22. Oktober 2025

ddbagentur.com

ddbagentur / ddbradio / ddbnews

Kein russisches Gas mehr: Mehrheit der EU-Länder stimmt für Ausstieg

 

Spätestens Ende 2027 soll weder Pipeline-Gas noch Flüssiggas aus Russland in die EU fließen. Bis dahin sollen auch alle langfristigen Verträge gekappt werden. Sei „plötzlich“ die „Energieversorgung ernsthaft gefährdet“, dann kann die EU-Kommission das Importverbot kurzfristig aussetzen. Wirtschaftsministerin Reiche begrüßt das geplante Gesetz.

Eine Mehrheit der EU-Länder hat sich für ein Ende russischer Gaslieferungen bis Ende 2027 ausgesprochen. Die EU-Energieminister stimmten in Luxemburg für ein Gesetz, das einen schrittweisen Ausstieg vorsieht. Die Slowakei und Ungarn, die noch große Mengen Gas aus Russland beziehen, wurden überstimmt.
Russisches Pipeline-Gas und Flüssiggas (LNG) machten nach Kommissionsangaben im vergangenen Jahr rund 19 Prozent der Gasimporte der 27 EU-Staaten aus. Rund ein Drittel davon bezogen europäische Abnehmer aus kurzfristigen Verträgen, die einfacher kündbar sind. Diese Lieferungen sollen dem Gesetzentwurf zufolge spätestens zum 17. Juni kommenden Jahres enden.

Langfristige Verträge für Binnenstaaten enden 2027

Bis Ende 2027 können langfristige Verträge weiterlaufen, die über Pipelines an Länder, die keinen Zugang zu Wasser und Häfen haben, gehen. Für diese Staaten ist es schwieriger, russisches Pipeline-Gas durch per Schiff geliefertes LNG zu ersetzen. Insbesondere Ungarn und die Slowakei könnten damit bis dahin weiter Gas aus Russland importieren.
Das Gesetz sieht eine Notfallklausel vor. Sollte „plötzlich“ die „Energieversorgung eines oder mehrerer Mitgliedstaaten ernsthaft gefährdet“ sein, kann die EU-Kommission das Importverbot kurzfristig aussetzen.
Die EU-Staaten müssen nun mit dem Europaparlament über den Gesetzentwurf beraten. „Ich hoffe, dass wir dieses Paket bis Neujahr beschließen können“, sagte der dänische Energieminister Lars Aagaard.
Per Pipeline gelangt russisches Gas in die Slowakei, Bulgarien und Ungarn. Flüssigerdgas aus Russland landet beispielsweise in französischen oder spanischen Häfen an. Deutschland importiert direkt zwar kein Gas aus Russland mehr. Es ist aber davon auszugehen, dass russisches LNG über den Gasbinnenmarkt der EU auch in hiesige Leitungen und Speicher strömt.

Erdgaspipelines von Russland nach Europa, politische Karte. Bestehende Hauptpipelines, dargestellt in verschiedenen Farben: Nord Stream, Yamal, Brotherhood, Zentralasien, Soyouz, Blue Stream und Turkstream.

Foto: PeterHermesFurian/iStock

Wirtschaftsministerin Reiche begrüßt den Ausstieg

Die Entscheidung sie für die Slowakei „wirtschaftlich hochsensibel“, sagte die slowakische Wirtschaftsministerin Denisa Sakova während der Sitzung. „Wir werden zu den am stärksten negativ betroffenen Mitgliedstaaten gehören.“ Sie forderte „finanzielle Unterstützung durch EU-Instrumente“.
Ungarns Außenminister Peter Szijjarto erklärte, die Energieversorgung habe „nichts mit Politik zu tun“. Er warf Kroatien erneut vor, für Gaslieferungen über die sogenannte Adria-Pipeline – Ungarns größte Alternative zur Pipeline aus Russland – zu hohe Preise zu verlangen. Sein kroatischer Amtskollege wies die Anschuldigungen zurück.
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) sowie Amtskollegen aus weiteren Staaten räumten ein, dass der Ausstieg für Länder ohne direkten Zugang zu LNG-Terminals am Wasser schwieriger sei. „Wir wollen einen wichtigen Schnitt machen, damit Putin seinen Krieg nicht weiter aus Energielieferungen, Rohstofflieferungen finanzieren kann“, betonte Reiche jedoch.
Für Deutschland sei der Beschluss leichter als für Ungarn und die Slowakei, sagte Reiche. „Deutschland bezieht kein russisches Gas mehr, Deutschland bezieht auch kein russisches Öl mehr“, erklärte sie. Das Gesetz würde auch eine Wiederaufnahme von Gaslieferungen durch die Nordsee-Pipeline Nord Stream 2 endgültig ausschließen.
„Wir stehen einem Land gegenüber, das Energie gegen uns als Waffe eingesetzt hat“, sagte EU-Energiekommissar Dan Jörgensen. In dieser Position solle sich die EU „nie wieder“ befinden müssen.
Dänemark, das derzeit den Vorsitz im Rat der 27 EU-Länder innehat, rechnete bereits im Vorfeld mit einer Mehrheit für den Ausstieg. (afp/ks)