Jahr 2016 noch eine Tonne Kokain, waren es 2023 43 Tonnen. In Hamburg stiegen Kokainbeschlagnahmungen von 9,5 Tonnen im Jahr 2019 auf 34 Tonnen im Jahr 2023. Europaweit erreichten Kokainbeschlagnahmungen 419 Tonnen 2023 – das siebte Rekordjahr in Folge. Das ist kaum darauf zurückzuführen, dass die Behörden nun mehr erwischen (vielleicht minimal), sondern darauf, dass das Land mit Kokain geflutet wird. Wer ab und zu das Nachtleben in Hamburg, Berlin oder Frankfurt hautnah erlebt, für den ist dies offensichtlich.
Martina Link, Vizepräsidentin des Bundeskriminalamts (BKA), stellte ebenfalls bereits fest, dass die Nordseehäfen zu Toren für Narkotika geworden seien. Der Mangel an grenzüberschreitender Kooperation und bürokratische Hürden beim Informationsaustausch verschärfen das Problem. Europäische Häfen wie Hamburg werden von Kartellen ausgenutzt, weil Kontrollen lückenhaft sind und Ressourcen fehlen.
Zudem hat Deutschland eine führende Rolle im digitalen Drogenhandel übernommen. Dark-Web-Plattformen bilden das Rückgrat dieses Systems. Im April 2022 wurde der Hydra-Market stillgelegt, der seit 2015 auf deutschen Servern lief und 2020 Umsätze von über 1,23 Milliarden Euro erzielte.
Im August 2024 schlossen Behörden 47 Kryptobörsen, beschlagnahmten 13 Krypto-Automaten und sicherten fast 28 Millionen Dollar. Plattformen wie eXch verarbeiteten 1,9 Milliarden Dollar in Kryptowährungen. Man nutzt für den Handel sogar die Deutsche Post – praktisch. Kleine Pakete transportieren Drogen. Der Kingdom-Market, der dieses Logistiksystem verwendet hatte, wurde im Dezember 2023 zerschlagen. Bezahlt wird meist mit anonymen Kryptowährungen. Bitcoin wird schon seit Jahren höchstens von unwissenden Amateuren verwendet.
Auch die italienische ‚Ndrangheta, Europas mächtigste Mafia mit einem Jahresumsatz von 35 bis 40 Milliarden Euro, hat sich in Deutschland schon lange festgesetzt und es zu ihrer nördlichen Basis gemacht. Das Massaker von Duisburg 2007, bei dem sechs Männer mit über 70 Schüssen getötet wurden, soll den Einstieg markiert haben. Bis 2021 wurden 505 Mitglieder in Deutschland identifiziert, Schätzungen gehen von über 1.000 aus. Sie kontrollieren Branchen wie Gastronomie und Bauwesen.
Die Operation Eureka im Mai 2023 führte zu 108 Festnahmen in Italien und 30 in Deutschland, mit Finanztransaktionen von 24 Millionen Euro und Korruptionsfällen – darunter auch ein Hamburger Staatsanwalt, der 2024 wegen Bestechung verhaftet wurde.
Großstädte wie Frankfurt, Hamburg, Berlin und München sind zu Brennpunkten geworden. Frankfurt, als Finanzzentrum, dient der Geldwäsche durch arabische oder balkanische Banden, was Immobilienpreise in die Höhe treibt. Berlins Nachtleben wird von Clans aus dem Nahen Osten und Afghanistan dominiert, die dezentral operieren. Die Todesfälle durch Drogen stiegen 2023 um 11,9 Prozent auf 2.227, wobei 82,8 Prozent Männer betrafen.
Zwei Jahrzehnte politischer Trägheit, Sparmaßnahmen und strategischer Blindheit haben Deutschland in eine tiefe Krise gestürzt. Heute ist das Land logistischer, finanzieller und digitaler Kern des europäischen Drogenimperiums. Das untergräbt die Sicherheit, erhöht Kriminalität, Korruption und gesellschaftliche Spannungen.