In Großbritannien ist die Meinungsfreiheit de facto nicht mehr existent, wie die Daily Mail berichtet. Die offiziellen Zahlen der britischen Polizei melden etwa 10.000 Festnahmen jährlich wegen Posts im Internet, deren Inhalt den Behörden nicht gefällt.
Wer wissen will, wohin die EU und Deutschland steuern, muss nur einen Blick nach Großbritannien werfen, wo die Meinungsfreiheit im Netz vor einigen Jahren mit einem äußerst schwammig formulierten Gesetz ausgehebelt wurde. Die Folge ist, dass seit Jahren etwa 10.000 Menschen wegen Posts im Netz, die der Regierung nicht gefallen, verhaftet werden. Nicht alle werden am Ende verurteilt, aber die Einschüchterung trifft alle und hinterlässt Spuren.
Die britische Daily Mail hat darüber in einem Artikel berichtet, den ich übersetzt habe. Im Original sind auch einige sehr aussagekräftige Grafiken über die Zahl der Festnahmen und deren regionale Verteilung zu sehen.
Beginn der Übersetzung:
Großbritanniens Polizeistaat demaskiert: Karte enthüllt schockierende Zahlen von Festnahmen wegen „beleidigender“ Social-Media-Posts
Der britische Polizeistaat wird heute demaskiert, denn die Daily Mail enthüllt, welche Polizeibehörden die meisten Festnahmen wegen „beleidigender“ Social-Media-Posts durchgeführt haben.
Die von der Daily Mail erhobenen Zahlen zeigen, dass einige Polizeibehörden Festnahmen wegen „beleidigender“ Social-Media-Posts in „äußerst besorgniserregendem“ Ausmaß vornehmen.
Die Polizei von Cumbria verzeichnete 2024 mit 42,5 Festnahmen pro 100.000 Einwohner (217 Festnahmen) die höchste Festnahmerate des Landes, 20-mal höher als die niedrige Rate der Polizei von Staffordshire von 2,1 (21 Festnahmen).
Die Polizei von Gwent folgte mit einer Rate von 33,9 und insgesamt 204 Festnahmen.
Das Versenden „grob beleidigender“ Nachrichten oder das Teilen von Inhalten „unanständigen, obszönen oder bedrohlichen Charakters“ über elektronische Kommunikationsnetze wird mit bis zu zwei Jahren Haft oder einer unbegrenzten Geldstrafe geahndet.
Doch Tausende von Menschen wurden festgenommen und verhört, weil sie Nachrichten verschickt hatten, die bei anderen lediglich Ärger, Unannehmlichkeiten oder Ängste verursachten.
Die alarmierenden Unterschiede bei den Festnahmequoten haben Kritik von Bürgerrechtsgruppen hervorgerufen. Diese werfen einigen Behörden vor, das Internet übermäßig zu überwachen und die Meinungsfreiheit durch „vage“ Kommunikationsgesetze einzuschränken.
Maya Thomas, Rechts- und Politikbeauftragte der Bürgerrechtsorganisation Big Brother Watch, bezeichnete die Zahl der Festnahmen in einer liberalen Demokratie wie Großbritannien als „äußerst besorgniserregend“.
Die Gesamtzahl der Festnahmen sank im vergangenen Jahr auf 9.700, nachdem sie 2023 mit 13.800 einen Höchststand erreicht hatte. Sie liegt aber weiterhin über dem Niveau vor der Pandemie.
Frau Thomas sagte: „Trotz der Zusicherungen des Premierministers, dass ‚niemand zensiert wird‘, erwirbt sich Großbritannien leider international den Ruf eines Landes, in dem Online-Äußerungen mit mehr Eifer überwacht werden als jene Verbrechen, die den Menschen die größten Sorgen bereiten. Die enormen Unterschiede bei den Festnahmezahlen der verschiedenen Polizeibehörden zeigen, wie interpretationsbedürftig die britischen Gesetze zur Meinungsfreiheit sind. Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist ein hohes Gut in Großbritannien und ein Grundpfeiler unserer Demokratie. Doch gerade diese erschreckenden Festnahmen wegen Online-Äußerungen, die möglicherweise keinerlei reale Gefahr bergen, werden untergraben. Die Regierung sollte die Gesetze, die diese massiven Festnahmen wegen Online-Äußerungen ermöglichen, umgehend überprüfen und den sich verschlechternden Ruf Großbritanniens in Bezug auf die Bürgerrechte retten.“
Die 39 von 45 Polizeibehörden, die auf die Informationsfreiheitsanfragen der Daily Mail geantwortet haben, haben im vergangenen Jahr zusammen rund 9.700 Personen gemäß Abschnitt 127 des Communications Act 2003 und Abschnitt 1 des Malicious Communications Act 1988 festgenommen.
