Eine solche Aktion, bei der Millionen Menschen sich wortlos und friedlich vor ein Regierungsgebäude setzen, um gegen den Krieg zu protestieren, hätte eine geradezu tektonische Wirkung – auf psychologischer, gesellschaftlicher und globaler Ebene. Für Deutschland würde das gleich mehrfach bedeutsam sein.
Zunächst wäre es ein monumentales Symbol kollektiven Gewissens. Millionen Menschen, die sich bewusst auf den Boden setzen, verkörpern eine Macht, die weit größer ist als Panzer oder Politiker. Sie demonstrieren damit: „Wir verweigern uns. Wir setzen uns – anstatt uns instrumentalisieren zu lassen. Wir sind nicht mehr verfügbar für eure Gewaltspirale.“ Es wäre ein sichtbarer Bruch mit der üblichen Narration von Staatsräson, Pflicht und geopolitischen ‚Sachzwängen‘.
In einem Land wie Deutschland, das in der Weltgeschichte durch zwei Weltkriege ein düsteres Mahnmal hinterlassen hat, wäre eine solche Aktion eine stille, aber ohrenbetäubend laute Botschaft: Nie wieder Krieg – und diesmal nicht bloß als Floskel. Diese Menschen würden zeigen, dass sie nicht nur die Vergangenheit betrauern, sondern aktiv verhindern wollen, dass die Gegenwart wieder in dieselben Abgründe kippt. Damit würde Deutschland ein völlig anderes Gesicht in die Welt projizieren: nicht das des eilfertigen NATO-Partners oder des still administrierenden Mitläufers, sondern das einer selbstbestimmten Gesellschaft, die moralisch Verantwortung übernimmt und eine rote Linie zieht.
Psychologisch wäre es eine kollektive Katharsis. Eine Sitzblockade von Millionen Menschen zwingt dazu, innezuhalten. Sie transformiert den öffentlichen Raum in einen Raum des Gewissens. In einer Welt, die ständig rennt, laut ist, konsumiert und eskaliert, wäre diese Stille ein heiliger Moment der Menschlichkeit. Sie würde medial weltweit übertragen, interpretiert und in zahllosen Köpfen reproduziert. Bilder von still sitzenden Menschen haben mehr Sprengkraft als marschierende Soldaten.
Darüber hinaus würde eine solche Aktion anderen Ländern zeigen, dass Bürger nicht ohnmächtig sind. Sie könnte als Blaupause dienen. Sie würde Menschen Mut machen, in ihren eigenen Ländern ähnlich aufzustehen – oder besser gesagt: sich hinzusetzen. Gerade weil Deutschland ökonomisch und politisch oft als Taktgeber Europas gesehen wird, hätte diese Aktion eine Vorbildwirkung, die weit über die Landesgrenzen hinausgeht.
Schließlich wäre es ein gigantisches Zeichen von Solidarität. Nicht nur mit den eigenen Kindern, deren Zukunft auf dem Spiel steht, sondern auch mit den Menschen in jenen Ländern, die bereits zerbombt werden. Es wäre ein Bekenntnis zur gemeinsamen Menschlichkeit, das sagt: „Wir haben verstanden, dass Krieg immer auf eurem Rücken ausgetragen wird – und wir verweigern uns, Teil dieser Maschinerie zu sein.“
Kurz gesagt: eine solche Aktion wäre kein Protest im alten Sinn, sondern eine visuelle Revolution des Gewissens. Sie würde das Bild des „deutschen Michels“ endgültig pulverisieren – und der Welt zeigen, dass ein Volk sich nicht länger in Kriegsabenteuer treiben lässt, sondern bereit ist, Geschichte neu zu schreiben. Friedlich. Aber unmissverständlich.
@dawidsnowden