11. August 2025

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EU-Medienfreiheitsgesetz erlaubt Verhaftung von Journalisten, wenn es das „Allgemeininteresse“ rechtfertigt

 

Die EU feiert sich für ein neues „Europäisches Medienfreiheitsgesetz“, doch darin gibt es zahlreiche Vorschriften, die ein Vorgehen gegen vermeintliche Desinformationen fordern – außerdem wird die Verhaftung von Journalisten gerechtfertigt, wenn das im „Allgemeininteresse“ liegt.

Am Freitag ist der sogenannte „European Media Freedom Act“, das Europäische Medienfreiheitsgesetz, vollständig in Kraft getreten. Das bedeutet, dass die gesamte Verordnung in allen 27 Mitgliedsstaaten umgesetzt werden muss. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen lobte das Inkrafttreten des Gesetzes am Freitag auf X. „Eine freie und unabhängige Presse ist eine wesentliche Säule unserer Demokratie. Mit unserem Europäischen Gesetz zur Medienfreiheit wollen wir ihren Schutz verbessern. So können Journalisten ihre wichtige Arbeit sicher und ohne Störungen oder Einschüchterungen fortsetzen.“

Die EU lobt sich dafür, dass mit dieser Verordnung der Quellenschutz und Journalismus vermeintlich gestärkt werden sollen. In Artikel 4 heißt es etwa, dass Journalisten nicht zur Preisgabe ihrer Quellen durch den Einsatz von Spionagesoftware oder Verhaftungen gedrängt werden dürfen. Allerdings erlaubt die EU auch Ausnahmen von diesem Verbot: So heißt es, dass Verhaftungen, Sanktionierungen oder das Abfangen von Journalisten erlaubt sind, wenn es „nach Unionsrecht oder nationalem Recht vorgesehen“ sei und „im Einzelfall durch einen überwiegenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt und […] verhältnismäßig“ sei.

Auch der Einsatz von „intrusiver Überwachungssoftware“ darf zu diesen Zwecken eingesetzt werden. Die EU-Verordnung erlaubt es, dass die Überwachungssoftware eingesetzt wird, wenn wegen bestimmter Straftaten ermittelt wird, die in einem Mitgliedsstaat mindestens mit einer Höchststrafe von drei Jahren Freiheitsstrafe belegt sind. Laut der Vorschrift zum EU-Haftbefehl fallen unter die Straftaten neben Terrorismus oder Menschenhandel auch „Rassismus und Fremdenfeindlichkeit“.

Außerdem sollen nationale Listen angelegt werden, in denen die Eigentümer und die Adressen der Medien vermerkt sind, wie es in Artikel 6 heißt. Bezüglich des Umgangs mit Desinformationen werden zahlreiche Vorschriften gemacht. So heißt es, dass „globale Online-Plattformen“ als „Zugangstor zu Medieninhalten“ fungieren – mit Geschäftsmodellen, „die dazu neigen, den Zugang zu Mediendiensten zu unterbinden und polarisierende Inhalte und Desinformation zu verstärken“.

 

Laut EU gäbe es Medienanbieter, die systematisch Desinformation verbreiten und die Freiheit des Binnenmarktes ausnutzen würden. Darum empfiehlt die EU-Richtlinie eine stärkere Zusammenarbeit nationaler Regulierungsbehörden. Es wird empfohlen, dass sich eine EU-Behörde einmal jährlich mit den Internetplattformen, Vertretern von Mediendiensten wie Zeitungen oder Rundfunk und Organisationen aus der Zivilgesellschaft trifft, um unter anderem die Umsetzung von Initiativen zum Vorgehen gegen Desinformation zu kontrollieren. Das könnte etwa das „Europäische Gremium für Mediendienste“ übernehmen, das die Aufgaben der „Europäischen Regulierungsgruppe für audiovisuelle Mediendienste (ERGA)“ bekommen soll.

 

 

EU-Medienfreiheitsgesetz erlaubt Verhaftung von Journalisten, wenn es das „Allgemeininteresse“ rechtfertigt