Die tatsächliche Zahl der Festnahmen dürfte jedoch höher liegen, da sechs Polizeibehörden, darunter Police Scotland, die zweitgrößte Polizeibehörde Großbritanniens, Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz entweder nicht beantwortetet oder unzureichende Daten geliefert haben.
Als Leiter der Staatsanwaltschaft erließ Sir Keir Starmer eine Richtlinie des Crown Prosecution Service, wonach beleidigende Nachrichten in sozialen Medien nur in „extremen Fällen“ strafrechtlich verfolgt werden sollten
Es bestehen jedoch Bedenken, dass einige Polizeibehörden ihre Befugnisse überschreiten könnten, und die Befürchtung, dass Beamte die Demokratie durch Festnahmen wegen böswilliger Kommunikation einschränken könnten.
Die Empörung darüber, dass die Polizei ihre Zeit verschwendet, hat zugenommen, da offizielle Zahlen zeigen, dass 2023 90% aller Straftaten unaufgeklärt blieben, gegenüber 75% im Jahr 2015.
Laut einer Umfrage des Thinktanks Policy Exchange geben nur 7% der Erwachsenen an, dass Online-Hassverbrechen für die Polizei höchste Priorität haben sollten. Stattdessen würden sie es vorziehen, sie würde sich mit Gewalt, Einbruch, Raub und Drogenhandel befassen.
David Spencer, Leiter des Kriminal- und Justizteams von Policy Exchange, sagte der Daily Mail: „Wenn Polizeipräsidenten ihre begrenzten Ressourcen für die Überwachung sozialer Medien einsetzen, bedeutet das, dass sie diese Ressourcen nicht für die Bekämpfung von Messerkriminalität, Sexualdelikten und Ladendiebstahl verwenden. Wie Policy Exchange bereits gezeigt hat, hat die Bekämpfung von Online-Hassverbrechen für die große Mehrheit der Bevölkerung keine Priorität. Die unterschiedlichen Vorgehensweisen der Polizeibehörden deuten darauf hin, dass das Ausmaß der Meinungsfreiheit, das uns zusteht, vom jeweiligen Wohnort abhängt. Polizeichefs sollten ihre operative Unabhängigkeit nutzen, um sich auf die Belange der gesetzestreuen Mehrheit zu konzentrieren, und die Regierung sollte Gesetze erlassen, um überzogene, auf Meinungsäußerung basierende Straftatbestände zu verschärfen, die die Meinungsfreiheit übermäßig einschränken.“
Die Debatte über die Polizeiarbeit bei Festnahmen aufgrund von Social-Media-Beiträgen rückte in den Vordergrund der öffentlichen Aufmerksamkeit, als Graham Linehan, der Schöpfer von „Father Ted“, im September wegen seiner Äußerungen zu Transgender-Rechten festgenommen wurde.
Er wurde nach seiner Ankunft aus den USA am Flughafen Heathrow von fünf bewaffneten Beamten festgenommen. Hintergrund waren drei Tweets, die laut Polizei den Verdacht der Anstiftung zu Gewalt begründeten.
Seine Festnahme löste Empörung bei prominenten Persönlichkeiten wie Harry-Potter-Autorin J.K. Rowling aus, die sich für ihn einsetzte und die Inhaftierung als „absolut verwerflich“ bezeichnete.
Einen Monat später gab die Staatsanwaltschaft bekannt, dass sie „keine weiteren Maßnahmen“ ergreifen werde, nachdem die Metropolitan Police die Akte zu dem Fall übermittelt hatte.
