12. Juli 2025

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SPD fordert Aberkennung des Arzneimittelstatus für homöopathische Produkte

 

Die SPD führt die Diskussion um Homöopathie des früheren Gesundheitsministers Karl Lauterbach weiter und bringt die Debatte nun in den Bundestag. Dabei widerspricht die Partei der im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Vereinbarung, die Forschung im Bereich der Naturheilkunde zu unterstützen.

Der ehemalige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach stieß eine Debatte gegen Homöopathie an. Er plädierte für eine Aberkennung des Arzneimittelstatus, ein Verbot der Werbung als Arzneimittel sowie die Einführung des Warnhinweises: „Dieses Produkt basiert nicht auf medizinischen Erkenntnissen.“

Debatte in den Bundestag delegiert

Nun ist der SPD-Politiker als Gesundheitsminister Geschichte, seine Partei verfolgt die Pläne weiterhin. Beim vom Hamburger Landesverband der SPD eingebrachten Antrag G28 (S. 184) sind Lauterbachs Forderungen wiederzufinden. Allerdings erfolgte beim kürzlichen Parteitag der Sozialdemokraten keine Abstimmung. Die SPD-Delegierten nahmen den Antrag weder an, noch lehnten sie ihn ab.
Auf Empfehlung der Antragskommission schoben die Genossen das Thema nun ihrer Bundestagsfraktion zu, die sich nun für die in der Vorlage formulierten Ziele einsetzen soll. Somit hat sich der Parteitag nicht endgültig positioniert, sondern die Entscheidung delegiert.
Damit ist der Weg frei für eine parlamentarische Debatte, in der sich die Fraktionen – auch intern – uneinheitlich positionieren. Bereits unter der Ampelregierung gab es keinen schwarz-rot-grünen Schulterschluss. Während die SPD sich für eine Reglementierung und Neubewertung aussprach, war die CDU dagegen. Die Union sah die Homöopathie weiterhin als Teil der freiwilligen Zusatzleistungen gesetzlicher Krankenkassen an.

Differenzierte Meinungen bei den Grünen

Die Grünen offenbarten hingegen ein breiteres Meinungsspektrum. So ist Manfred Lucha zwar kein Bundestagsabgeordneter, doch als baden-württembergischer Gesundheitsminister ein Mann mit Einfluss. Wie Epoch Times berichtete, kritisierte er im vergangenen Jahr Lauterbachs Vorstoß. Er sprach von „Nebelkerzen zulasten der Homöopathie“. Es handle sich um eine „scheinheilige Evidenz versus Kosten Debatte“. Die Homöopathie genieße bei vielen Menschen Vertrauen, weil sie offenbar gute Erfahrungen damit machten. „Hingegen sind die Kosten der Kassen für diese Leistungen marginal, höchstens zehn Millionen Euro würden dadurch eingespart.“ Die Finanzierungslücke beim Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) betrage dagegen für das laufende Jahr 3,2 Milliarden Euro.
Luchas Parteifreund Armin Grau hat ein differenziertes Verhältnis zur Homöopathie. Der Arzt und Bundestagsabgeordnete argumentiert zwar, dass es für die Wirkung der Homöopathie keinen Nachweis gebe. „Weitaus wirksamer wäre es, Fehlanreize abzubauen, die zu unnötigen Behandlungen und Eingriffen führen, bei denen Patienten potenziell Schaden zugefügt werden kann und bei denen wir es mit hohen Kosten zu tun haben“, zitierte ihn Anfang April 2024 die „taz“. Daher, so Grau weiter, „sollte man sich überlegen, ob man wirklich bei der Homöopathie anfangen will“.

AfD: Homöopathie ist nach 200 Jahren ein Gewohnheitsrecht

Die AfD sieht Homöopathie als legitime Behandlungsform und spricht sich für freie Therapiewahl aus. So wies der Bundestagsabgeordnete Gereon Bollmann darauf hin, dass die Homöopathie schon gut 200 Jahre alt sei. Daher könne man durchaus von einem Gewohnheitsrecht sprechen, so der Jurist. „Sie sagen jetzt immer: Also, die Homöopathie ist den Wirksamkeitsbeweis schuldig geblieben und daher kann man auf sie verzichten. Müsste es nicht eher umgekehrt sein? (…) muss man nicht im Gegenteil beweisen, dass sie unwirksam ist, wenn man sie abschaffen will?“.
Auch Bollmanns Parteikollegin Dr. Christina Baum, die auch Mitglied im Gesundheitsausschuss ist, bezog eine klare Position: „Die Homöopathie hilft unzähligen Menschen dabei, ihre Leiden zu bekämpfen. […] Wir wollen daher die Homöopathie, für die sich die deutliche Mehrheit der Deutschen offen zeigt, auch als Kassenleistung erhalten.“ Auf Arzneimittel aus diesem Bereich entfalle nur „ein Bruchteil der Medikamentenkosten“, so die Zahnärztin weiter. Wirtschaftlich sei eine Streichung der Leistungen daher nicht zu begründen.
Den stärksten Partner findet die SPD bei der Linken-Fraktion. Diese erkennt den wissenschaftlichen Konsens an, dass Homöopathie nicht über den Placeboeffekt hinaus wirkt. Die Linken fordern unter anderem eine Verpflichtung zur Aufklärung von Patienten und Kunden beim Kauf über die fehlende Wirksamkeit. Diese Regelung solle durch regelmäßige, stichprobenartige Überprüfungen durch eine unabhängige Behörde kontrolliert werden. Bei Verstoß soll eine Geldstrafe verhängt werden, regten die Linken bereits 2021 an. Im vergangenen Jahr bekräftigten sie ihre Kritik an der Homöopathie.
Die FDP-Fraktion hatte sich zwar während der Diskussion zu den Lauterbach-Plänen auch für eine Streichung von Kassenleistungen für die alternative Behandlungsmethode ausgesprochen. Die Haltung spielt in der aktuellen Diskussion allerdings keine Rolle mehr, nachdem die Liberalen aufgrund des Scheiterns an der Fünf-Prozent-Hürde nicht mehr im Bundestag vertreten sind.

