Zahlreiche Staaten rüsten massiv auf. Das schlägt sich in den Verkaufszahlen der weltgrößten Rüstungskonzerne nieder. Besonders deutsche Waffenproduzenten nehmen deutlich mehr Geld ein: Rheinmetall legte um 47 Prozent zu.
Die internationale Rüstungsindustrie erreicht einen neuen Umsatzrekord: Die 100 größten Waffenproduzenten steigerten ihre Einnahmen aus dem Verkauf von Rüstungsgütern und Militärdienstleistungen 2024 um währungsbereinigte 5,9 Prozent.
Das teilt das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri mit. Die 100 Unternehmen erreichten zusammen einen Umsatz von rund 679 Milliarden US-Dollar (entspricht aktuell rund 586 Milliarden Euro) – der höchste je verzeichnete Wert.
Angetrieben worden sei die Nachfrage nach Rüstungsgütern durch die Kriege in der Ukraine und im Gazastreifen, geopolitische Spannungen auf globalem wie regionalem Niveau sowie immer höhere Militärausgaben, sagen die Forscher. Viele Produzenten hätten ihre Fertigungslinien ausgebaut, Anlagen vergrößert, Tochtergesellschaften gegründet oder andere Unternehmen übernommen.
39 der 100 weltgrößten Unternehmen stammen aus den USA
Branchenprimus bleiben die USA: Gleich 39 der 100 weltgrößten Rüstungsunternehmen haben dort ihren Hauptsitz, darunter der unangefochtene Spitzenreiter Lockheed Martin sowie RTX und Northrop Grumman auf Rang zwei und drei der Sipri-Rangliste.
Zusammen kommen die 39 US-Konzerne nach einem Zuwachs um 3,8 Prozent auf Rüstungsumsätze in Höhe von 334 Milliarden Dollar, also fast die Hälfte der weltweiten Summe.
Die Rakete Starship von SpaceX startet zu einem Testflug von der Starbase in Boca Chica.
Foto: Eric Gay/AP/dpa
Erstmals tauchte dabei auch das US-Raumfahrtunternehmen SpaceX (Platz 77) von Elon Musk in den Top 100 auf: Die Rüstungseinnahmen des Unternehmens haben sich innerhalb eines Jahres auf 1,8 Milliarden Dollar mehr als verdoppelt.
Bei der Entwicklung und Produktion zentraler US-Rüstungsgüter wie dem Kampfjet F-35, U-Booten der Columbia-Klasse und der Interkontinentalrakete Sentinel beobachtet das Institut Verzögerungen und Budgetüberschreitungen. Dies sorge für Unsicherheiten, wann wichtige neue US-Waffensysteme und Upgrades für bestehende Systeme geliefert und eingesetzt werden könnten.
Großes Umsatzplus für deutsche Konzerne – Rheinmetall in Top 20
Deutlich legten die 26 aufgeführten Rüstungsunternehmen in Europa (ohne Russland) zu: Ihre gesammelten Umsätze wuchsen um 13 Prozent auf 151 Milliarden Dollar. „Dieser Anstieg war mit der Nachfrage aufgrund des Krieges in der Ukraine und der wahrgenommenen Bedrohung durch Russland verbunden“, erläutert das Friedensforschungsinstitut.
Die vier aufgeführten Konzerne aus Deutschland erzielten dabei zusammen einen Umsatzsprung um satte 36 Prozent auf nunmehr 14,9 Milliarden Dollar. Ein wesentlicher Grund dafür war laut Sipri die Nachfrage nach bodengestützten Luftabwehrsystemen, Munition und gepanzerten Fahrzeugen.
Deutschlands größter Rüstungskonzern Rheinmetall legte um 47 Prozent auf rund 8,2 Milliarden Dollar zu. Damit kletterte der Konzern in der Auflistung sechs Plätze nach oben und rangiert nun auf Platz 20.
Ein Panzer vom Typ „Fuchs“ in der Fertigung des Rüstungskonzerns Rheinmetall.
Foto: Swen Pförtner/dpa
Auch ThyssenKrupp (Rang 61), Hensoldt (62) und Diehl (67) erzielten zweistellige Umsatzsprünge, womit sie ebenfalls jeweils mehrere Plätze nach oben rutschten. Airbus (Platz 13), MBDA (30) und KNDS (42) werden von Sipri als transeuropäische Konzerne eingestuft.