Ein weiteres alarmierendes Beispiel für die Bedrohung der Meinungsfreiheit ist die Festnahme der Eltern Maxie Allen und Rosalind Levine durch die Polizei von Hertfordshire im Januar.
Die Beamten hielten sie elf Stunden lang in einer Zelle fest, da sie der Belästigung und der Beleidigung beschuldigt wurden. Zuvor hatte die Grundschule ihres Kindes die Vielzahl der von ihnen versandten E-Mails und die „abfälligen“ Kommentare in einer WhatsApp-Gruppe beanstandet.
Mindestens sechs uniformierte Polizisten erschienen, um sie wegen Nachrichten festzunehmen, die zwar als sarkastisch verstanden werden konnten, aber eindeutig alles andere als „beleidigend oder böswillig“ waren.
Nach fünfwöchigen Ermittlungen kam die Polizei zu dem Schluss, dass keine weiteren Maßnahmen erforderlich seien.
Ein weiteres berüchtigtes Beispiel für Polizeigewalt war der Fall des 71-jährigen pensionierten Hilfspolizisten Julian Foulkes im November 2023.
Er wurde von sechs Beamten der Polizei von Kent – derselben Polizeibehörde, der er zehn Jahre seines Lebens gegeben hatte – in seinem Haus festgenommen, nachdem er im November 2023 auf X einen Unterstützer pro-palästinensischer Demonstrationen befragt hatte.
Herr Foulkes hatte einen Account, der die pro-palästinensischen Proteste unterstützte, verspottet und gesagt: „Nur noch ein Schritt bis zum Sturm auf Heathrow, um nach jüdischen Ankömmlingen zu suchen.“
Die Beamten durchsuchten sein Haus und machten Bemerkungen über seine „sehr Brexit-lastige“ Büchersammlung, bevor sie seine Geräte beschlagnahmten und ihn acht Stunden lang festhielten.
Im Jahr 2025 räumte die Polizei von Kent ein, dass die Verwarnung ein Fehler gewesen war, löschte sie aus Herrn Foulkes’ Akte und sprach ihm außerdem eine Entschädigung in Höhe von 20.000 Pfund für die erlittene Tortur zu.
In allen drei genannten Fällen – Maxie Allen und Rosalind Levine, Graham Linehan und Julian Foulkes – konnte die Free Speech Union den Betroffenen ein Anwaltsteam zur Seite stellen, woraufhin die Polizei keine weiteren Maßnahmen ergriff. Die Organisation unterstützt sie nun bei der Einreichung von Klagen gegen die jeweiligen Polizeibehörden wegen unrechtmäßiger Verhaftung.
Gründer und Generalsekretär Toby Young bezeichnete die „übereifrige Verfolgung verletzender Äußerungen in sozialen Medien“ als „nationalen Skandal“.
Er sagte: „Die Free Speech Union hat sich stets für Menschen eingesetzt, die verhaftet wurden, weil sie in sozialen Medien oder privaten Messenger-Gruppen etwas vermeintlich Beleidigendes geäußert haben. Wir haben Graham Linehan, Julian Foulkes, Maxie Allen und Rosalind Levine – allesamt Mitglieder der FSU – kostenlos Anwaltsteams zur Seite gestellt, und es ist maßgeblich unserer Hilfe zu verdanken, dass die Anklagen gegen sie fallen gelassen wurden. Tatsöchlich helfen wir ihnen nun bei Klagen gegen die Polizei wegen unrechtmäßiger Verhaftung und gehen davon aus, in jedem einzelnen Fall erfolgreich zu sein. Die übereifrige Verfolgung verletzender Äußerungen in sozialen Medien ist ein nationaler Skandal. In Russland wurden 2023 3.253 Menschen wegen Online-Äußerungen verhaftet, in Großbritannien hingegen viermal so viele. Dies hat nicht nur eine abschreckende Wirkung auf die Meinungsfreiheit, sondern schadet auch Großbritanniens Ansehen im Ausland. Ich war vor einigen Wochen in Washington und habe aufgehört zu zählen, wie viele Menschen mich fragten, ob sie bei der Einreise nach Großbritannien aufgrund ihrer Online-Äußerungen mit einer Verhaftung rechnen müssten. Es war mir zutiefst peinlich, mit „Ja“ antworten zu müssen. Großbritannien ist die Wiege der parlamentarischen Demokratie und galt einst als Vorbild im Schutz der Meinungsfreiheit. Jetzt werden wir zum Nordkorea der Nordsee.“
Im Juli erörterte der konservative Peer David Frost die tieferliegenden Probleme Großbritanniens hinsichtlich der Ausgestaltung seiner Gesetze zur Überwachung von Online-Äußerungen.