Verband warnt vor Eingriff in die Therapie- und Berufsfreiheit

Der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) kritisiert den SPD-Antrag als „wissenschaftspolitischen Anachronismus“ und verweist auf Studien, die seiner Ansicht nach die Wirksamkeit belegen. In einem offenen Brief an die SPD fordert der Verband eine wissenschaftlich fundierte Auseinandersetzung und warnt vor einem Eingriff in die Therapie- und Berufsfreiheit. Zudem weist er auf den Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD hin, in dem es explizit heißt: „Wir unterstützen Forschung und Versorgung zur Naturheilkunde und Integrativer Medizin zur Präventionsförderung.“
Der DZVhÄ-Vorstand reagiert zudem irritiert auf die Behauptung, dass es keine medizinischen oder wissenschaftlichen Belege für eine Wirksamkeit der Homöopathie gebe und liefert Belege, die das Gegenteil unter Beweis stellten. So sei auf der Grundlage positiver Studienergebnisse 2021 die zusätzliche homöopa­thische Behandlung als Behandlungsoption in die ärztliche S3-Leitlinie „Komplementär­medizin in der Behandlung von onkologischen Patienten“ aufgenommen worden.
Des Weiteren führt der Verband an, dass eine „methodisch hochwertige“ zusammenfassende Auswertung aller sechs vorliegenden Metaanalysen placebokontrollierter Studien bei jeglicher Indikation zu einem positiven Ergebnis komme. So weise die homöopathische Behandlung „statistisch signifikant bessere Ergeb­nisse auf als eine Placebobehandlung, auch in Studien mit hoher methodischer Qualität“. Die Arbeit erschien 2023 in der renommierten Fachzeitschrift „Systematic Reviews“. Im Peer-Review-Verfahren hätten unabhängige Gutachter die methodi­sche Qualität hervorgehoben.

SPD-Antrag im Widerspruch zur WHO-Strategie

Der Fachverband für Komplex-Homöopathie (Fakom) sieht in dem Antrag einen Widerspruch zur Strategie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Traditionelle Medizin. Die WHO hatte bei ihrer 78. Weltgesundheitsversammlung im Mai 2025 beschlossen, bis zunächst 2035 evidenzinformierte komplementäre Verfahren zu fördern.
Fakom warnt zudem vor einer Einschränkung der individuellen Behandlungswahl und einem möglichen Rückzug von Patienten aus dem medizinischen System.
Von einem „Bevormundungsversuch“ und einer Attacke der SPD auf die Homöopathie spricht der Bundesverband „Patienten für Homöopathie“ und verweist auf einen Vorstoß der Initiative „weil’s hilft“.
Diese erinnert daran, dass sich im vergangenen Jahr rund 200.000 Menschen in einer Bundestagspetition für den Erhalt der Homöopathie als Kassenleistung ausgesprochen hatten. Diese Stimmen würden nun ignoriert. Stattdessen werde über die Köpfe der Betroffenen hinweg entschieden. Auch habe eine Auseinandersetzung mit der aktuellen Studienlage offensichtlich nicht stattgefunden. „Das ist nicht evidenzbasiert, das ist bevormundend“, kritisiert „weil’s hilft“. Die Initiative wirft der SPD eine ideologisch motivierte Entscheidung vor. So stehe der Antrag für einen Rückfall in ein Medizinverständnis, das nicht mehr fragt: „Was hilft dem Menschen?“, sondern: „Was passt in mein Weltbild?“
Angesichts der nun anstehenden parlamentarischen Debatte um den SPD-Antrag hat „weil’s hilft“ eine Initiative auf den Weg gebracht und fordert Anhänger der Homöopathie auf, ihren Protest mit einem Schreiben an den jeweils zuständigen Landesverband der Sozialdemokraten zum Ausdruck zu bringen.
https://www.epochtimes.de/politik/deutschland/spd-fordert-aberkennung-des-arzneimittelstatus-fuer-homoeopathische-produkte-a5180153.html?utm_source=koppreport&utm_medium=web&utm_campaign=nowall