Macron auf dem sinkenden Schiff
Frankreichs Premierminister François Bayrou hat die Vertrauensfrage in der Nationalversammlung verloren. Eine weitere Niederlage für Präsident Macron, dessen zentristisch-globalistisches Lager im Zweifronten-Kampf gegen rechts und links zerrieben wird.
Premier François Bayrou, Macrons neuester Minion im Élysée-Kasperltheater, hat die Vertrauensabstimmung krachend verloren – 364 Abgeordnete haben ihn vom Hof gejagt, nur 194 hielten zu ihm. Damit ist der dritte Premier innerhalb eines Jahres (und der fünfte Regierungschef seit Macrons zweiter Amtszeit) Geschichte. Der Präsident wollte sich mit riskanten Manövern eine Hausmacht im Parlament verschaffen, doch nun endet es im Chaos.
Der Premier hatte seine politische Zukunft an einen unpopulären Sparkurs geknüpft. 44 Milliarden Euro Kürzungen, Feiertage streichen und die Sozialausgaben beschneiden, das war der Plan. Doch weder die linke noch die rechte Opposition wollten dies mittragen – und schon gar nicht irgendwie eine Unterstützung für Macrons und Bayrous Pläne signalisieren. Denn bei all der gegenseitigen Ablehnung sind sich Linke und Rechte in einem Punkt einig: dass Macron weg muss.
Und als ob die institutionelle Lähmung nicht genug wäre, rumort es auch auf den Straßen. Gewerkschaften und linke Gruppen rufen zu Streiks und Protesten auf, die Stimmung im Land ist explosiv. Eine doppelte Krise also, die Macron mit seiner Politik der Selbstherrlichkeit mit verursacht hat. Die Wahlabsprachen mit den Linksextremen, nur um einen Sieg des Rassemblement National von Marine Le Pen zu verhindern, haben ihr Übriges getan. Man könnte sogar eine bildhafte historische Parallele ziehen, wo sich die Angloamerikaner mit den Sowjets verbündeten um Deutschland niederzuringen, nur um sich dann nach dem Sieg selbst in einem Kalten Krieg wiederzufinden.
Ein anderes Problem ist die französische Mentalität. Auch wenn eigentlich allseits bekannt ist, dass das System komplett im Sand ist, will niemand für eine Reform selbst geradestehen. Bayrous Pläne entsprechen in etwa 70 Euro monatlich pro Erwachsenem. Das sind etwa drei Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens eines Arbeitnehmers. Wenn man dann noch bedenkt, dass rund ein Fünftel der Bevölkerung als “von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht” gelten, wird jedoch klar, dass diese Menschen eine Zusammenstauchung des Sozialstaates nicht unterstützen werden.
Die Regierung Bayrou mag nun gefallen sein, doch für die Franzosen stellt sich weiterhin die Frage, wie es mit ihrem Land weitergehen soll. Ein “weiter so” führt unausweichlich in den finanziellen Ruin des Staates und könnte die Eurozone massivst erschüttern. Kommt es zu Neuwahlen, wird es für jede künftige Regierung schwierig, die Grande Nation wieder aus dem Schlamassel herauszuführen. Sicher ist allerdings nur, dass die neoliberalen Zentristen keine tragfähige Lösung haben und dass die Linken Frankreich noch tiefer in den Abgrund stoßen würden, als es ein Macron je könnte.