Während einer Debatte im House of Lords sagte er: „Diese Gesetze werfen eine Reihe von Problemen auf. Erstens gibt es eine schleichende Ausweitung der Definitionen, mit Begriffen wie ‚grob beleidigend‘, ‚missbräuchlich‘, ‚verletzend‘ und ‚falsch‘ – wer legt diese Begriffe eigentlich fest? Was diese Begriffe tatsächlich bedeuten, hängt letztlich nicht vom Gesetz, sondern von den Richtlinien der Staatsanwaltschaft ab, die sich leicht an die jeweilige Mode und die vorherrschenden Ansichten anpassen lassen. Zweitens gibt es den abschreckenden Effekt. In einem Land, in dem es offenkundig Probleme mit Einwanderung und Integration gibt, ist die legitime Kritik des einen für den anderen eine Beleidigung oder ein Missbrauch. Ist es beispielsweise legitim, über die unterschiedlichen Merkmale von Migrantengemeinschaften in Großbritannien und die Kriminalitätsrate in diesen Gemeinschaften zu sprechen, oder schürt man damit Rassenhass?“ Das Risiko, diese Grenze zu überschreiten und eine Straftat zu begehen, erzeugt eine abschreckende Wirkung, die Menschen davon abhält, sich zu äußern.“
Jemimah Steinfeld, Geschäftsführerin der Interessengruppe „Index on Censorship“, erklärte gegenüber der Daily Mail: „In unserer digitalisierten Welt, in der so viel von unserer Sprache aufgezeichnet wird und deren Auswirkungen noch immer nicht vollständig absehbar sind, sind wir der Willkür einzelner Polizeibehörden ausgeliefert. Wollen wir aber ein System, in dem jemand von einem Beamten für Äußerungen befragt werden kann, die ein anderer Beamter möglicherweise nicht als problematisch ansieht? Wenn wir eine pluralistische Meinungsfreiheit gewährleisten wollen, muss die Schwelle für strafbare Äußerungen sehr hoch bleiben, und das muss allgemein anerkannt sein.“
Die City of London Police wurde aufgrund ihrer extrem geringen Einwohnerzahl, die ihre Festnahmequote drastisch erhöht, nicht in die Hauptanalyse einbezogen.
Das Innenministerium erklärte, es werde sich nicht äußern, da die Festnahmen auf die Arbeit unabhängiger Polizeibehörden zurückzuführen seien.
Auf Nachfrage zur Rolle des Innenministeriums und der Regierung bei der Kontrolle der Vorschriften für die einzelnen Polizeibehörden verweigerte man weitere Kommentare.
Auf die Frage nach ihrer hohen Festnahmequote erklärte die Polizei von Cumbria: „Diese Delikte umfassen Nachrichten, die per Brief, elektronischer Kommunikation wie SMS und Beiträgen in sozialen Medien oder über Artikel jeglicher Art versendet werden. Jeder hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Wir werden Meldungen jedoch verhältnismäßig untersuchen und diejenigen strafrechtlich verfolgen, die gegen diese Gesetze verstoßen. Diese Straftaten können schwerwiegende Folgen für die Opfer haben. Wir möchten daher alle Mitglieder unserer Gemeinschaften ermutigen, uns Vorfälle zu melden. Wir werden sie untersuchen.“
Ende der Übersetzung
10.000 Verhaftungen jährlich wegen Posts in sozialen Medien in Großbritannien