So wirken sich die Kriege auf die Rüstungseinnahmen aus
Das ukrainische Unternehmen JSC Ukrainian Defense Industry steigerte seine Rüstungsumsätze um 41 Prozent auf 3 Milliarden Dollar.
Die ukrainischen Marschflugkörper Flamingo sollen eine Reichweite von 3.000 Kilometern haben.
Foto: Efrem Lukatsky/AP/dpa
Die beiden russischen Konzerne Rostec und United Shipbuilding Corporation kamen gemeinsam auf ein Plus von 23 Prozent auf 31,2 Milliarden Dollar – obwohl internationale Sanktionen Rüstungskomponenten knapp werden ließen. Der eigene Bedarf des russischen Militärs machte die Verluste durch fallende Rüstungsexporte laut Sipri mehr als wett.
Israels militärisches Vorgehen im Gazastreifen trug zum einen zu gesteigerten Umsätzen der drei israelischen Konzerne in der Auflistung bei, die zusammen ein Plus von 16 Prozent auf 16,2 Milliarden Dollar verzeichneten.
Irone-Dome-Verteidigungssystems (l), eines Boden-Luft-Raketensystems (SAM), der MIM-104 Patriot (C), und einer antiballistischen Rakete, der Arrow 3 (r) auf dem israelischen Luftwaffenstützpunkt Hatzor in Zentralisrael, am 25. Februar 2016.
Foto: Gil Cohen-Magen/AFP über Getty Images
Zum anderen ließ das globale Interesse an fortschrittlicher israelischer Militärausrüstung kaum nach. Mehrere Staaten hätten 2024 neue Bestellungen bei den israelischen Unternehmen in Auftrag gegeben.
China mit Problemen
Besonders die Abhängigkeit von kritischen Mineralien dürfte die europäischen Aufrüstungspläne erschweren, schätzte Sipri-Forscherin Jade Guiberteau Ricard ein. Bei solchen Mineralien ist Europa unter anderem stark auf Lieferungen aus China angewiesen, das etwa bei seltenen Erden quasi eine Monopolstellung innehat.
Die chinesische Rüstungsindustrie ringt nach Angaben der Friedensforscher selbst mit ganz anderen Problemen. „Eine Reihe von Korruptionsvorwürfen bei der chinesischen Waffenbeschaffung haben dazu geführt, dass große Rüstungsaufträge 2024 aufgeschoben oder storniert wurden“, berichtete Sipri-Fachmann Nan Tian.
Chinas erster im eigenen Land gebauter Flugzeugträger Shandong läuft am 3. Juli 2025 in Hongkong ein. Der 2019 in Dienst gestellte 305 Meter lange Flugzeugträger gilt als der Schlüssel zu den Ambitionen des Landes unter Präsident Xi Jinping, der einen massiven Ausbau der Marine vorgab.
Foto: Peter Parks/AFP via Getty Images
Eine Folge davon ist, dass die chinesischen Rüstungsumsätze um 10 Prozent einbrachen. Dadurch gingen sie in der Region Asien und Ozeanien insgesamt – trotz beträchtlicher Zuwächse in Japan und Südkorea – um 1,2 Prozent auf 130 Milliarden Dollar zurück. Damit war diese Weltregion die einzige mit rückläufigen Zahlen.
Greenpeace: Europa wird zum Aufrüstungs-Hotspot
Greenpeace kommentiert mit Blick auf die Zahlen, dass sich die Rüstungsproduktion immer stärker Richtung Europa verlagert. Während die Einnahmen der US-Konzerne nur moderat angestiegen und in China gesunken seien, seien sie auf dem hiesigen Kontinent förmlich explodiert, sagte Alexander Lurz dpa. „Europa wird immer mehr zum Hotspot der weltweiten Aufrüstung.“
Das globale Allzeithoch bei den Rüstungsumsätzen zeige, dass die internationale Gemeinschaft auf dem falschen Weg immer schneller voranschreite. „Sicherheit und Frieden entstehen so sicher nicht“, monierte Lurz.
Die Sipri-Datenbank zu globalen Rüstungsumsätzen wurde 1989 ins Leben gerufen. Seit 2015 umfassen die Daten auch Informationen chinesischer Unternehmen. Das Institut rechnet dabei jeglichen Verkauf von schweren Waffen und militärischen Dienstleistungen an militärische Abnehmer im In- und Ausland ein. (dpa/ks)