Der neue Eltern-Kind-Pass lässt Ärzte aufschreien. Frauenarzt Dr. Armin Breinl nennt Gender-Kategorien wie „inter/divers“ bei Neugeborenen realitätsfremd. „Das ist nicht mehr Medizin.“ Überdies droht der Pass mit 150 Fragen zum Bürokratie-Monster zu werden.
Über den neuen Eltern-Kind-Pass schüttelt der erfahrene Frauenarzt Dr. Armin Breinl ungläubig den Kopf. Es beginnt bei der Umbenennung im vergangenen Jahr. „Er heißt ja inzwischen nicht mehr Mutter-Kind-Pass, sondern Eltern-Kind-Pass – obwohl eigentlich außer Mutter und Kind niemand etwas darin verloren hätte“, meint er im exxpressTV-Studio. Doch das ist der harmlose Teil.
„Offen/inter/divers“ beim Neugeborenen? Der neue Eltern-Kind-Pass zwingt Ärzte zu Angaben, die medizinisch bei der Geburt gar nicht möglich sind.GETTYIMAGES/EXXPRESSTVÜber den neuen Eltern-Kind-Pass schüttelt der erfahrene Frauenarzt Dr. Armin Breinl ungläubig den Kopf. Es beginnt bei der Umbenennung im vergangenen Jahr. „Er heißt ja inzwischen nicht mehr Mutter-Kind-Pass, sondern Eltern-Kind-Pass – obwohl eigentlich außer Mutter und Kind niemand etwas darin verloren hätte“, meint er im exxpressTV-Studio. Doch das ist der harmlose Teil.
Das macht Ärzte fassungslos
Breinl zeigt im TV-Studio jene Seite des Passes, die Hebammen und Ärzte gleich nach der Geburt ausfüllen müssen: „Hier steht das Geschlecht. Und jetzt soll ich bei einem Kind, das frisch vor mir liegt, bei dem ich sehe, ob es ein Zipferl hat oder nicht, ankreuzen: männlich, weiblich – oder ‚offen/inter/divers‘ oder ‚keine Angabe‘.“
Der neue Mutter-Kind-Pass: Breinl zeigt in die Kamera, was Ärzte seit dem vergangenen Jahr ausfüllen müssen.EXXPRESSTV/EXXPRESSTVFür ihn ist klar: „Dass man zu diesem Zeitpunkt über solche Dinge diskutieren soll, halte ich für den größten Wahnsinn.“ Nun drohen sogar rechtliche Probleme: „Wer weiß, ob nicht jemand in ein paar Jahren kommt und sagt: ‚Die Zuschreibung war falsch.‘ Und wir sollen das verantworten.“
Als Arzt frage man sich: „Was macht an der Medizin noch Sinn, wenn wir nur noch über solche Blödheiten diskutieren?“
„Das ist nicht mehr Medizin“
Breinl klagt: „Im neuen Eltern-Kind-Pass sind viele solche Fragen. Das ist nicht mehr Medizin. Das ist sozialmedizinischer Unsinn und psychologischer Ballast für Ärzte.“
Auf die Frage, ob er je ein Neugeborenes gesehen habe, bei dem „divers“ eine sinnvolle Bezeichnung wäre, entgegnet Breinl: „Die Frage ist ja: Was heißt ‚divers‘ überhaupt? Fehlbildungen erkennt man nicht anhand eines Wunschdenkens, sondern medizinisch.“
Zwischen Kopfschütteln und Fassungslosigkeit: Frauenarzt Dr. Armin Breinl erklärt im Gespräch mit exxpress-Redakteur Stefan Beig, warum er den neuen Eltern-Kind-Pass für völlig verfehlt hält.EXXPRESSTV/EXXPRESSTVHätte selbst in Ausnahme-Fällen nicht geholfen
Der steirische Frauenarzt schildert einen Fall aus seiner Praxis: „Ich hatte ein AGS-Syndrom – da haben wir schon im Ultraschall diskutiert: Ist es Bub oder Mädchen? Die Klinik hat sich dann für ‚Bub‘ entschieden. Bei der Geburt wurde es ebenfalls als Bub diagnostiziert, weil es ein sehr langes Zipferl hatte – letztlich war es eine ausgeprägte Klitoris. Erst einige Tage später wurde eindeutig festgestellt, dass es ein Mädchen ist.“
Doch selbst hier hätte der neue Pass nicht geholfen: „Auch da hätten wir nicht gewusst, was wir eintragen sollen. Es wirkte wie ein Bub – also hätte man ‚männlich‘ eingetragen.“
Armin Breinl hat in seiner Ärztelaufbahn zehntausende Mutter-Kind-Pässe ausgefüllt.EXXPRESSTV/EXXPRESSTVDas Geschlecht lässt sich bei der Geburt nicht „divers“ bestimmen
Breinl fällt ein hartes Urteil: „Sich in solchen Fällen mit Kategorien wie ‚divers‘ zu beschäftigen, halte ich für völlig realitätsfern. Das hat mit medizinischer Ausbildung und Praxis nichts zu tun.“
Auf die Frage, ob man bei der Geburt medizinisch feststellen könne, ob ein Neugeborenes „divers“ ist, sagt Breinl: „Medizinisch kann man das bei einem Neugeborenen nicht bestimmen.“
Er erklärt die medizinischen Grundlagen: „Wir können es genetisch abklären: Gibt es XX, dann ist es ein Mädchen. Gibt es XY, dann ist es ein Bub. Wenn es etwas dazwischen gibt, könnte man das vielleicht später feststellen – aber sicher nicht im Rahmen der Geburt.“
40 Jahre Erfahrung – und kein einziger Fall für diese Kategorien
Armin Breinl hat in seiner mehr als 40-jährigen Laufbahn als Frauenarzt zehntausende Mutter-Kind-Pässe ausgefüllt. Genau deshalb belasten ihn diese neuen Vorgaben so sehr: „Weil wir wissen, wie absurd sie sind. Ich glaube, dass keiner der Verantwortlichen bis drei zählen kann, wenn er solche Vorgaben macht.“
Sein Urteil: „Ich kenne keinen einzigen Arzt, der sagt: ‚Ja, wir entscheiden künftig direkt nach der Geburt, ob ein Kind inter oder divers ist.‘ Das ist völlig verrückt.“
2026 kommt die Digitalisierungspflicht – und damit die nächste Bürokratie-Welle
Das ist noch nicht alles. Am dem kommenden Jahr soll der neue elektronische Eltern-Kind-Pass verpflichtend eingeführt werden. Alle neu festgestellten Schwangerschaften müssen dann ausschließlich digital erfasst werden. Parallel dazu wird das gesamte Untersuchungsprogramm überarbeitet – mit zusätzlichen Abfragen, neuen Formularen und erweiterten Dokumentationspflichten. Schon jetzt ist klar: Die Ordinationen werden dafür eigene Terminals, zusätzliche Software und mehr Personal brauchen.
Breinl berichtet: „Was bisher bekannt ist, sind 100 bis 150 neue Fragen – wenn nicht noch mehr. Wer soll das überhaupt noch managen?“ Zwei jüngere Kollegen hätten ihm bereits gesagt, sie würden bei Einführung diese Systems aufhören und ihre ärztliche Tätigkeit beenden. Für viele Ärzte ist absehbar: Der elektronische Eltern-Kind-Pass ist dann nicht nur ein Gender-Pass, er wird auch noch zum Bürokratie-Monster.
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