Zu Beginn seiner Amtszeit im Mai versprach Bundeskanzler Friedrich Merz eine klare Wende in der deutschen Migrationspolitik: mehr Grenzkontrollen, weniger Asylanträge, mehr Abschiebungen – auch nach Afghanistan. Und tatsächlich: Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat seither Maßnahmen umgesetzt, etwa verstärkte Grenzkontrollen. Die Zahl der Asylanträge sinkt aktuell, und erst am Freitag wurden 81 Straftäter nach Afghanistan abgeschoben.
Während die Bundesregierung also auf Begrenzung setzt, läuft es im CDU-regierten Berlin offenbar in die entgegengesetzte Richtung. Das dortige Landesamt für Einwanderung (LEA) vergibt so viele deutsche Pässe wie nie zuvor. 2024 wurden laut „Bild“ bereits 21.802 Ausländer eingebürgert – ein Rekord. Die Behörde feierte diesen Meilenstein sogar mit einer Torte, auf der „Einbürgerung 20.000“ stand.
Ambitioniertes Ziel für 2025: 40.000 Einbürgerungen
Für das Jahr 2025 hat sich LEA-Leiter Engelhard Mazanke (61) ein ambitioniertes Ziel gesetzt: 40.000 Einbürgerungen. Laut einem internen Protokoll, das „Bild“ vorliegt, sollen die Mitarbeiter die Zahl demnach verdoppeln. Bis Ende Juni 2025 wurden bereits 20.600 Personen eingebürgert – das Ziel scheint realistisch.
Hinter dem massiven Vorhaben steht ein strategischer Gedanke: Durch Einbürgerung werden Zuständigkeiten reduziert, die Ausländerquote sinkt, und Ressourcen können eingespart werden. Ein Sprecher der Behörde lobt das digitalisierte Verfahren: „Persönlich vorsprechen müssen die neuen Bundesbürger in der Regel erst zur Aushändigung der Einbürgerungsurkunde“, so der Sprecher gegenüber „Bild“.
Insider: „Wir müssen hohe Zahlen bei der Einbürgerung produzieren“
Während es von der Bundesregierung keine verbindlichen Zielzahlen für Asylbewerber gibt, verfolgt die Berliner Landesregierung unter Bürgermeister Kai Wegner (CDU) einen gegensätzlichen Ansatz: Es gibt ein klares Einbürgerungsziel. Das sorgt für erheblichen Druck innerhalb der Behörde. Ein LEA-Mitarbeiter berichtet anonym: „Wir müssen hohe Zahlen bei der Einbürgerung produzieren.“ Laut ihm müsse jeder Beschäftigte der zuständigen Abteilung acht Einbürgerungen pro Woche leisten. Im Gegenzug sei dann auch Homeoffice möglich. Die Behörde widerspricht dieser Darstellung nur halbherzig und betont, Anträge würden „individuell entschieden“.
Doch nicht alle Einbürgerungen scheinen gesetzeskonform abzulaufen. „Bild“ berichtet, dass die Berliner Generalstaatsanwaltschaft am Donnerstag die Wohnung eines LEA-Mitarbeiters durchsuchen ließ – Verdacht auf Bestechlichkeit und Falschbeurkundung im Amt. Der Verdächtige soll eine mazedonische Familie eingebürgert haben, obwohl er nicht zuständig war.
Inhaltliche Überprüfung finde kaum statt
Auch an den Sprachkenntnissen einiger Neubürger gibt es laut internen Stimmen Zweifel. Ein Mitarbeiter schildert seinen extremsten Fall: „Mein krassester Fall war, dass ich einer Einbürgerungskandidatin die Urkunde nicht aushändigen wollte, weil sie einfach zu schlecht Deutsch sprechen konnte.“ Erst nach intensivem Bitten durfte er die Übergabe verschieben.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die politische Gesinnung mancher Antragsteller. „Die Abgabe des Bekenntnisses zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung ist oft nur ein Lippenbekenntnis und eine Unterschrift auf dem Papier“, so der Mitarbeiter. Eine inhaltliche Überprüfung finde kaum statt, da die Antragsteller bis zur Urkundenübergabe niemand persönlich sieht. Dies sei ein „großer Nachteil der Digitalisierung“.
Die Behördenleitung betont hingegen die Vorteile: „Wie viel sicherer unser digitales Verfahren ist, haben die laufenden Ermittlungen gegen einen ehemaligen Mitarbeiter des Landesamtes für Einwanderung bewiesen“, so Mazanke auf Nachfrage.
Die Redaktion der „Bild“ verweist darauf, dass der zitierte LEA-Mitarbeiter persönlich bekannt und als vertrauenswürdig eingeschätzt werde. Das Landesamt wurde mit sämtlichen Vorwürfen konfrontiert, hat jedoch bislang nicht geantwortet.
https://www.focus.de/politik/deutschland/wer-genug-einbuergert-darf-ins-homeoffice-insider-spricht-von-pass-zwang_f2a8386a-e6f7-47ec-9343-626c3110147d.html